Seit rund einem Jahr ist Elon Musk Eigentümer des sozialen Netzwerks, das früher als Twitter bekannt war. Die Plattform X marodiert unter Musk. Mangelnde Moderation fördert Desinformation, Hate Speech und illegale Inhalte. Die logische Konsequenz: Nutzer:innen verlassen die Plattform.
Nutzer:innen von X (ehemals Twitter) ziehen sich in Deutschland zunehmend von der Plattform zurück. Das zeigt eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Dabei wurden 1.037 Internetnutzer:innen in Deutschland ab 16 Jahren zu ihrem Nutzverhalten befragt, darunter waren auch 460 Personen, die X zumindest passiv nutzen.
Die Umfrage hat ergeben, dass mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Befragten weniger Zeit auf X verbringen, seitdem Elon Musk das Unternehmen vor etwa einem Jahr übernommen hat. Etwa ein Fünftel (19 Prozent) der aktiven Nutzer:innen hat das Posten und Teilen von Beiträgen komplett eingestellt. Ähnlich viele (22 Prozent) oder posten weniger Beiträge als vor der Musk-Übernahme. Etwas weniger als die Hälfte (48 Prozent) der Befragten verbringt ähnlich viel Zeit wie zuvor, 44 Prozent der Befragten postet auch gleich viel. Lediglich sieben Prozent der Nutzer:innen verbringt mehr Zeit auf X und postet dort auch mehr.
„Die Zunahme von Fake News und Hate Speech und der weitgehende Verzicht auf die Moderation von Inhalten bei Twitter/X wirkt auf Nutzerinnen und Nutzer zunehmend abschreckend“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „Online-Plattformen brauchen heute mehr denn je geschulte Moderatorinnen und Moderatoren, die gemeldete illegale oder regelwidrige Inhalte schnell löschen.“
Auch aktuell im Zuge des neuesten Terrorangriffs der Hamas auf Israel Anfang Oktober kam massiv Kritik gegenüber der Plattform sowie Elon Musk selbst auf. So sei in Folge der Angriffe die Anzahl an Falschmeldungen und Desinformationen auf X stark angestiegen. Ferda Ataman, Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, rief die Bundesregierung dazu auf, ihre Profile auf X zu löschen. Die Plattform sei zu einem Desinformationsnetzwerk geworden, das antisemitische und rassistische Inhalte verbreite. Auch die EU-Kommission hatte Musk ermahnt, dass er die gesetzliche Verpflichtung habe, Fake News und Desinformation auf der Plattform löschen muss. Musk, der das Moderationsteam von X entlassen hat, scheint das nicht zu stören, da er selbst bereits Accounts auf X empfohlen hat, die antisemitische Desinformation verbreiten.
Fast die Hälfte (46 Prozent) der X-Nutzerinnen ist der Ansicht, seit der Übernahme durch Elon Musk hätten Hate Speech und Desinformation zugenommen. 55 Prozent betonen aber auch, die Plattform erleichtere ihnen den Zugang zu Nachrichten und Informationen abseits des Mainstreams. Ein Drittel der Befragten will das eigene Profil auf der Plattform perspektivisch löschen, fünf Prozent haben dies aufgrund der Übernahme durch Elon Musk und den damit einhergehenden Veränderungen bereits getan. Weitere elf Prozent ziehen eine Löschung in Erwägung, sind sich aber noch nicht sicher. Die Abwanderung von X ist kein Phänomen unter privaten Nutzer:innen. Anfang Oktober 2023 hatte der Bitkom bereits in einer Umfrage von 600 Unternehmen in Deutschland gezeigt, dass immer mehr Unternehmen sich von dem Kurznachrichtendienst zurückziehen. So plane oder diskutiere ein Fünftel der Unternehmen die Löschung ihres X-Kontos.
Der Kurs, den Elon Musk mit X eingeschlagen hat, scheint in mehreren Bereichen nicht aufzugehen. Nicht nur die Abwanderung von Nutzer:innen, Firmen-Accounts oder Werbekunden, sondern auch die rechtlichen Probleme ziehen Folgen nach sich. So soll laut verschiedenen Medienberichten soll sich der Wert des Unternehmens im vergangenen Jahr mehr als halbiert haben. So wurde das damals noch Twitter heißende Unternehmen bei Musks Übernahme noch mit 44 Milliarden US-Dollar bewertet, nun sollen es nur noch 19 Milliarden Dollar sein.