Steuer-Vorteile

30. Mai 2007, 16:07 Uhr | Markus Bereszewski

Steuer-Vorteile Eine aktive und strukturierte Steuerung der Beziehung mit dem IT-Dienstleister ist die Voraussetzung für das Gelingen von Auslagerungsprojekten. Wer sie beherrscht, kann gleich mehrfach profitieren.

Das Rennen im Wertschöpfungsmanagement geht in die nächste Runde. Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren erste Erfahrungen mit der Auslagerung von IT-Dienstleistungen an externe Provider gesammelt. Auf Grundlage der Erkenntnisse, die sie dabei gewonnen haben, werden die Modelle der Zusammenarbeit zwischen Kunde und Provider nun überdacht und der Zuschnitt der auszulagernden Leistungen neu definiert. Dabei erfolgt die Neuausrichtung auch im Hinblick auf die aktuelle Corporate Governance Diskussion. Compliance und die ihr zugehörige Governance werden durch Gesetze, Richtlinien und Standards vorgegeben. Das Ziel ist dabei immer eine größere Transparenz und Kontrolle in der Unternehmensführung. Auch wer IT-Leistungen auslagert, darf dabei keinen Zentimeter seiner Unternehmensführung und -kontrolle aufgeben. Im Gegenteil: Die Sourcing Governance dient der Steuerung der Zusammenarbeit zwischen auslagerndem Unternehmen und dem beauftragten IT-Provider in der Sourcing-Beziehung. Denn Corporate Governance Regeln, die für das gesamte Unternehmen gelten, sollten natürlich ebenso in der IT und schließlich auch in der Steuerung von Sourcing-Beziehungen angewandt werden. Sourcing Governance steht als das logisch letzte Glied in der Kette von New Corporate Governance und IT-Governance. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Auslagern dazu dient, operationelle Risiken zu optimieren. Was bedeutet in diesem Zusammenhang aber Transparenz der Steuerung? Transparenz und Beherrschbarkeit fundieren zum einen auf einer anforderungsgerechten Aufbau- und Ablauf­organisa­tion – den Gremien beziehungsweise Prozessen – und zum anderen auf definierten, objektivierbaren Leistungen und deren Qualitäten – den Verträgen.

Veränderte ­Anforderungen Wenn Leistungen an einen externen Provider vergeben werden, verändern sich die Anforderungen an die handelnden Personen und Strukturen sehr stark – fort von der operativen Ausführung hin zur Steuerung der Service-Erbringung. Da man Dritte außerhalb des eigenen Unternehmens jedoch nicht disziplinarisch über die unternehmenseigene Aufbauorganisation steuern kann, muss man Spielregeln und Gremien der Zusammenarbeit einrichten. Dabei liegt der primäre Fokus darauf, die bedarfsgerechte Leistungserbringung zu steuern. Dies entbindet eine IT jedoch nicht von ihrer internen Verantwortung den Fachbereichen gegenüber und davon, die interne Akzeptanz der Dienstleister zu sichern. Insbesondere bei der Auswahl der Dienstleister ist zu berücksichtigen, dass die Unternehmenskulturen zueinander passen. In einem Multiprovider-Umfeld hat Sourcing Governance die Harmonisierung beziehungsweise Angleichung in Richtung aller Dienstleister zu gestalten. Voraussetzung für eine durch Kennzahlen gestützte Steuerung eines IT-Dienstleisters – Kernelement einer IT-Governance – ist die objektive Vereinbarung der zu erbringenden Serviceleistungen und die Definition von Zielqualitäten für den Betrieb: in Form von Outsourcingverträgen und den damit verbundenen Service Level Agreements (SLAs). Jede Leistung, die zuvor innerhalb des Unternehmens erbracht wurde, die intern gelebte Praxis, ist zu formalisieren, in Verträgen festzuhalten und in Form eines Vertragsmanagements kontinuierlich anzupassen. Ein effizient und koordiniert aufgestelltes Anforderungsmanagement hilft, mögliche Kostenüberschreitungen und Leistungsverfehlungen zu verhindern und für jedes Leistungsbündel ein geeignetes Preismodell zu entwickeln. Die reine IT-Governance ist also sowohl um nach außen wirkende Elemente des Providermanagements als auch um formalisierte Elemente des Vertragsmanagements zu ergänzen. Analog einer IT-Governance wird eine Sourcing Governance in der Regel in drei Ebenen unterteilt.

Strategische Ebene Auf der strategischen Ebene ist die Ausformulierung einer Sourcing-Strategie ein wichtiges Kernelement des Wertschöpfungsmanagements und damit einer Sourcing Governance. Die Sourcing-Strategie muss dabei in die Gesamtunternehmens- und IT-Strategie eingebettet sein. Sind die Business-IT-Alignment-Diskussionen abgeschlossen, ist die Ausrichtung über die Priorisierung im IT-Projektportfolio zu operationalisieren.

Taktische Ebene Die taktische Ebene überbrückt das Spannungsfeld zwischen den internen Diskussionen um notwendige Services, deren Kosten sowie Ausgestaltung und der objektivierbaren Darstellung dieser Ergebnisse für die externe Verwendung. Unabdingbar sind dabei ein Benchmarking zur Prüfung der Marktkonformität und ein Compliance Alignment Audit zur Regelausrichtung an Gesetzesvorgaben. Dies bedeutet, in der Praxis kontinuierlich die gesetzlichen, regulatorischen und sicherheitsrelevanten Anforderungen zu prüfen. Durch überlappende Wirkbereiche zwischen der strategischen, taktischen und operativen Ebene kann ein Unternehmen es verhindern, von einem Dienstleister ausgespielt zu werden. (vgl. Grafik 1: Wirkbereiche ­einer Sourcing Governance). Dabei kommt es insbesondere darauf an, wie die Dienstleister gesteuert werden. In der Vergangenheit wurde in Ermangelung geeigneter Governance-Strukturen und wegen eines eindimensionalen Verständnisses der Zusammenarbeit allzu oft primär sanktionsorientiert gesteuert, während heute der erfolgsversprechendere, kooperative Ansatz überwiegt. Die Maxime »Kooperation statt Konfrontation« wird als Provider-Management-Stil immer beliebter und führt immer häufiger zu erfolgreichen IT-Outsourcing-Beziehungen, in denen beide Partner aktiv die Kongruenz ihrer Interessenslagen abstimmen.

Operative Ebene Auf der operativen Ebene ist der Support der IT-Kunden sicherzustellen. Idealtypisch wird auf operativer Ebene ein Krisen- und Problemmanagement sowie ein Anforderungsmanagement in Form von Fachbereichsbetreuungen geleistet. Auf dieser Ebene sorgt das Prozessmanagement für eine kontinuierliche Verbesserung der Ablauforganisation, die Sicherstellung der Leistungsüberwachung und für die IT-Security. In Ausschreibungs- beziehungsweise Transitionsprojekten muss die Rollenverteilung auf Kunden- und Dienstleisterseite in Form von Gremien festgelegt werden. Dies hat im Zusammenhang mit dem Umfang der internen Retained Organization zu erfolgen. Den Gremien sind hierbei klare Aufgaben und Ziele zuzuordnen, deren Erreichung durch entsprechende Steuerungswerkzeuge nachgehalten wird. (Vgl. Grafik 2: Steuerungsmechanismen in einer Sourcing Beziehung.) Die Determinanten einer Sourcing-Strategie wirken sich unmittelbar auf die Gestaltungsmöglichkeiten einer Sourcing Governance aus. So bestimmt die Wahl einer Multi-, Dual- oder Single-Provider-Strategie unmittelbar die Skalierung der Sourcing Governance – die Shoring-Konzepte unmittelbar ihre Ausgestaltung. Aus einer aktiv gelebten Outsourcing Governance resultieren für Unternehmen gleich drei zentrale Vorteile: die Geschäftsanforderungen können auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern schneller und besser bedient werden, die stetige Kontrolle von Prozessen und Compliance-Richtlinien führt zu mehr Qualität und damit zur Risikominimierung und schließlich erfolgt die operative Zusammenarbeit gesteuert und nicht eskalationsgetrieben.

Branimir Brodnik (Geschäftsführer) und Roland Hölscher (Partner), ­microfin Unternehmensberatung, ­Frankfurt am Main


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