Vorsicht bei Fußball-Promotions: Dritte Halbzeit für Rechtsanwälte

6. April 2006, 0:00 Uhr |

Vorsicht bei Fußball-Promotions: Dritte Halbzeit für Rechtsanwälte. Viele Geschäftsleute möchten die Fußball-Euphorie für sich nutzen, doch der Spielraum für Werbung, Aktionen und Promotions rund um die Fußball-Weltmeisterschaft ist eng. Daher müssen Fachhändler aufpassen, damit die Spiele kein rechtliches Nachspiel haben.

Vorsicht bei Fußball-Promotions: Dritte Halbzeit für Rechtsanwälte

Wenn am 9. Juli im Berliner Olympiastadion der Schlusspfiff ertönt, dann ist auch für die letzten 22 Fußballer die WM vorbei. Für viele Rechtsanwälte geht sie aber damit erst so richtig los. Branchenkenner rechnen mit über 1.000 Rechtsfällen, die im Umfeld des Großereignisses auflaufen, davon rund 600 in Deutschland.

Trotzdem wollen Fachhändler vom WM-Boom profitieren. Damit die Spiele nicht in die juristische dritte Halbzeit gehen, sollten Reseller die WM nicht zu sorglos für ihre Verkaufsaktionen nutzen. Rabatte, beispielsweise beim Sieg der deutschen Elf, sind möglich, doch »darf es bei Rabattaktionen nicht zu einem übertriebenen Anlocken kommen, bei dem der Verbraucher Preis und Qualität des Angebots nicht mehr kritisch überprüft, sondern nur noch in den Genuss des Rabatts kommen will«, schränkt Jan F. Krekel, Rechtsanwalt beim Münchner Büro der internationalen Partnerschaft Nörr Stiefenhofer Lutz, ein. So wurde die Kampagne des Media Marktes, allen Käufern eines Fernsehers an einem bestimmten Tag den Kaufpreis zurückzuzahlen, sollte die deutsche Mannschaft Europameister 2004 werden, von der Rechtsprechung als übertriebenes Anlocken bewertet.

Bei Namenszusätzen ist darauf zu achten, dass keine zugunsten der FIFA markenrechtlich geschützten Bezeichnungen wie »WM 2006«, »Worldcup 2006«, »Deutschland 2006«, aber auch »Goleo« verwendet werden. »Das Risiko einer markenrechtlichen Inanspruchnahme kann man deutlich reduzieren, wenn man beschreibende Formulierungen wählt«, meint Krekel, wie beispielsweise »DVD-Rohlinge zur Fußball-WM«. Ähnliches gilt für Gewinnspiele: Unzulässig wäre also zum Beispiel eine Betitelung als »WM 2006-Tippspiel«. Stattdessen sollten ebenfalls Umschreibungen verwendet werden, wie etwa »Tippspiel zur WM«. Hinsichtlich der ausgelobten Preise sollten die Gewinnspiel-Veranstalter aber darauf achten, dass diese entweder offizielle Lizenzprodukte sind oder jedenfalls keine Markenrechte Dritter verletzen.

Auch bei der Dekoration der Ladenlokale ist nicht alles erlaubt. »Soweit offiziell lizenzierte WM-Produkte angeboten werden, dürfen diese auch dekoriert und ausgestellt werden«, erklärt Krekel. Es müsse jedoch darauf geachtet werden, dass keine Vermengung von Lizenz- und Nichtlizenzprodukten erfolgt, da hierdurch der irreführende Eindruck entstehen könnte, auch bei letzteren handele es sich um lizenzierte Ware. Zudem sollten Nationalflaggen, beispielsweise der Teilnehmerländer, ausschließlich zu dekorativen Zwecken, nicht aber zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung von Waren und Dienstleistungen benutzt werden, da dies gegen die Bestimmungen des Markengesetzes verstoßen würde.

Rechtlich umstritten ist die öffentliche Aufführung von WM-Spielen. Die FIFA geht davon aus, dass dafür eine vorherige Genehmigung erforderlich ist. Dem stehen aber Vorschriften des deutschen Urhebergesetzes entgegen. »In jedem Fall zulässig dürfte es indes sein, wenn ein Fernsehhändler auf den in seinem Verkaufsraum ausgestellten Geräten WM-Spiele laufen lässt«, betont Krekel. Allerdings dürfen dafür keine Eintrittsgelder oder erhöhten Waren- und Getränkepreise erhoben werden.

Interview

»Kleinheit schützt vor Inanspruchnahme nicht«

Jan F. Krekel ist Rechtsanwalt im Münchner Büro der internationalen Partnerschaft Nörr Stiefenhofer Lutz. Er gilt als ausgewiesener Experte im Wettbewerbs- und Markenrecht und beschäftigt sich intensiv mit Rechtsfragen rund um die Fußball-WM. CRN-Redakteur Armin Weiler hat bei Jan F. Krekel nachgefragt, was Händler im Umgang mit der FIFA beachten sollen.

CRN: Herr Krekel, konzentriert sich aus Ihrer Erfahrung die FIFA bei der Verletzung ihrer Rechte nur auf die großen Fische, oder kann auch ein kleiner Händler ins Visier der Anwälte des Fußballverbands geraten?

Krekel: Natürlich sind große Händler eher der Aufmerksamkeit ausgesetzt. Trotzdem gilt: Kleinheit schützt vor Inanspruchnahme nicht. Es ist durchaus auch vorstellbar, dass sich die FIFA kleinere Händler vornimmt, um Präzedenzfälle zu schaffen.

CRN: Was kann die Konsequenz daraus sein?

Krekel: Der Händler erhält in der Regel die Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Darüber hinaus muss er mit Schadensersatzklagen rechnen. Da der Rechteinhaber Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten geltend macht, die sich wiederum am Streitwert orientieren, können alleine dafür schon 4.000 bis 10.000 Euro anfallen. Kommt der Händler der Aufforderung der FIFA nicht nach, droht eine einstweilige Verfügung.

CRN: Sollten die Fachhändler dann nicht lieber die Finger von der Fußball-WM lassen?

Krekel: Es gibt durchaus Möglichkeiten, die WM zu nutzen. Allerdings sollten die Händler ihr Werbekonzept durch einen Spezialisten überprüfen lassen, was allenfalls einen Bruchteil des möglichen Schadens bei Verletzung der FIFA-Rechte kostet.

CRN: Welche Qualifikation sollte der konsultierte Anwalt besitzen?

Krekel: Er sollte sich auf jeden Fall im Wettbewerbsrecht und Markenrecht auskennen.

CRN: Ist denn jede Forderung der FIFA gerechtfertigt?

Krekel: Die FIFA geht durchaus aggressiv bei der Wahrung ihrer Interessen vor. Nicht alles, was die FIFA für sich beansprucht, wird rechtlich haltbar sein. Ich rechne damit, dass zumindest einige Verfahren auch nach der WM von der FIFA betrieben werden. Doch die FIFA wird nicht locker lassen, denn sie will auch ein Zeichen im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2010 in Süd-Afrika setzen und für die UEFA im Hinblick auf die EM 2008.

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INFO

Nörr Stiefenhofer Lutz
Brienner Straße 28, D-80333 München
Tel. 089 28628-0, Fax 089 280110
www.noerr.de


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