Schweizer Lizenzierer geht in Deutschland an den Start

Systemhäuser reagieren erbost auf Softwareone-Abwerbungen

19. September 2007, 9:28 Uhr | Martin Fryba

Deutschlands Microsoft-Reseller sind verunsichert und gereizt. Nicht etwa, weil ihnen die neue Softwareone AG Mittelstandskunden abspenstig machen will. Es sind die aggressiven Abwerbemethoden der Schweizer, die für helle Empörung in der Branche sorgen. Bechtle- Chef Ralf Klenk muss jetzt reagieren.

Es war nur eine Frage der Zeit, wann einer der führenden Schweizer Software-Reseller, die Softwareone AG, mit ihrem Versuch beginnen würde, nun auch den deutschen Markt aufzurollen. Nun ist es soweit. Ab Oktober wird das Unternehmen hierzulande offiziell die Geschäfte aufnehmen. Zuerst mit Büros in München und Stuttgart, die Vertriebsmannschaft wird bundesweit agieren. Mit 15 Mitarbeitern geht Harald Wentsch in Deutschland an den Start. Und der für das Geschäft in Europa zuständige Manager des Schweizer Lizenzhändlers hat sich ein hohes Ziel gesteckt: »Wir wollen in zwei bis drei Jahren eine marktführende Stellung bei mittelständischen Kunden in Deutschland einnehmen«. Als Alleinstellungsmerkmal will sich Softwareone so positionieren, dass die vorwiegend als Microsoft- Wiederverkäufer tätige Firma zusammen mit ISVs, Systemintegratoren oder Systemhäuser als Anbieter von Lösungen bei Kunden in Erscheinung tritt. »Anders als die Large Account Reseller steht bei uns die Beratung im Vordergrund «, so Wentsch. Also auch Software-nahe Services wie Asset-, Lifecycle-Management oder Security.

Mit den Schweizern versucht ein weiteres Systemhaus in dem wettbewerbsintensiven und wichtigsten IT-Markt Europas Fuß zu fassen. Dass der Markteintritt der Schweizer hierzulande argwöhnisch vom Wettbewerb zur Kenntnis genommen wird, liegt nicht allein daran, dass die ehemalige Softwarepipeline nach der Fusion mit der US-Firma Softwareone im vergangenen Jahr zugleich die globale Expansion ausgerufen hatte. Vielmehr sind es die Rekrutierungsmethoden, die Wettbewerber auf die Palme bringen. Zuerst hatten die Schweizer Ende letzten Jahres beim Management von Microsoft hochkarätiges Personal abgeworben, unter anderem Wentsch, der zuvor Licensing Partner Manager bei Microsoft in der Schweiz war. Nun werden die Platzhirsche unter den deutschen Systemhäusern um ihre Microsoft- Vertriebsexperten erleichtert.

Zimperlich gehen die Schweizer dabei nicht vor. Auf Nachfrage von Computer Reseller News räumte das Systemhaus Bechtle ein, dass neun seiner Angestellten per Ende August gekündigt hatten. Bei gut 4.000 Bechtle-Mitarbeitern eigentlich eine Marginalie, könnte man meinen, wenn die Fahnenflüchtigen, allesamt bei Bechtle mit dem Vertrieb von Microsoft-Produkten befasst, nicht ausgerechnet geschlossen zu Softwareone gewechselt wären. Bechtle-Chef Ralf Klenk versucht denn auch gar nicht, die für Bechtle unangenehme Situation klein zu reden.

Eigentlich könnte Klenk stolz darauf sein, dass die von Softwareone initiierte »konzertierte Aktion«, wie sie der Manager nennt, seine Firma traf. Denn Headhunter gehen in erster Linie hoch qualifiziertes Personal an, und da war Bechtle wohl eine der ersten Adressen. Klenk zeigt sich dennoch indigniert, weil er nur zu gut weiß, dass es ausgewiesene Experten, die sich im komplexen Lizenzgeschäft von Microsoft hervorragend auskennen und zudem Abschlussstärke besitzen, nicht wie Sand am Meer auf dem Arbeitsmarkt gibt. Das weiß auch Wentsch: »Softwarevertrieb ist ein spezielles Geschäft. Dafür braucht man sehr gute Leute.« Von einer »konzertierten Aktion« will der EMEA-Chef bei Softwareone hingegen nichts wissen. »Wir haben Expansionsbereitschaft signalisiert, das ist im Markt angekommen. Wenn am Markt Arbeitnehmer verfügbar sind, die sich neu orientieren wollen, ist das völlig in Ordnung«, sieht Wentsch in der Verpflichtung wechselwilliger Bechtle-Angestellten einen normalen Vorgang. Auch von PCWare seien Mitarbeiter neu zu Softwareone gekommen, ergänzt der Geschäftsführer.


  1. Systemhäuser reagieren erbost auf Softwareone-Abwerbungen
  2. Auch PC-Ware betroffen

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