Szenen einer Trennung
Szenen einer Trennung. Über die Wachstumsstrategie des Hardware-Herstellers Palm und des Betriebssystem-Anbieters Palm Source spricht InformationWeek Redakteurin Henriette Struss mit Patrick McVeigh, Palm Source Interim-CEO und Martin Börner, Territory Sales Manager Central & Eastern Europe von Palm.
Szenen einer Trennung
Palm Source (Patrick McVeigh)
Sie haben ja die Palm-Markenrechte an Palm One für 30 Millionen Dollar abgegeben. Ist die Abgabe nicht ein herber Imageverlust für das Unternehmen Palm Source und das Palm OS Portfolio?
Palm Source hat sich aus mehreren Gründen entschieden den Markenamen zu verkaufen. Eine Marktuntersuchung hat gezeigt, dass mit der Marke vor allem Consumer-Hardware assoziiert wird.
Zusätzlich besitzen viele Hersteller von mobilen Endgeräten ihre eigenen starken Marken und haben mit diesen bereits signifikant die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf sich gezogen. Die Rolle von Palm Source in dem Mobile Computing-Ökosystem ist, eine offene und flexible Softwareplattform für die Entwicklung moderner und einfach zu nutzender mobiler Endgeräte bereitzustellen. Palm Source stellt so nicht die eigene Marke in den Mittelpunkt, sondern handelt im Interesse seiner Lizenzpartner, um deren Marke zu stärken.
Wie wollen Sie Unternehmen und Betriebssystem Zukunft nennen?
Noch für die nächsten vier Jahre haben Palm Source und seine Lizenzpartner das Recht den Namen Palm Source sowie bestimmte mit ihm verbundene Palm-Markennamen zu nutzen. In dieser Zeit wird Palm sich eine neue Markenidentität aufbauen. Wie diese aussehen wird, steht derzeit noch nicht fest.
Wie genau läuft die Integration von China Mobilsoft bisher?
Gut! Wir kommen voran. Unsere drei Entwicklungszentren in Kalifornien, Frankreich und China arbeiten zusammen, um ein Palm Betriebssystem für Linux zu entwickeln. Dieses wollen wir unseren Kunden bald möglichst zur Verfügung stellen.
Wann wird das erste Handy mit einer Linux-Version von Palm OS auf den europäischen Markt kommen?
Wir können den Zeitpunkt der Auslieferung der ersten mobilen Endgeräte mit einer Palm OS Linux-Version nicht vorhersagen. Zu viele Variable spielen eine Rolle, wie zum Beispiel die Entwicklungszeit unserer Lizenzpartner und bei Mobiltelefonen die Spanne bis die Netzwerk-Betreiber die Geräte zulassen und zertifizieren ? um nur zwei Unbekannte zu nennen. Wir treffen darüber hinaus grundsätzlich keine Aussagen zu den Produkt-Roadmaps unserer Lizenzpartner.
Ohne die Einmaleffekte haben sie das letzte Geschäftsquartal bereinigt mit einem Umsatzminus abgeschlossen. Wie soll in den nächsten zwölf Monaten ein stärkeres Umsatz und Gewinnwachstum erzielt werden?
Wir können im Vorfeld der Veröffentlichung der nächsten Quartalsergebnisse dazu aus rechtlichen Gründen keine Aussagen treffen. Letztes Quartal haben wir interne Umstrukturierungen angekündigt, zu denen auch die unternehmensweite Reduzierung der internen Kostenstrukturen gehört. Bis wir Produkte herausgebracht haben, die für Umsatzwachstum sorgen, müssen wir eine Kostenstruktur aufgebaut haben, welche uns erlaubt, nötige Investitionen zu vollziehen ohne unsere Geldreserven aufzubrauchen.
Im Mai ist ja Palm-Source-CEO David Nagel zurückgetreten. Ist in den nächsten Wochen mit der Ernennung eines neuen CEOs zu rechnen?
Wir -der Vorstand und ich als Interim-CEO-tragen die Verantwortung dafür, die für das Unternehmen best mögliche Führung sicherzustellen. Die Diskussion um die Suche nach einem neuen CEO ist bereits im Gange. Aber für eine Besetzung gibt es derzeit keinen konkreten Zeitplan.
Palm (Martin Börner)
Warum wurde das Unternehmen Palm One wieder in Palm umbenannt?
Das Wort Palm steht für eine starke Marke mit extrem hohem Bekanntheitsgrad sowie gewachsener Markentreue. In seiner wörtlichen Bedeutung als Handfläche entspricht der Name am besten unserer Vision: die Leistung von Computern in die Hände der Menschen zu legen. Wir wollen aus dem Namen das Synonym für Marktführerschaft im Mobile Computing machen.
Wie werden Sie ihr Produktportfolio in den nächsten zwölf Monaten weiter ausbauen?
Unser derzeitiges Portfolio besteht aus Handhelds, Mobile Manager und Smartphones. In diesen Produktgruppen werden wir weiter neue Geräte vorstellen. Ein starker Fokus wird dabei auf Produkte und Lösungen für Business-Anwender liegen.
Es gibt Gerüchte bald werde ein Treo 670 unter Windows Mobile auf den Markt kommen. Ist damit zu rechnen, dass Palm-Hardware mit anderen Betriebssystemen als Palm OS angeboten wird?
Palm macht grundsätzlich keine Angaben zu noch nicht angekündigten Produkten.
Wie sieht die Wachstumsprognose für das Jahr 2006 aus?
Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2006 gehen wir von einem Umsatz von 330 bis 350 Millionen US-Dollar gegenüber 273,1 Millionen Dollar im Vergleichszeitraum des Vorjahres aus. Weitere Prognosen zum Geschäftsjahr 2006 geben wir nicht ab.
In welchen Segmenten rechnen sie mit starkem, in welchen kaum mit Wachstum?
Kurz- und mittelfristig gesehen liegen die Wachstumsraten im Marktsegment der Smartphones sicher höher als im Bereich der klassischen Handhelds. Dieser Situation tragen wir seit einiger Zeit Rechnung und haben beispielsweise unser Forschungs- und Entwicklungsbudget zu Gunsten der Smartphones umgewichtet.
Der Markt für Smartphones in Europa wächst, Stand-alone-PDAs werden hingegen weniger nachgefragt, inwieweit ist dieser Trend für Palm von Bedeutung?
Diese Entwicklung trifft auf Europa zu, nicht aber auf den deutschen Markt. Sowohl Smartphone- als auch Handheld-Markt sind in Deutschland Wachstumsmärkte, so das Ergebnis von Studien der GfK aus dem April 2005. Demnach liegen die Wachstumsraten bei Smartphones im dreistelligen Prozentbereich. Aber auch Handhelds bieten großes Potenzial. Im Business-Umfeld sind klassische Handhelds weiterhin nicht wegzudenken. In Deutschland war der professionell orientierte Tungsten T5 Handheld beispielsweise von Januar bis April 2005 jeden Monat unser bestverkauftes Modell. Langfristig sehen wir so drei Segmente mit Wachstumspotenzial, die sich in unserem Produktportfolio bereits heute widerspiegeln: Smartphones, Handhelds und Mobile Manager. Smartphones für Kunden die eine integrierte Lösung für die mobile Kommunikation suchen, Handhelds für klassische Organizer-Anwendungen bis hin zum Unternehmenseinsatz von vertikalen Lösungen und Mobile Manager für den wachsenden Wunsch digitalisierte Daten stets bei sich zu tragen.
Welche weiteren Trends zeichnen auf dem Markt für mobile Business-Lösungen ab?
Das Personal Computing wird zunehmend ein Mobile Computing werden. Dies umfasst nicht nur klassische Groupware-Daten und E-Mails, sondern auch CRM und ERP-Systeme oder andere Datenbanken. Damit Palm-Hardware über Middleware-Lösungen einfach an die Unternehmens-IT angebunden werden kann, arbeiten wir mit Systemintegratoren und Lösungspartnern wie Extended Systems oder Good zusammen.