Was sich aus Kundensicht als wünschenswert darstellt, nämlich TV-Sendungen zeitversetzt dann anzusehen, wenn man gerade Zeit hat, ist für den betriebswirtschaftlich denkenden Netzbetreiber noch lang keine entschiedene Sache.
Die kommerzielle Bewertung von IPTV hängt stark vom individuellen Umfeld des Anbieters ab. Grundsätzlich gilt: Der klassische Telekommunikationsbetreiber beschreitet mit einem IPTV-Dienst Neuland.
Hier vermischen sich Kommunikations- und Unterhaltungsindustrie. Der Telekommunikationsbetreiber kooperiert mit Content-Providern, wird damit zum Anbieter von Entertainment und muss sich mit Geschäftspartnern abgeben, die er früher nur aus der Presse kannte.
Der Eintritt in neue Marktsegmente erschließt für den Provider nahezu automatisch ein höheres Umsatzpotenzial. Erfahrungen aus den ersten IPTV-Jahren zeigen, dass einzelne Netzbetreiber ihren Umsatz pro Kunde (ARPU = Average Revenue per User) um mehr als 50 Prozent steigern konnten.
Diese Tatsache ist bei den ständig fallenden Umsätzen im klassischen (Festnetz-)Telefonsegment durchaus willkommen, wenn nicht gar überlebenswichtig.
Weiterhin gilt als gesichert, dass es Endteilnehmern umso schwerer fällt den Service-Provider zu wechseln, je mehr Dienste er von ihm bezieht. Dieser Effekt wird durch einzelne Abhängigkeiten der Dienste untereinander noch zusätzlich verstärkt.
Um Triple-Play-Dienste (Telefon, TV, Internet) bereitzustellen, sind Verbindungen von mindesten 15 bis 20 MBit/s notwendig. Wenn hoch auflösendes TV hinzu kommt (HDTV), sind noch höhere Bandbreiten erforderlich.
Hat man beispielsweise nur einen einfachen Mobilfunkvertrag und möchte Geld sparen, ist es ein Leichtes, denselben Service von einem anderen Anbieter zu beziehen. Genießt man aber einen Service, bei dem man drei kostenlose Rufnummern nutzen kann, eine Walkie-Talkie-Funktion (Push-to-talk) sowie 100 SMS und zehn Klingeltöne gratis pro Monat erhält, fällt der Vergleich oder gar der Wechsel zu einem anderen Anbieter schon schwerer.
Richtig ist: Die Einführung eines IPTV-Komplettangebots erfordert beträchtliche Anfangsinvestitionen und ist daher eher für überregional tätige Service-Provider mit hohen Teilnehmerzahlen interessant.