Den Fachkräftemangel in der IT-Branche spüren viele Unternehmen. Daher ist es umso wichtiger, die eigene Vorgehensweise im Recruiting zu hinterfragen und neue Gruppen anzusprechen. Quereinsteigerinnen bilden dabei noch ein ungenutztes Potenzial.
Frauen sind in der IT stark unterrepräsentiert. Noch nicht mal jede fünfte Frau (17,5 % laut Eurostat) arbeitet in der Branche, die für viele immer noch eine reine Männerdomäne ist. „Das liegt häufig an einer völlig falschen Vorstellung von den Jobs, die die IT-Branche bietet“, sagt die Recruiting-Expertin und CPO Katharina Pratesi von der Firma Brandmonks. Sie rät daher Unternehmen, bei der Fachkräftesuche verstärkt Frauen anzusprechen und über die vielfältigen Job- und Entwicklungsmöglichkeiten aufzuklären.
Wenn die Rede vom IT-Fachkräftemangel ist, weckt das bei vielen zunächst die Assoziation, dass Unternehmen vor allem ProgrammiererInnen oder SystemadministorInnen suchen. „Das ist ein völlig falsches Bild, das die Mehrheit von der Branche hat“, meint Katharina Pratesi. „Denn es gibt zahlreiche offene IT-Stellen mit organisatorischen oder didaktischen Aufgaben. Viele Unternehmen suchen dringend IT-Projektmanager:innen oder Consultants. Und genau diese Jobs erfordern Fähigkeiten wie Kommunikationsstärke und lösungsorientiertes Handeln.“
Immer mehr Unternehmen setzen daher auf die Potenziale von Frauen und rekrutieren gezielt IT-Quereinsteigerinnen. „Frauen, die in der Personalabteilung, im Einkauf, Vertrieb, Marketing oder im Rechnungswesen aber auch im Projektmanagement tätig sind, sind ideale Kandidatinnen für einen erfolgreichen Quereinstieg“, weiß auch Michaela Stichler, Partnerin Business Manager bei SAP, die selbst als Quereinsteigerin in die IT-Branche gewechselt ist.
Um Frauen von einem Branchenwechsel zu überzeugen, rät Katharina Pratesi den EntscheiderInnen zu einer emotionaleren Ansprache als bei der Suche nach männlichen Quereinsteigern. „Frauen sind Sicherheit und Zukunftsperspektiven wichtig, all das bietet ein Job in der IT-Branche, darauf sollten Unternehmen in ihrer Ansprache unbedingt setzen“, meint Pratesi. Außerdem rät sie, beim Recruiting auf fünf Punkte zu achten:
Mit falschen Vorurteilen aufräumen: Es muss deutlich werden, dass es sich bei einem Job in der IT nicht immer um Software-Programmierung handeln muss oder um Systemadministration. Viele Frauen sind digitalaffin, haben jedoch häufig ein verzerrtes Bild von den Jobs in der IT-Branche.
Weniger ist manchmal mehr: Die Stellenbeschreibung sollte sich auf die wichtigsten Anforderungen für den Job konzentrieren und in eine verständlichen Sprache verfasst sein, die auch non-Techies verstehen. Frauen bewerben sich erfahrungsgemäß oft nur dann, wenn sie sicher sind, dass sie allen aufgeführten Anforderungen auch wirklich gerecht werden. Weniger ist in dem Fall daher manchmal mehr.
Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen: Wenn der Job Spezialkenntnisse erfordert, muss klar sein, dass diese noch erlernt werden können und die Kandidatinnen damit attraktive Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bekommen.
Gezielt weiblichen Stärken ansprechen: Frauen verfügen von Natur aus über bestimmte Eigenschaften, die in der IT-Arbeitswelt wichtig sind. Dazu gehört zum Beispiel das Koordinieren von Mitarbeitenden und Projekten, eine offene und klare Kommunikation, Empathie oder der Einsatz als Mediatorin.
Offenheit für Lösungen rund um das Thema Job und Familie: Das Thema Familie sollte ganz bewusst angesprochen werden und das Unternehmen sollte offen sein für Themen wie Familienplanung oder Kinderbetreuung. Direkte Optionen sollten angeboten werden an und es sollte auch erklärt werden, wie sich ein IT-Job mit der Familienplanung vereinbaren lässt. Denn beides ist möglich: Job und Familie.