Storage-Geschäft im Mittelstand klappt nur mit Know-how. Im Unterschied zum Großkundensegment kann der Fachhandel im Mittelstand auch mit Storage-Paketlösungen erfolgreich agieren, vorausgesetzt, er kann dem Kunden den betriebswirtschaftlichen Nutzen der Lösung und nicht nur die technischen Finessen plausibel machen. Auf diese Einschätzung einigten sich Hersteller und Channel-Vertreter beim »Storage Solutions«-Roundtable Anfang Februar.
»Dilettantismus ist weit verbreitet, wenn es darum geht, mittelständische Kunden in Deutschland in Storage-Fragen kompetent zu beraten«, provoziert Torsten Poels. Als Geschäftsführer des Schulungsunternehmens Fast Lane GmbH aus Berlin wird Poels tagtäglich mit den Bedürfnissen von Endkunden aber auch von Fachhändlern konfrontiert, wenn es um Storage-Know-how geht. Denn Fast Lane hat es sich zum Ziel gesetzt, in Zusammenarbeit mit den verschiedensten Herstellern, Storage-Wissen in den Markt zu tragen. »Besonders gefragt sind unsere Grundkurse zu Storage und E-Mail«, sagt Poels, »aber 50 Prozent der Teilnehmer haben gar kein Storage-Problem, sondern kommen zu uns, weil ihre E-Mail-Installation zusammengebrochen ist.«
Hilfe zu leisten, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, muss selbstverständlich auch sein. Der Fachhandel sollte aber in erster Linie vorsorgend tätig werden und Kunden nicht nur über die Risiken unabgesicherter E-Mail-Installationen aufklären. »Das Problem dieser Kunden sind nicht etwaige rechtliche Anforderungen an die E-Mail-Archivierung, sondern die stehen schlicht und ergreifend vor der Tatsache, dass ihre E-Mails weg sind«, unterstreicht Poels.
Ansatzpunkt für das Kundengespräch beim Verkauf von Datensicherungslösungen müssen daher beispielsweise die tatsächlichen Auswirkungen von Datenverlust auf das Tagesgeschäft der Unternehmen sein. »Wenn der Vertrieb einer Firma keine Bestellungen per E-Mail mehr erhält oder auch keine Rechnungen mehr versandt werden können, dann steht der gesamte Geschäftsprozess still, und das bedeutet unmittelbare Umsatzeinbußen«, erklärt Christian Prella vom Datenrettungsspezialisten Kroll Ontrack.
Zunehmend stellen Storage-Anbieter fest, dass der Verkauf von Speicherlösungen rund um das Thema E-Mail in Deutschland nicht allein mit dem Verweis auf die gesetzlichen Anforderungen an die Datenhaltung funktioniert: »E-Mail-Archivierung ließ sich schon 2005 nur als Teil einer Lösung verkaufen, beispielsweise im Rahmen einer Exchange-Migration«, weiß Hermann Wedlich, Senior Manager Solution Marketing EMEA bei Symantec. In anderen Ländern wie den USA etwa sind Endanwender schon wesentlich besser vertraut mit den verschiedenen Regelwerken, die es zu berücksichtigen gilt. »In den USA hat es ein Unternehmen aber auch viel leichter«, erklärt Robert Thurnhofer, Marketing Program Manager Storage bei Computer Associates. »Denn allein mit der Sarbannes Oxley Compliance kann ein US-Unternehmen schon den größten Teil aller Anforderungen abdecken. In Deutschland dagegen gibt es zu viele verschiedene Regelwerke für unterschiedliche Bereiche, das überfordert viele Anwender.« Daraus resultiert hierzulande eine weit verbreitete Abwarten-Haltung auf Seiten der Unternehmen. »Die Problematik ist größtenteils zwar bekannt, aber statt aktiv zu werden, riskieren viele Unternehmen gerade im Mittelstand lieber mögliche Strafen«, betont Andreas Mayer, Product Manager beim Storage-Distributor Orchestra. »Das machen die Großen aber ganz genauso«, pflichtet Thurnhofer bei.
Grundsätzlich unterscheiden sich die Anforderungen kleiner und mittelständischer Unternehmen in der Praxis jedoch nur wenig von denen der großen. »Die Herausforderung für Hersteller und Fachhandel im Mittelstand liegt aber darin, dem richtigen Ansprechpartner ? und das ist in der Regel der Geschäftsführer ? die Problematik in wenigen, treffenden Worten zu erklären«, ist Aindrias Wall, Geschäftsführer von Atempo, überzeugt. Das Gros der Vertriebsmitarbeiter, mit denen Hersteller aber auch die Mehrzahl der Systemhäuser im Markt aktiv unterwegs sind, argumentieren beim Kunden überwiegend technisch und sprechen dabei in den meisten Fällen mit IT-Leitern. »Die ganze Branche hat es in den letzten Jahren versäumt, Vertriebsspezialisten auszubilden, die nicht nur technisches Know-how beherrschen, sondern auch betriebswirtschaftliches Verständnis für die Zusammenhänge in den Unternehmen mitbringen«, ergänzt Symantec-Manager Wedlich. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise für den gezielten Lösungsverkauf ist daher wieder gefragt. »Dazu können auch die Hersteller beitragen, in dem sie nicht nur technische Zertifizierungen vom Fachhandel erwarten«, fordert Fast Lane-Geschäftsführer Torsten Poels.
Ein viel beschworener Weg, den Mittelstand für IT-Projekte zu gewinnen, sind Paket-Lösungen für die unterschiedlichsten Anwendungsszenarien. »Pakete sind als Einstiegslösung gut geeignet bei mittelständischen Kunden«, versichert Orchestra-Manager Mayer, »allerdings entwickeln sich auch diese Kunden rasch weiter und dann reichen die Pakete nicht mehr, dann sind individuelle Lösungen gefragt.« In der Standardisierung der Pakete sieht auch CA-Manager Thurnhofer das Hauptproblem: »Die vorgefertigten Lösungen reduzieren zwar die Komplexität bei der Integration, aber dabei verliert man auch ein gehöriges Maß an Flexibilität.« Das muss bei der Beratung mittelständischer Kunden berücksichtigt werden und erhöht somit wieder den Aufwand. »Das Budget der KMUs ist aber in der Regel sehr begrenzt und lässt eigentlich nur eine standardisierte Beratung zu ? erforderlich wäre aber eine individuell zugeschnittene«, gibt Dirk Schiller, Solution Leader Consulting Services von Computacenter, zu bedenken. »Der Mittelstand verlangt Herstellern wie auch Handel demnach aufwändige Beratung mit langen Sales-Zyklen bei niedrigen Margen ab«, resümiert Symantec-Manager Wedlich. »Das macht KMUs nicht gerade zu bevorzugten Kunden«, kommentiert Thurnhofer.
Nicht uneingeschränkt zustimmen will Dr. Wolfgang von Königslöw, Director Consulting beim VAD TIM: »Obwohl uns mittelständische Unternehmen in der Regel einen höheren Beratungsaufwand abverlangen, sind die Projekte häufig einfacher abzuwickeln. Denn wir müssen bei diesen Kunden nicht bis in die Tiefe gehen ? die sind sehr lösungsorientiert und wollen rasche Ergebnisse.« Außerdem sind nach Erfahrung von Ontrack-Mitarbeiter Prella die Entscheidungswege in kleinen und mittelständischen Unternehmen meist viel kürzer, wodurch sich die Prozesse im Vergleich zu Großkunden beschleunigen. »Bei Großprojekten sehen wir uns auch fast immer mit einer knallharten Preisdiskussion konfrontiert, da wird endlos gefeilscht«, beklagt Andreas Mayer vom EMC-Legato-Distributor Orchestra.
Aus dem Dilemma können Fachhandel und Hersteller aber nur gemeinsam entkommen: »Reseller sollten sich auf ihre Kernkompetenzen und Ziele konzentrieren und diese konsequent und engagiert verfolgen ? dazu müssen sie aber auch mal etwas investieren«, fordert Ute Kühn, Marketingleiterin beim VAD Adiva. Nur die gemeinsame Abkehr von reinen »Feature«-Verkauf verspricht langfristig Erfolg, ist nicht nur Computacenter-Consultant Schiller überzeugt.
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Box-Moving ist schon lange out ? erst recht in beratungsintensiven Bereichen wie dem Storage-Verkauf. Aber auch mit technischen Features, dem neuesten, schnellsten oder größten Speicher allein ist es auch nicht mehr getan. Kunden ? und allen voran der wenig experimentierfreudige Mittelstand ? brauchen einfache, kostengünstige Lösungen für die individuellen Anforderungen ihres jeweiligen Geschäfts.
Da sind die Hersteller genauso gefordert wie der Fachhandel, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Das ist häufig mit Mühe, vor allem aber mit einer gezielten Vorbereitung, sprich dem Aufbau des passenden Know-hows, verbunden. Ein Investment, das sich nicht vermeiden lässt, aber auch Erfolg verspricht.
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Adiva www.adiva.de
Atempo www.atempo.com
CA www.ca.com/de
Computacenter www.computacenter.de
Fast Lane www.flane.de
Kroll Ontrack www.ontrack.de
Orchestra www.orchestra.de
Symantec www.symantec.de
TIM www.tim.de