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Systemhäuser stellen sich auf »heißen Herbst« ein

Systemhäuser stellen sich auf »heißen Herbst« ein. Traditionell bringt das zweite Halbjahr und insbesondere das Schlussquartal für viele Systemhäuser nochmals einen gehörigen Umsatzschub. In diesem Jahr deutet vieles darauf hin, dass das Geschäftsvolumen mit Unternehmenskunden nochmals einen Tick höher ausfallen könnte als in den Jahren zuvor.

Autor:Martin Fryba • 21.9.2005 • ca. 4:20 Min

Systemhäuser stellen sich auf »heißen Herbst« ein

Überwiegend optimistisch äußern sich die von Computer Reseller News in einer Blitzumfrage interviewten Systemhäuser bezüglich ihres Jahresendgeschäfts. Einer Faustformel zufolge erwirtschaften die meisten IT-Häuser im ersten Halbjahr 45 Prozent, im zweiten 55 Prozent ihres Jahresumsatzes. Alles deutet darauf hin, dass es in diesem Jahr zu einer Verschiebung zugunsten der zweiten Jahreshälfte kommt.

Zunehmend stellen Unternehmenskunden nun fest, dass es wenig sinnvoll ist, IT-Investitionen weiter auf die lange Bank zu schieben. Wer kurzfristig an der IT-Ausstattung spart, zahlt auf längere Sicht drauf. Effiziente und damit kostengünstigere Prozesse lassen sich nur durch entsprechende Ersatz- oder Neuinvestitionen erreichen. »Die Großkunden sind immer noch sparsam, erkennen aber, dass sie mit veralteten Konzepten und Technologien kein Geld sparen«, berichtet Stefan Schmidt, Geschäftsführer von Stethos GmbH. Der Anbieter von Drucklösungen hat gerade mit einem Kunden aus der Industrie das größte Geschäft der Firmengeschichte abgeschlossen und bereitet für die kommenden Wochen den Roll-Out vor. »Die Investitionsbereitschaft im Projektgeschäft ist deutlich gestiegen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Jahresendgeschäft«, so Schmidt.

Projektgeschäft brummt

Über Mangel an Arbeit kann sich auch Michael C. Reiserer von der Prometheus GmbH nicht beklagen: »Kunden, die ihre Projekte zum Teil seit einem Jahr aufgeschoben haben, wollen sie nun zum Jahresende realisieren.« Die auf Projektunterstützung spezialisierte Firma greift Systemhäusern beim Roll-Out unter die Arme. Derzeit ordern vor allem Finanzdienstleister und Versicherungen neue PCs, auch ein Auftrag über 10.000 IP-Telefone soll noch in diesem Jahr über die Bühne gehen. »Im September haben wir einen dreimal so hohen Umsatz eingefahren wie noch im Mai«, freut sich Reiserer.

Beim Systemhaus Schuster & Walther IT-Business AG blickt man ebenfalls optimistisch auf das Jahresendgeschäft. Bereits seit einigen Monaten verzeichnen die Franken eine deutliche Belebung ihrer Angebote zur Speicher- und Serverkonsolidierung. »Alles deutet auf einen ?heißen Herbst? hin«, so Vorstand Dirk von Vopelius. »Investiert wird, was sich kurzfristig rechnet.« Dass bereits weite Teile des Mittelstandes ähnlich wie börsennotierte Unternehmen vom Denken in Quartalen »infiziert« seien und eine Kurzatmigkeit an den Tag legen würden, erstaunt von Vopelius. Wenn aber am Ende seine Kunden gerade bei kurzfristigen Entscheidungen vor dem Jahresende von der Zuversicht für das neue Jahr und darüber hinaus getragen werden, kann es ihm nur recht sein.

Harte ökonomische Fakten bestimmen Investitionsentscheidungen. Aber nicht nur das. Viele Kunden wollen den Umstellungstermin zum Jahreswechsel nutzen, um beispielsweise mit einer neuen ERP-Lösung ins Neujahr starten zu können. »Parallel dazu steigt auch unser Absatz an technischer Infrastruktur mit den einschlägigen Installations- beziehungsweise Roll-Out-Dienstleistungen«, so von Vopelius. Ein ähnliches Verhalten kennt auch Uwe Brand, Geschäftsführer beim Stuttgarter Systemhaus Raber + Märcker. Von seiner Klientel, dem gehobenen Mittelstand, kämen zwar keine Impulse, die auf ein spürbares Jahresendgeschäft hindeuten würden. Allerdings haben auch seine Kunden den kommenden Januar im Blick, um mit neuer ERP- und DMS-Lösung in den Echtstart zu gehen. »Bei Projektlaufzeiten von drei bis vier Monaten heißt das: Entscheidung im September/Oktober«, so Brand.

Hochbetrieb herrscht derzeit auch bei Arxes NCC in Köln. »Zurzeit erleben wir ein gesteigertes Nachfrageverhalten in allen Varianten. Einige der in den letzten Monaten gewonnenen Projekte laufen gerade an und werden sich noch in diesem Kalenderjahr bemerkbar machen«, sagt Horst Köning, Leiter Vertrieb und Marketing. Storage, Voice-over-IP und Managed Services, das sind die Zugpferde, auf welche die Rheinländer große Hoffnungen setzen. Der Investitionsbedarf sei da, verknüpft mit den Vorgaben, die Arbeitsabläufe zu verbessern und Kosten zu sparen. Vielfach erlebt Köning dabei aber, dass Kunden eine gewisse Priorisierung fehle. Wer schon einen Schritt weiter ist und Teile seiner IT von externen IT-Dienstleistern betreiben lässt, nimmt die Rahmenverträge nochmals unter die Lupe. »Mittelständler und Großkunden fragen sich, ob die vor Jahren geschlossenen Verträge dem aktuellen Preisgefüge entsprechen und schreiben sie neu aus«, beschreibt Köning den Druck, der trotz günstiger Konjunktur auf IT-Dienstleistern lastet.

»Der Preiskampf beim Endkunden hat deutlich zugenommen und hat damit die Margen massiv unter Druck gesetzt«, beobachtet auch Oliver Schallhorn vom IBM-Systemhaus Fritz & Macziol. Das trübt ein wenig die Freude darüber, dass die Ulmer bei Server- und Storage-Konsolidierung eine erfreuliche Nachfrage registrieren und die Geschäfte auch bei Software für Behörden, die die Tochter Infoma herstellt und vertreibt, »ganz gut laufen«. Wie jedes Jahr erwartet Schallhorn in den verbleibenden vier Monaten bis zum Jahresende einen »deutlichen Schub«. Das jedoch wäre für Bechtle-Chef Ralf Klenk bereits eine Enttäuschung. Denn der Marathonläufer spricht lieber von einem »Jahresendspurtgeschäft« mit einem traditionell »außerordentlich starken Monat Dezember«. Auch er bestätigt, dass Storage derzeit ein beherrschendes Thema sei, neben Security und Konvergenz. Bei der überwiegend mittelständischen Bechtle-Klientel wachse das Interesse auch für Outsourcing-/ Outtasking-Lösungen. Überhaupt der gesamte Bereich Managed Services sei ein Trendthema: »Hier spielt in Zukunft die Musik.«

Kanzlerduell beflügelt

Schwieriger einzuschätzen ist das Jahresendgeschäft dagegen für Distributoren, denn Mitte September wissen sie meist noch nicht, welches Volumen Fachhändler ohne eigenes Handelsgeschäft bei Grossisten ordern werden. »Die Gelder werden immer später freigegeben. Eine Einschätzung zum jetzigen Zeitpunkt ist schwierig«, meint Gerhard Schulz, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Ingram Micro. Allein der Tatsache wegen, dass im vergangenen Jahr die Investitionen der Unternehmen eher verhalten waren ? was sich übrigens laut Klenk bis ins erste Halbjahr 2005 fortsetzte ? erwartet Schulz nun ein deutlich besseres Geschäft.

Eine kleine Sonderkonjunktur für die IT-Branche könnte dieses Jahr ausgerechnet von der bislang auf wirtschaftlichem Sektor eher durch Untätigkeit aufgefallenen Bundespolitik ausgehen. Allein die Tatsache, dass die Bundestagswahl vorgezogen wurde, hat den Optimismus der IT-Branche beflügelt. Ihre Präferenzen für eine Regierungskoalition nennen uns die Geschäftsführer seriöserweise nicht. Viele meinen aber, dass die Wahl doch den einen oder anderen Mittelstandsbetrieb aufrütteln wird, Investitionen beherzt anzugehen.

Eine Hoffnung, die übrigens auch die eher den Großunternehmen zuzurechnenden Mitglieder des Branchenverbands Bitkom hegen. Sie gehen überwiegend davon aus, dass Unternehmen entsprechende Investitionen in ihre ITK-Infrastruktur noch in diesem Jahr tätigen werden. Jeder zweite Befragte erwartet von den Wahlen einen positiven Impuls für das eigene Geschäft.