Es ist eine düstere Version, der "Homefront" folgt. Korea marschiert in die wirtschaftlich gebeutelten USA ein und zwingt brave Bürger in den Untergrund. Wir haben das Epos getestet.
Ausgedacht hat sich dieses Szenario Hollywood-Drehbuchautor John Milius ("Apocalypse Now", "Die rote Flut"), der auch dafür sorgen sollte, dass der THQ-Shooter nicht zur plumpen Heldenschießbude, sondern zum intensiv erzählten Fluchtdrama wird. Im Mittelpunkt der Geschichte: der ehemalige Pilot Robert Jacobs, der nach langem und verstörendem Introvideo in seiner Bruchbude von koreanischen Soldaten festgenommen und abtransportiert wird. Doch im Gegensatz zu vielen anderen hat Jacobs Glück und wird vom Widerstand befreit. Fortan kämpft er sich gemeinsam mit seinen computergesteuerten Kameraden durch insgesamt sieben Kapitel.
Was er dabei erlebt, ist keinesfalls für Minderjährige geeignet. "Homefront" zeigt ungeschönt und ungeschnitten, zu welchen drastischen Mitteln Invasoren greifen, um die Bevölkerung zu unterdrücken und den Widerstand zu brechen. Ganz klar: "Homefront" spielt mit den Ängsten der Menschen. Allerdings nicht allzu lange: Nach sechs bis sieben Stunden ist die Tour de Force durch verfallene Vorstädte, Sammellager und das Schlachtfeld San Francisco vorbei - und lässt sehr viele Fragen offen.
Genre-Veteranen merken schnell, dass sich Entwickler Kaos von den ersten "Call of Duty"-Spielen inspirieren ließ. Die abwechslungsreichen Schauplätze sind schlauchartig aufgebaut, der Gegnernachschub setzt erst beim Erreichen bestimmter Punkte aus und die vom Computer gesteuerten Kameraden sind immun gegen Feindbeschuss. Was gut so ist, rennen sie doch oft blindlings ins Sperrfeuer der Besatzer.
In einigen Level wird der Spieler von einem ferngesteuerten Vehikel namens Goliath unterstützt. Jacobs muss lediglich Ziele markieren, den Rest erledigt der Schützenpanzer. Gegen Ende darf man zudem einen Hubschrauber steuern, um einen Überfall auf koreanische Tanklaster zu starten.
Die Grafik mag auf dem PC detailreicher als auf den Konsolen sein, vermittelt aber auf allen Systemen hervorragend die bedrückende Atmosphäre. Leider verflacht das Geschehen nach dem aufwühlenden Einstieg zusehends. Jacobs bleibt während des ganzen Spiels stumm, seine Begleiter werden zu blassen Türöffnern degradiert. Hier verschenkt "Homefront" viel von seinem Potenzial. Aber auch die stellenweise unfreiwillig komische Synchronisation trägt zur Ernüchterung bei. Ein "Hell, yeah!" wird ebenso wörtlich mit "Hölle, ja!" übersetzt wie ein "Now drop them" ("Macht sie platt!") mit "Jetzt abwerfen!". Wer's versteht, sollte die Originaltonspur wählen.
Der Multiplayer-Modus von "Homefront" macht viele Ungereimtheiten und Patzer der Solokampagne wieder wett - zumal die Entwickler einen interessanten Ansatz folgen: Durch gesammelte Kampfpunkte lassen sich während einer Online-Schlacht eingangs festgelegte Extras und Waffen freischalten. Der Battle-Commander-Modus, in dem einer seinen Teammitgliedern bestimmte Ziele zuweisen kann, macht ebenfalls Spaß - allerdings nur dann, wenn befreundete Spieler mit von der Partie sind. Ansonsten hört niemand auf Befehle.
Fazit: Der ganz große Gegenentwurf zur "Call of Duty"-Reihe ist THQ nicht gelungen. Dennoch ist "Homefront" mehr als nur einen Blick wert - allein schon wegen des gelungenen Multiplayer-Modus. Kurios: Die Kritiken der internationalen Presse, die weniger euphorisch als erhofft ausfielen, ließen den Aktienkurs des Publishers zeitweise um über 20 Prozent einbrechen. Nichtsdestotrotz wird am Nachfolger bereits gearbeitet. Entwickler Kaos verspricht, die Kampagne um einige Stunden zu verlängern.