Wachstumsmarkt Home-Networking: Warten auf Triple Play. Der Markt für Lösungen zur Heimvernetzung bleibt in Bewegung: Für den Internet-Access hat sich zwar weitgehend die WLAN-Technik durchgesetzt. Doch wer durch sein heimisches Netzwerk auch voluminöse Musik- und Videodaten leiten will, ist mit den jüngsten Home-Plug-Lösungen oft besser bedient.
Im »T-Com-Haus«, einem zu Demo- und Werbezwecken aufgebauten Eigenheim mitten in Berlin, können Besucher sehen, wie sich Deutschlands größter Carrier die nahe Zukunft vorstellt: Das Haus ist vollständig vernetzt. In jedem Zimmer flimmern Breitbild-Displays, welche die Bewohner zum Internet-Surfen, zur Steuerung diverser Elektrogeräte und auch zum Abruf von Musik und Spielfilmen nutzen. Die Daten gelangen mittels DSL-Technologie ins Haus und über einen zentralen Server in jeden Raum.
Die Zukunfts-Vision hat jedoch einen Haken: Eine moderne Netzwerkverkabelung wie im »T-Com-Haus« ist in nahezu keinem Wohnhaus vorhanden. Selbst in Neubauten ist es nach wie vor eher die Ausnahme, dass an Ethernet-Leitungen gedacht wird. Auch ein konventionelles WLAN nach dem 11g-Standard kann diesen Mangel nicht ganz kompensieren: Es eignet sich zwar hervorragend für den drahtlosen Internet Access. Für Filmdaten in hoher Auflösung ist das Wireless-Netz hingegen zu schmal. Zudem ist der Aufbau eines professionellen WLAN bis in die letzten Winkel eines Eigenheims vergleichsweise kostspielig und keinesfalls eine Plug-and-Play-Lösung.
Mit dem Einzug der ADSL 2+-Technologie, die Download-Bandbreiten von 16 Mbit/s und mehr bald flächendeckend bieten wird, hoffen Carrier und Kabelnetzbetreiber auf ein lukratives Zusatzgeschäft: Endlich wird die Bandbreite ausreichen, um nicht nur VoIP, sondern Musik-, Game- und Videoangebote (Triple Play) on Demand und in Echtzeit anzubieten. Die Hersteller von Home-Plug-Lösungen wittern hier deshalb eine Riesenchance: Stromleitungen sind selbst in Altbauten überall vorhanden; die Vernetzung über das hausinterne Stromnetz ist vergleichsweise einfach und kostengünstig. Mit theoretischen 85 Mbit/s lassen sich selbst Spielfilme ruckelfrei betrachten. Und voraussichtlich im nächsten Jahr, wenn der Standard Home Plug AV verabschiedet ist, wird der Datenfluss von Steckdose zu Steckdose stattliche 200 Mbit/s betragen.
Weitere Pluspunkte sind die Stabilität der Datenübertragung und die mögliche Größe des Netzes: Nach bisherigen Erfahrungen ist die Datenübertragung bis zu einer Reichweite von etwa 200 Metern ohne Leistungseinbußen möglich. »Home Plug arbeitet stabil, kann ohne Aufwand installiert werden, lässt sich problemlos erweitern und ist sehr sicher«, fasst Andreas Melder, Senior Vice President beim für die Home-Plug-Produkte wichtigsten Chiphersteller Intellon, die Vorzüge zusammen.
»Die Home-Plug-Technik wird das Synonym für Home-Networking werden und sich als Backbone für die Heimvernetzung etablieren«, freut sich denn auch Heiko Harbers, CEO des deutschen Home-Plug-Marktführers Devolo. Das aus der Aachener Elsa AG hervorgegangene Unternehmen sitzt mit einem Marktanteil von rund 80 Prozent (GfK) hierzulande fest im Sattel. Mit »dLAN Highspeed« hat das Unternehmen in diesem Sommer als erster Anbieter Home-Plug-Adapter mit 85 Mbit/s Bandbreite eingeführt. Die Konkurrenz schläft freilich nicht: Auch Allnet, Netgear und weitere Anbieter stehen inzwischen in den Startlöchern und werden in den kommenden Wochen ähnliche Produkte liefern.
Der Erfolg der Home-Plug-Technologie könnte allerdings noch gefährdet werden, weil sich die Chiphersteller uneins sind. Im Gegensatz zu Intellon produziere etwa die spanische Firma DS2 Chips, die nicht dem Home-Plug-Standard entsprechen, lautet der Vorwurf der Konkurrenz. In einem Stromnetz würden sich Intellon- und DS2-Chips so stark stören, dass keinerlei Datenkommunikation mehr möglich sei.
Unter anderem setzt der Anbieter Corinex diese Chips in seinen Produkten ein und kann ? trotz der negativen Schlagzeilen in großen deutschen Anwenderzeitschriften ? in jüngster Vergangenheit durchaus Markterfolge verzeichnen. Die spanische Telefongesellschaft Telefonica vergab an die Corinex Corporation einen großen Produktionsauftrag zur Lieferung von »AV200« Powerline Ethernet Adaptern. Mit dem neuen Produkt will Telefonica seinen neuen Service »Imagenio« (IP-TV und Kommunikation für jeden Raum eines Hauses) anbieten. Trotz Reibereien auf technischer Ebene haben sich derzeit 55 Firmen in der Home Plug Powerline Alliance zusammengeschlossen. Zu den Mitgliedern zählen Konzerne wie France Telecom, Mitsubishi Electric, Siemens und neuerdings auch Sony. Mit Corinex, Devolo und Netgear sitzen hier auch drei wichtige Adapter-Anbieter an einem Tisch.
Obwohl die Adapter-Hersteller auf das große Geschäft mit Kabelnetzanbietern und Telefongesellschaften hoffen, räumen alle Anbieter auch dem Fachhandel große Chancen ein. Bei Devolo beträgt der Fachhandelsanteil derzeit 70 Prozent. »Wir setzen auch in Zukunft verstärkt auf diesen Absatzkanal und unterstützen diesen ab September mit einem speziellen Partnerprogramm nur für unsere d-LAN-Produkte«, bekräftigt CEO Harbers die Firmenstrategie.
Auch der Konkurrent Allnet sieht weiter gute Chancen für die Home-Plug-Technik, verweist allerdings auch auf Schwierigkeiten: In den vergangenen Monaten hätten Provider WLAN-Router an Neukunden kostenlos verteilt, wodurch gerade beim Consumer WLAN präsenter sei als andere Techniken, gibt ein Firmensprecher zu bedenken.
Einen drastischen Preisverfall braucht der Handel nach einhelliger Herstellermeinung ebenfalls nicht mehr fürchten: Netgear etwa geht davon aus, dass die Preise in nächster Zeit recht stabil bleiben. Auch Corinex rechnet mit stabilen Verdienstmöglichkeiten für den Fachhandel, setzt allerdings stärker als die Konkurrenz auf Elektroinstallateure: »Corinex hat im Gegensatz zu vielen anderen Marktbegleitern frühzeitig auf die Kompetenz und Fachwissen des Elektrogroßhandels gesetzt, wie zum Beispiel Sonepar und Rexel und deren Wiederverkäufer«, betont der deutsche Presse-Verantwortliche Peter Liebing. Ausreichende Margen seien gewährleistet und auch mit Beratung und weiteren Dienstleistungen könne man Geld verdienen, glaubt Liebing.
Bestärkt wird der Optimismus der Home-Plug-Hersteller von aktuellen Prognosen zum Thema Home-Networking. Die Marktforscher der amerikanischen In-Stat-Group erwarten bei jährlichen Zuwachsraten von durchschnittlich 44 Prozent bereits im Jahr 2008 weltweit über 200 Millionen vernetzte Haushalte. Bis zum Jahr 2008 prognostiziert The Diffusion Group (TDC) rund um den Globus 162,3 Millionen Heimnetzwerke mit 973,8 Millionen installierten Endgeräten. Den größten Sprung wird nach dieser Prognose Südkorea machen, wo in fünf Jahren 90 Prozent aller Haushalte vernetzt sein sollen. In den USA und in Deutschland dürfte diese Rate bei jeweils rund 40 Prozent liegen.
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Allnet GmbH
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Corinex Communications Corp Germany
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Devolo AG
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Netgear Deutschland GmbH
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