Storage: Speichernetzwerke für den Mittelstand. Während Großunternehmen in der Vergangenheit auch mal in SAN-Technologie investiert haben, weil es »chic« war, wägen KMUs ihre Investitionen rein nach Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten ab. Vor allem der Preisverfall bei Fibre-Channel-Komponenten eröffnet Herstellern wie Fachhandel jetzt neue Chancen im SAN-Geschäft.
Die Preise für SAN-Equipment sind kontinuierlich auf Talfahrt. Eine komplette Einstiegslösung aus SATA-RAID-System, Fibre-Channel-Switch, Host-Bus-Adaptern und Tape-Backup ist bereits für deutlich weniger als 30.000 Euro zu haben ? Teillösungen gibt sogar schon für rund 10.000 Euro. Speichernetzwerke werden damit für Kunden erschwinglich, die bisher meist aus rein wirtschaftlichen Gründen auf die Vorteile dieser Architektur verzichtet haben. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen vertrauen noch auf traditionelle, so genannte Direct-Attached-Storage-Lösungen (DAS). Guido Klenner, Business Manager Online Storage von Hewlett-Packard, hat neben der Kostenhürde aber noch einen Grund ausgemacht, der den Durchbruch von Speichernetzen im KMU-Markt bisher verhindert hat: »Vielen fehlt es am Wissen über die Technologien, sie kennen nicht einmal den Unterschied zwischen SAN und NAS.« HP setzt aus diesem Grund auf Aufklärung. Gemeinsam mit anderen Herstellern wie Microsoft und Brocade will der Konzern seine Channel-Partner in die Lage versetzen, SAN-Technologie auch an KMU-Kunden verkaufen zu können. »Wir schnüren beispielsweise Bundles, die veraltete Windows NT-Infrastrukturen kostengünstig durch moderne Server-SAN-Installationen ersetzen«, ergänzt Klenner.
Software-Anbieter Veritas betreibt über Schulungen Nachhilfe in Sachen Storage Networking. »Großkunden sind häufig durch den direkten Kontakt zu uns Herstellern früher und detaillierter über Technologien wie SAN oder NAS informiert als KMUs«, betont Frank Bunn, Senior Product Marketing Manager von Veritas. »Die kleineren und mittleren Unternehmen müssen wir verstärkt auch über unsere Channel-Partner aufklären. Value-Added-Distributor Adiva hat mit EMC ein Partner- und Rekrutierungsprogramm »Storage für den Mittelstand« aufgelegt. »Try & Buy«-Angebote sowie Schulungen speziell für die neuen, preiswerten Piranha-Speichersysteme sollen den Vertriebspartnern helfen, erfolgreich Geschäfte mit KMUs zu tätigen.
Glaubt man Marktforschern wie IDC, dann ist das Potenzial für Speichernetzwerke im Mittelstand riesig. Den jüngsten Analysen zufolge setzt erst ein Viertel der KMUs SANs ein. Die großen Storage-Hersteller beurteilen die Lage etwas konservativer. IBMs Netzwerk-Storage-Experte Richard Herrmann sieht ebenfalls enormen Nachholbedarf, ist aber nicht überzeugt, dass in allen Fällen ein Fibre-Channel-SAN auch die geeignete Lösung sein wird. »Viele der SMBs könnten auch mit einem Speichernetzwerk auf IP-Basis gut bedient sein«, glaubt Herrmann.
Uneinig und unverbindlich zeigen sich die Hersteller bei der Beurteilung der Frage, in welchen Fällen SAN-Technologie überhaupt die richtige Lösung für kleine und mittlere Unternehmen sei. »Ob ein SAN sinnvoll ist, hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell des Kunden ab, und nicht von seiner Mitarbeiterzahl oder dem Umsatz«, sagt Michael Gießelbach, Director Marketing & Channel Operation bei Storage Technology. Seiner Erfahrung nach zeichne sich jedoch ein klarer Trend ab: »KMUs wollen eine mit Enterprise-Lösungen vergleichbare Funktionalität ? aber wesentlich kostengünstiger und einfacher zu verwalten.«
Umfragen der CRN-Schwesterpublikation Informationweek zeigen indes eines ganz deutlich: Storage zählt nicht nur in Großunternehmen zu den strategischen Investitionsfeldern. Im Rahmen der IT-Budget-Studie wurden knapp 500 deutsche Geschäftsführer und IT-Manager in Unternehmen unterschiedlichster Größe befragt. Neben Security und Server-Konsolidierung steht Storage ganz oben auf der Prioritätenliste für die nächsten Jahre. Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen wollen auch 2004 weiter massiv in ihre Speicherinfrastruktur investieren ? 25 Prozent sogar mehr als im Vorjahr.
Während Backup- beziehungsweise Datensicherungslösungen bereits weit verbreitet sind, werden den Ergebnissen der IT-Budget-Studie zufolge vor allem CRM- und Dokumentenmanagement-Projekte bevorzugte Investitionsfelder der nächsten Jahre sein. Die größte Herausforderung, der sich viele Unternehmen stellen müssen, ist jedoch der Wandel der IT-Abteilung von der Kostenstelle zum Profitcenter. Bei knapp 70 Prozent der Befragten tritt IT im Unternehmen als Belastung für das Budget auf. Die Ursache dafür liegt häufig in der Organisation. Es fehlt an den Möglichkeiten, die Nutzung von IT-Infrastruktur intern abzurechnen. In puncto Storage bieten erst zentralisierte Architekturen mit Vernetzung und einheitlicher Verwaltung die Chance, etwa den Verbrauch von Speicherkapazität durch verschiedene Anwender oder Abteilungen im Unternehmen zu verrechnen. Dabei spielt aber auch die Standardisierung für ein reibungsloses Miteinander aller Komponenten von der Hardware über Treiber bis zu den Applikationen eine entscheidende Rolle. »Unsere Bemühungen, mit SMI-S standardisierte Tools für die einfache, zentrale und vor allem auch plattformübergreifende Verwaltung von Speichernetzen voranzutreiben, wird vor allem auch kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu Storage Networking erleichtern«, ist Malte Rademacher, Vorsitzender des Deutschen Komitees der Storage Networking Industry Association Europe (SNIA-E), überzeugt.
Entscheidend für den Erfolg im Mittelstand wird für die Hersteller aber sein, die Bedürfnisse dieser Kundenklientel genau zu kennen und adäquat zu bedienen. Während ausgefeilte Desaster Recovery-Konzepte etwa mit Remote Mirroring in ein zweites, weit entferntes Rechenzentrum auch in Zukunft eher ein Thema für größere Unternehmen bleiben wird, spielt die permanente Verfügbarkeit von Applikationen generell eine immer größere Rolle. »Wenn das SAP nicht läuft, ist das für jedes Unternehmen ein echtes Problem«, betont Manfred Bachmann, Technical Marketing Manager Europe bei Network Appliance.
Rechtliche Rahmenbedingungen, wie etwa Aufbewahrungsfristen für verschiedenste elektronische Daten, vor allem für steuerrelevante wie Abrechnungen oder Lieferscheine, treiben die Anforderungen an die bereitzuhaltenden Speicherkapazitäten in Unternehmen aller Größenordnungen voran. »Buchhaltungsdaten und Bilanzen beispielsweise müssen mindestens zehn Jahre vorgehalten werden. Aber auch E-Mails werden etwa in Schadensersatzprozessen immer häufiger als Beweismittel herangezogen und unterliegen daher den Sicherungspflichten«, gibt Professor Dr. jur. D.M. Barton zu bedenken. Der auf Wirtschafts- und Medienrecht spezialisierte Jurist der Universität Paderborn beschäftigt sich unter anderen eingehend mit den Folgen der Rechtsprechung für die Storage-Infrastruktur in Unternehmen. »Storage hat sich von einem rein technischen Thema zu einer strategischen Notwendigkeit entwickelt«, betont Barton.
Wie viel Storage braucht ein typisches mittelständisches Unternehmen denn heute? Eine von vielen Herstellern geteilte Ansicht lautet: »Zwei TByte Speicherkapazität sind für KMUs im Durchschnitt ausreichend.« Diese pauschale Aussage gilt sicher nicht für alle Branchen gleichermaßen. Sie trifft aber doch den Kern des Problems, vor dem in erster Linie die großen Hersteller stehen, wenn sie ihre Verkaufsstrategien aus dem Enterprise-Geschäft auf den Mittelstand ausweiten wollen. Virtualisierung als Mittel zur Konsolidierung heterogener Speichersysteme oder gar unternehmensweite Information-Lifecycle-Management-Konzepte sind für KMUs derzeit noch keine drängenden Themen. »Zwei TByte Bruttokapazität auf Storage von verschiedenen Herstellern zu verteilen, ist wenig sinnvoll«, gesteht Peter Gottwalds, Pre-Sales-Manager von Hewlett-Packard.
Die Größe und Komplexität von Infrastrukturen, die den Anforderungen von gewachsen KMUs entsprechen, bleiben überschaubar. Vereinfachtes zentrales Management verbunden mit deutlichen Kosteneinsparungen sind für dieses Kundensegment aber in der Regel ausschlaggebend, wenn es darum geht, eine neue Infrastruktur einzuführen, wie auch das folgende Beispiel zeigt: Im Zuge der in der BMW-Zentrale beschlossenen Umstellung der Händler auf ein ERP-System von Navision (Microsoft), waren Vertragshändler wie das Autohaus Fett & Wirtz in Moers zum Wechsel auf eine Windows-Server-Infrastruktur gezwungen. Als bundesweiter Roll-out-Partner empfahl Systemintegrator T-Systems den BMW-Fachhändlern Windows 2000 Server einzuführen. Udo Fritzsche, IT-Leiter bei Fett & Wirtz, vertraute jedoch auf den Rat seines langjährigen Beraters Peter Schütt, Geschäftsführer der Firma LS Consulting in Grevenbroich, und beschloss, gleich auf Windows Server 2003 zu setzen und die Installation um ein Speichernetzwerk zu ergänzen. »Für den Aufbau eines Archivierungssystems parallel zur ERP-Umstellung war eine ergänzende SAN-Lösung für uns der richtige Weg«, erklärt Fritzsche. Das Autohaus nutzt nun eine von Maxdata konfigurierte Server- und Storage-Architektur aus acht Intel-Platinum-Systemen, von denen vier über ein Fibre-Channel-Netzwerk mit einem Midrange-Speichersystem Modell »Thunder« von Hitachi Data Systems verbunden sind. »Insgesamt rechnen wir durch die Konsolidierung der IT-Landschaft alleine bei den Hardware- und Betriebssystemkosten mit Einsparungen von 30 bis 40 Prozent«, gibt sich Fritzsche zuversichtlich.
Eine Universallösung für den Mittelstand gibt es nicht. Auch die Palette der eingesetzten Technologien ? ob Fibre Channel oder iSCSI ? reduziert sich nicht auf einen Favoriten. Fachhändler und Hersteller sind gefordert, Produkte und Technologien so zu kombinieren, dass sich eine einfach zu bedienende und erschwingliche Lösung ergibt, die aber von den Funktionen und technischen Möglichkeiten durchaus mit Enterprise-Systemen vergleichbar ist.
Block-Daten-Transfer über Standard-IP-Netze, wie ihn iSCSI möglich macht, gilt vielfach als Schlüssel für den Durchbruch von Storage Networking in kleinen und mittleren Unternehmen. Zahlreiche Analysten und Hersteller sind überzeugt, dass iSCSI dem etablierten Fibre Channel (FC) im KMU-Segment den Rang ablaufen wird. »Bei dieser Kundenklientel ist mehr Know-how für IP und SCSI-Technologie vorhanden, daher sind sie auch eher geneigt auf iSCSI zu vertrauen«, glaubt Henrik Hansen, Marketing Director EMEA von Overland Storage. Mit der Backup-Appliance REO4000 will der Hersteller die Brücke zwischen beiden Welten schlagen, das System unterstützt sowohl FC wie auch iSCSI. Storage-Distributor Esesix offeriert gemeinsam mit dem iSCSI-Switch-Hersteller Sanrad Komplettlösungen, die ebenfalls mit High-End-Funktionen, wie sie von FC-Architekturen bekannt sind, aufwarten. Im Netto-EVK von 42.000 Euro sind beispielsweise vier TByte synchron gespiegelte Speicherkapazität kombiniert mit einem Switch und der erforderlichen Connectivity sowie Installation, Schulung und ein Jahr Vorabaustausch enthalten.
Auf Seiten der FC-Befürworter rücken ebenfalls preisliche Argumente in den Vordergrund: »iSCSI hat immer mit einem Preisvorteil geworben. Der bezieht sich aber im Wesentlichen auf die erforderliche Verkabelung«, erklärt Wolfgang Bauer, Sales Engineer von Transtec. Der Tübinger Hersteller bietet FC-Lösungen bereits für wenig mehr als 20.000 Euro reine Hardware-Kosten an. Während McData mit der Akquisition von Nishan strategisch in IP-Storage investiert hat, ist sich Ian Whiting, Vice President EMEA vom Wettbewerber Brocade, sogar sicher, dass iSCSI vorläufig ein Nischenmarkt bleiben wird. Der FC-Switch-Hersteller bietet zwar auch Unterstützung für iSCSI an und hat seine Produktlinie gerade erst um einen so genannten Multiprotokoll-Router erweitert, der auch die Anbindung über IP erlaubt, »iSCSI macht aber deutlich weniger als zehn Prozent von unserem Geschäft aus«, verrät Whiting.
Adiva www.adiva.de
Advanced Unibyte www.advanced-unibyte.de
Brocade www.brocade.com
EMC www.emc2.de
Esesix www.esesix.de
Hewlett-Packard www.hewlett-packard.de
Hitachi Data Systems www.hds.de
IBM www.ibm.de
Maxdata www.maxdata.de
McData www.mcdata.com
Microsoft www.microsoft.de
Network Appliance www.netapp.com
Overland Storage www.overlandstorage.com
SNIA Europe www.snia-europe.com
Storagetek www.storagetek.de
Transtec www.transtec.de
Veritas www.veritas.com