»Wir hatten kein Technologie-, sondern ein Strategieproblem«
»Wir hatten kein Technologie-, sondern ein Strategieproblem«: Seit Januar ist Fred Seibl General Manager CDG/FPG Deutschland & Österreich bei der Kodak GmbH. Davor war der Manager elf Jahre bei Computer 2000 bzw. Tech Data in hohen Positionen im Einkauf, Marketing und Produktmanagement und fünf Jahre General Manager Consumer & Small Business bei Dell. CRN-Redakteur Armin Weiler sprach mit Fred Seibl über die Situation des Unternehmens im Umbruch.
- »Wir hatten kein Technologie-, sondern ein Strategieproblem«
- INFO
CRN: Herr Seibl, welche Ziele haben Sie sich bei Ihrem Antritt bei Kodak gesteckt?
Seibl: Ich möchte Kodak als weltgrößte Fotofirma in Deutschland weiter nach vorne bringen, besonders in der Digitalfotografie, denn daran werden wir gemessen. Wir haben ein hervorragendes Portfolio. Unser wichtigstes Ziel muss es aber sein, den Umsatz-Erfolg auch in ein gutes Margengeschäft umzumünzen.
CRN: Wie stellt sich für Sie die Situation von Kodak derzeit dar?
Seibl: Ich bin verantwortlich für den Foto-Consumer-Bereich. Hier sprechen wir von fünf Segmenten, das sind Filme, Papiere und Chemikalien, Kiosksysteme, Fotodrucker sowie Kameras. In den analogen Geschäftsbereichen waren wir schon immer führend und durch die Aufgabe von Wettbewerbern hat sich die Situation für uns weiter verbessert. In der Transformation hin zu digitalen Technologien befinden wir uns einer weit fortgeschrittenen Phase, denn unser Digitalsektor kommt jetzt auf Hochtouren. Wir setzen zum einen auf Kiosksysteme zum Fotodirektdruck; zum anderen auf Fotodrucker für zu Hause. Beides sind stark wachsende Märkte, mit Wachstumsraten von rund 150 Prozent bei den Small-Format-Printern. Sowohl bei diesen Printern als auch bei den Kiosken sind wir Marktführer in Deutschland.
CRN: Bei Digitalkameras spielt Kodak jedoch keine führende Rolle.
Seibl: Wir sehen die Kameras als wichtige Tools im Gesamtsystem. Es ist wichtig, dass wir mit innovativen Produkten für den ganzen digitalen Fotoablauf unsere Kompetenz zeigen. Außerdem sind Kameras die Basis für ein attraktives Folgegeschäft mit Thermal Media, denn nach unserem Credo steht am Ende der Kette immer das Papierbild. Es ist jedoch richtig, dass wir – was Kameras betrifft – in Europa im Gegensatz zu den USA keine marktbeherrschende Stellung haben. In den USA gehört Kodak traditionell zu den drei Marktführern.
CRN: Woran liegt das?
Seibl: Naturgemäß zögerte man etwas, um mit voller Kraft auf den digitalen Zug zu springen und man vertraute wohl zu sehr auf das analoge Business. Außerdem reduzierte sich in Deutschland der Markt schnell auf eine reine Preisdiskussion nach dem Motto »wie viele Megapixel bekomme ich für wie viel Geld«, ähnlich wie im PC-Business, wo nur Megahertz und Gigabyte, aber weniger die Marke zählt. Zudem hatten unsere Produkte wenige Alleinstellungsmerkmale. Heute unterscheiden wir uns beispielsweise durch unsere innovativen Dual-Lens-Digitalkameras. Hier ist die Nachfrage immens. Außerdem bieten wir dem Verbraucher mit dem Easy-Share- System eine Foto-Komplettlösung aus Kamera, Drucker und Software an, die durch Qualität und Einfachheit besticht und auf den Punkt kommt: Kamera auf den Drucker setzen, Knopf drücken und schon hat man das Papierbild in der Hand – dafür braucht man nicht einmal einen Computer.
CRN: Würden Sie rückblickend sagen, dass der Umstieg auf digitale Technologien zu spät erfolgte?
Seibl: Ja und nein. Die Technologie war schon sehr früh vorhanden. Immerhin meldete der Kodak- Ingenieur Steve Sasson bereits 1975 das Patent für den weltweit ersten Prototypen einer Digitalkamera an. Wir hatten kein Technologie-, sondern eher ein Strategieproblem. Seit einigen Jahren ist die Marschrichtung eindeutig. Und wir befinden uns auf der Zielgeraden. Mit digitalen Produkten und Dienstleistungen machen wir weltweit bereits mehr Umsatz als mit analogen.