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Umweltschutz gegen Geld (Fortsetzung)

Autor:Redaktion connect-professional • 4.11.2008 • ca. 2:45 Min

Inhalt
  1. Umweltschutz gegen Geld
  2. Umweltschutz gegen Geld (Fortsetzung)

<b> Innovation am falschen Ende </b>

Die bekannten Softwarehersteller tun ihr Übriges dazu, um mit möglichst viel Rechenleistung möglichst wenig sinnvolle Arbeit zu erledigen. Zudem verketten sie Applikationen mit Betriebssystemen und diese wiederum mit CPU-Architekturen und Chipsätzen – und zwingen den Anwender somit immer wieder zu nutzlosen Upgrades. Ehrliche Administratoren müssen zugeben, dass die Mehrzahl deutscher Büroarbeitsplätze auch 2008 mit Hard- und Software von 2000 zurechtkäme.

Mit den heutigen Technologien sollte es eigentlich möglich sein, einen Arbeitsplatzrechner auf dem Leistungsniveau von 2002 mit einem Stromverbrauch von 10 Watt zu bauen. Es gibt vereinzelt Lösungen, welche in diese Richtung tendieren. Dazu gehört beispielsweise die Mini-ITX-Plattform von VIA, deren Verbrauch bei etwa 20 Watt liegt. Mini-ITX beschreibt ein ultrakompaktes Motherboard mit allen nötigen Schnittstellen und einer passiv gekühlten CPU im Geschwindigkeitsbereich von etwa 1 GHz.

Auch das (d) Recyclen alter Geräte ist prinzipiell nicht im Interesse der IT-Hersteller. Dazu müsste das Unternehmen Geld für längst abgeschriebene Geräte in die Hand nehmen. Während die Firmen im Ausland fertigen können, wie sie möchten, müssen sie die Altgeräte nach geltendem EU- oder US-Gesetzt zurücknehmen. Der Zwang hat unterm Strich noch etwas Gutes: Zur Not lassen sich EU-Fördergelder für das Recykling von in der dritten Welt billig produziertem Schrott kassieren.

Nach Abzug aller möglichen, aber vom Hersteller nicht gewünschten oder zu teuren Umweltschutzmaßnahmen bleibt nicht mehr viel echte Green-IT übrig. Das spiegelt sich auch in den Posteingangskörben der IT-Journalisten wider. Fünf Jahre alte Video-Konferencing-Lösungen werden hier plötzlich als Green-IT propagiert mit der Begründung: Wer Video-Konferencing betreibt, reist weniger mit dem Auto oder Flugzeug herum. Das Praktische für den Hersteller: Er muss selbst gar nichts Umweltschonendes tun und kann sich selbst als Retter der Natur auf die Schulter klopfen – mit Geräten made in China, versteht sich.

Andere Produzenten propagieren den »0-Watt-Monitor« – ein Gerät, das im ausgeschalteten Zustand keinen Strom verbraucht – als Green-IT-Lösung. Jahrelang haben die Hersteller die Anwender aus Kostengründen mit Standby-Schaltungen überhäuft. Externe Netzteile – wiederum made in China – sind einfach viel günstiger, als interne. Da wurde bisher stillschweigend einfach in Kauf genommen, dass diese Dinger auch dann Strom verbrauchen, wenn gar nichts dranhängt.

Ein Gerät, dass diesen Fehler korrigiert, soll dann als Innovation verkauft werden, wie dreist.

<b>Green-IT-Lösungen nur vom Anwender oder Integrator </b>

Die als Grün propagierten Geräte vom Hersteller sind meilenweit davon entfernt, energieeffizient zu arbeiten. Es liegt also am Anwender oder am Systemintegrator selbst, eine IT-Installation möglichst umweltfreundlich und Energie sparend umzusetzen.

Die Verwalter sollten die Hardwareanforderungen sehr genau kalkulieren und nicht pauschal alle Server und Speicher eine Nummer zu groß anschaffen. Virtualisierte Rechner sparen physische. Hier verbrauchen wenige große Server weniger Energie als viele kleine. Wenige Storage-Systeme mit großen Laufwerken arbeiten effizienter als mehrere Systeme mit kleinen Platten. Klimasysteme mit freier Kühlung (Außenluft) brauchen nur ein Zehntel des Stroms, welchen die üblichen Klimaanlagen mit Innen/Außenteil-Architektur und Kühlmittelleitungen dazwischen verbraten.

Es gibt tausend verschiedene Stellen, um im Rechenzentrum und am Arbeitsplatz Strom zu sparen. Dazu gehören simple abschaltbare Steckdosenleisten als Standby-Strom-Killer an Arbeitsplätzen genauso, wie komplizierte Umluftkühlungskonstruktionen im Rechenzentrum. Diese Lösungen gibt es schon seit Jahren und nicht erst, seitdem irgend ein schlauer US-Manager (der einen 8-Liter-V12-Hummer fährt) den Slogan »Green-IT« erfunden hat und damit seit Anfang 2008 die komplette EDV-Branche nervt.

<b> Strompreis erzwingt wahre Green-IT </b>

Letzen Endes zwingen die stetig steigenden Strompreise die Unternehmen zum Umdenken. Wenn IT-Manager erst einmal so weit sind, dass ihre Einkaufskriterien den Stromverbrauch und die Performancedaten gleich werten, werden IT-Hersteller real energieeffiziente Lösungen entwickeln. Bis dahin bleibt Green-IT ein Hype ohne wirklich praktischen Nutzen – und sinnvolle Ansätze gab es schon lange vor dem Hype.

ast@networkcomputing.de