Thin Client Computing - die zentralisierte Bereitstellung von Applikationen mittels schlanker, festplattenloser Endgeräte - kann im Vergleich zum Fat Client Computing (Client/Server mit Desktop-PCs) erheblich Strom sowie CO2-Ausstoß sparen. In der Praxis gilt dies aber nach wie vor nur als angenehmer Nebeneffekt. Entsprechend konzentrierten sich die meisten CeBIT-Neuheiten im TC-Umfeld auf andere Aspekte als Green IT.
Thin Clients sind für viele Einsatzfälle eine "grüne", weil Strom sparende Alternative zu
klassischen fetten PCs – das sollte sich inzwischen herumgesprochen haben. Bei der verbreitetsten
Methode der Anwendungsbereitstellung (Application Delivery), dem Server-based Computing mittels
Terminal-Services und Citrix Xenapps (vormals Presentation Server), laufen die Applikationen auf
der Serverseite, die Clients müssen nur die Verarbeitung von Eingaben und Darstellung übernehmen.
Gleiches gilt für den jüngeren, bislang weniger verbreiteten Ansatz der Desktop-Virtualisierung
mittels Vmware VDI (Virtual Desktop Infrastructure) oder Citrix Xendesktop. Deshalb kommen TCs ohne
Festplatte, mit schwacher CPU und somit auch ohne Lüfter aus. Streaming-Ansätze wie der Sun Ray
Server oder Wyse Streaming Server erfordern auf TC-Seite nicht einmal ein lokales Betriebssystem
oder Flash-Speicher.
Unter dem Strich verbrauchen TCs deshalb (inklusive Serveranteil) nur rund halb so viel Strom
wie PCs. Die Studie "Ökologischer Vergleich von PC- und Thin-Client-Arbeitsplätzen" des
Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) im Auftrag des
TC-Herstellers Igel hat dies Ende 2006 eindrucksvoll belegt. Die Nachfolgestudie "Ökologischer
Vergleich der Klimarelevanz von PC- und Thin-Client-Arbeitsplatzgeräten 2008" zeigt nun: Betrachtet
man den gesamten Gerätelebenszyklus (Material- und Energieverbrauch bei Herstellung und Logistik
über den Betrieb bis zur Entsorgung/Recycling), dann schlagen die TCs erneut und erwartungsgemäß
ihre beleibten, komponentenbeladenen Konkurrenten um Längen. Die neue Studie beleuchtet das Global
Warming Potential (GWP, also Treibhausgasrelevanz), ausgedrückt in Kilogramm CO2-Äquivalent (kg
CO2eq), von LCDs und CRT-Monitoren, Desktop-PCs, TCs und Notebooks (hier als rein stationärer
Desktop-PC-Ersatz angenommen). Das Fazit der Studie: Thin Clients liegen mit GWP-Werten von 185 kg
CO2eq und selbst unter Anrechnung des erforderlichen Serveranteils mit 554 kg CO2eq deutlich unter
der Hälfte des entsprechenden Desktop-PC-Werts (1211 kg CO2eq). Noch besser schneiden als
Desktop-Ersatz genutzte Notebooks ab: Ihr GWP-Wert lag mit 250 kg CO2eq bei nur gut einem Fünftel
des PC-Ergebnisses und nur wenig über dem reinen TC-Wert (ohne Serveranteil).
Schon im Umfeld des Berliner Green-IT-Gipfels im Februar 2008 mussten die TC-Hersteller aber
ernüchtert konstatieren, dass die Green-IT-Diskussion den schlanken PC-Alternativen nicht zu
nennenswertem Auftrieb verholfen hat (www.lan line.de/kn31415672). Die Unternehmen, da waren sich
die Anbieter einig, nehmen Stromspareffekte bestenfalls als angenehme Nebenwirkung wahr. Denn
Fat-Client-Anhänger können auch durch Verwendung der auf lange Batteriebetriebszeit ausgelegten
Notebooks beträchtlich Strom sparen.
Für Nachfrage nach grünen TCs könnten künftig Investitionen der öffentlichen Hand sorgen, sofern
strengere Beschaffungskriterien für sparsame Endgeräte zur Anwendung kommen. Die EU fordert künftig
für europaweit ausgeschriebene Projekte die US-Kriterien Energy Star 4.0 als Minimum – die
allerdings auf PCs ausgelegt sind. Zudem ist denkbar, das ökologisch engagierte IT-Leiter, die das
Optimierungspotenzial im Data Center ausgereizt haben, ihren Blick der Client-Seite zuwenden. Für
die Verbreitung am preissensiblen Consumer-Markt fehlen laut Rolf Kersten, Produktmarketingmanager
bei Sun, derzeit noch Provider-Modelle, die günstige DSL- und TC-Angebote mit gehosteten
Anwendungen kombinieren.Vorerst sind die Treiber der TC-Projekte deshalb die bekannten Vorteile:
zentrale Verwaltbarkeit, höhere Sicherheit sowie leichter umsetz- und nachweisbare Compliance. Laut
Experton-Analyst Wolfgang Schwab setzen Unternehmen, für die TCs sinnvoll sind, diese meist schon
ein. "Entsprechend erwarten wir nicht, dass Thin Clients im Zuge von Green-IT-Überlegungen massiv
adaptiert werden", folgert Schwab.
Deshalb setzten die TC-Hersteller auf der CeBIT nur nachrangig auf Green IT. So zeigte eine
Live-Demo im Green IT Village, dass ein moderner IT-Arbeitsplatz im Vergleich zu einem fünf Jahre
alten nur rund ein Drittel des Stroms verbraucht – veranschaulicht aber mittels zweier Fat Clients.
Der Fokus der Application-Delivery- und TC-Spezialisten hingegen lag auf verbessertem Management
und der Flexibilisierung der Einsatzmöglichkeiten.
SBC-Marktführer Citrix kündigte zum Beispiel an, das Management seiner diversen Lösungen mit der
Software "Workflow Studio" koordinieren zu wollen – ein dringend erforderlicher Schritt, verfügt
doch Citrix aufgrund mehrerer Zukäufe und eifriger Eigenentwicklung inzwischen über ein sehr
üppiges Portfolio (Xenapps, Xenserver, Xendesktop, Netscaler und Wanscaler, weitere Lösungen wie
SSL-Gateways und der Provisioning-Server, zudem das Citrix-Online-Business). Workflow Studio, das
laut Citrix im zweiten Quartal auf den Markt kommt, soll grafisch unterstützt eine
Workflow-gestützte Automation und damit die Orchestrierung von Citrix- sowie Drittanbieterlösungen
ermöglichen. Der Xenserver 4.1 wiederum gestatte nun die dynamische Provisionierung von virtuellen
und physischen Servern.
Vmwares VDI wird flexibler: Das zur Vmworld vorgestellte Mo-bile VDI erlaubt es, die lokal
gecachte Kopie einer virtuellen Maschine (VM) auf dem Notebook zu betreiben und beim Wiederzugang
zum Netzwerk mit der Serverseite zu synchronisieren. Mo-bile VDI kombiniert so Funktionen von VDI
mit ACE2, Vmwares Lösung für das zentrale Management von Vmware-Workstations. Ebenfalls neu ist
Scalable Virtual Images (SVI): Die Lösung soll es erlauben, Unternehmensanwendungen in ein einziges
("goldenes") Image zu packen und dieses durch die endgerätespezifischen "Linked Clones"
(Delta-Dateien) zu ergänzen. Dieser Ansatz, mit dem Vmware offenbar Citrix‘ Provisioning-Server
nacheifert, soll rund 90 Prozent Speicherplatz sparen und die schnelle Softwarebetankung tausender
Clients ermöglichen. Im "Project North Star" will der Anbieter zudem die jüngst erworbene
Thinstall-Applikationsvirtualisierungslösung ins Portfolio integrieren und somit eine weitere
Application-Delivery-Option schaffen.
Mehr Flexibilität stand auch im Fokus der TC-Anbieter: Mit dem TCX USB Virtualizer, bestehend
aus Server- und Client-Software, erhalten Benutzer von Wyse-TCs in Xendesktop- oder VDI-Umgebungen
Zugriff auf USB-1.1-/2.0-Geräte wie Drucker, Scanner, Speichergeräte und Handhelds à la Blackberry.
Ein lokaler Treiber ist nicht erforderlich. Die Software unterstützt Thin OS 6.1 und Windows XP
Embedded (XPe). Auf der CeBIT zeigte Wyse TCX Multi-Display mit der neuen G Class, die bis zu sechs
Displays unterstützt. Neben den TC-Notebooks X90L und X90Le mit 15,4- Zoll-Widescreen-Display und
XPe-Basis zeigte Wyse Session Roaming mit Smartcards und eine Diktierlösung. Auch Igel präsentierte
ein solches Szenario: Der deutsche TC-Marktführer hat die Diktierlösung Speechmike von Philips in
die Linux-Firmware integriert. Für seine TC-Display-Kombomodelle 9319 LX und 9619 XP setzt Igel
inzwischen auf die Kooperation mit dem Hersteller Samsung, der die 19-Zoll-LCD-Displays
beisteuert.