Falltüren beim Online-Handel

Urteil zu Werbung für Multi-Core-CPUs: 2 x 2800 MHz sind nicht gleich 5600 MHz

9. Februar 2009, 13:30 Uhr | Bernd Reder

Als irreführend hat das Kammergericht Berlin die Werbebotschaft eines Händlers auf Ebay eingestuft. Dieser hatte einem Dual-Core-Prozessor von Intel die sagenhafte Taktrate von 5,6 GHz attestiert. Des Rätsels Lösung: Der Händler addierte einfach die Frequenzen beider Rechnerkerne – und wurde deshalb abgemahnt.

Der Händler warb auf seiner Seite auf Ebay für ein Mainboard mit einem Intel-820-Prozessor. Dabei verwendete er folgende Begriffe:

»Intel Pentium 820 Dual Core 5600 MHz, Asrock (Asus) 4Core«

»Zwei CPU-Kerne 2 x 2800 MHz = 5600 MHz, AGP und PCI-Express«

Daneben platzierte der Händler das Bild eines Tachometers mit der Zeile »5600 MHz«.

Bekanntlich haben weder Intel noch AMD bislang einen Prozessor mit der sagenhaften Taktrate von 5,6 GHz herausgebracht. Und selbst Profi-Overclockern dürfte es schwer fallen, auch nur annähernd in diese Regionen vorzustoßen, ohne die CPU zu »grillen«.

Interessenten könnten getäuscht werden

Das Kammergericht in Berlin stellt nun klar, dass es unzulässig ist, die Frequenz zweier Kerne von je 2800 MHz zu einer »Gesamtgeschwindigkeit« von 5600 MHz zu addieren. Das widerspräche zum einem den Naturgesetzen.


Stein des Anstoßes: ein Pentium-D-Dual-Core-
Prozessor mit zwei Rechenkernen à 2800 MHz.

Zum anderen müsse von einer Irreführung der Zielgruppe ausgegangen werden, die der Händler mit der Werbung ansprach. So seien objektiv unwahre Angaben in einer Werbung gemäß §§ 3,5 UWG wegen Irreführung als »wettbewerbsrechtlich unlauter« zu beurteilen.

Das Gericht vertrat folgenden Standpunkt: Selbst dann, wenn mit solchen Aussagen ausschließlich »Fachleute« angesprochen werden, also Käufer von Computerteilen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese zwangsläufig die objektive Unwahrheit der Werbung erkennen. Außerdem sei objektiv unwahre Werbung auch dann unzulässig, wenn nur wenige Käufer getäuscht werden könnten – also etwa technisch weniger versierte Interessenten.

Allerdings hätte der Händler bei etwas geschickterer Argumentation den Kopf durchaus aus der Schlinge ziehen können. So war es bis vor Kurzem auf Ebay durchaus noch üblich, die Taktfrequenz von Mehrkern-Prozessoren als Summe der Frequenz der einzelnen Cores anzugeben.

Außerdem wies der Händler in der zweiten Textzeile explizit darauf hin, dass es sich um einen Prozessor mit zwei Kernen handelte. Unklar ist, warum er diese Argumente nicht anführte, vermutlich aus Versehen oder weil er nicht den richtigen oder gar keinen Anwalt bemühte.

Fazit: Nicht nur Händler, sondern auch Privatleute, die Rechner oder Komponenten auf Ebay verkaufen, sollten sich vor Aussagen wie den oben erwähnten hüten. Sie laufen sonst Gefahr, eine Abmahnung zu »kassieren«.

Der Autor: Max-Lion Keller ist bei IT-Recht-Kanzlei in München tätig. Die Anwaltssozietät hat sich auf IT- und Vergaberecht spezialisiert.


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