Acht S-ATA-Platten zu je 250 GByte Kapazität stellt Overlands REO in das iSCSI-SAN, lässt dabei aber noch Komfort-Features vermissen.
Große, günstige Disk-Speichersysteme drängen immer stärker auf den klassischen Tape-Library-Markt. Während die einen Hersteller darauf abzielen, mit Disk-Backup-Lösungen die Tapes ganz zu verdrängen, positionieren andere das Disk-Backup als schnelle Vorstufe zum Tape. Große Sicherungsaufträge benötigen viel Zeit, und am besten sollte sich der zu sichernde Datenbestand während der Sicherung nicht ändern. Doch nur wenige moderne IT-Infrastrukturen erlauben stundenlange Pausen der Serverapplikationen, um Backup-Prozessen Zeit für die Datenspeicherung einzuräumen. Das REO von Overland soll hier Abhilfe schaffen. Backup-Anwendungen auf den jeweiligen Servern sollen Ihre Daten zügig direkt auf Platten schreiben, und im Anschluss kann ein dezidierter Backup-Server in aller Ruhe die Daten von den Platten auf Band auslagern, ohne dabei die produktive EDV im Betrieb zu stören.
Im REO stecken acht S-ATA-Laufwerke in Hot-Swap-Einschüben mit einer Kapazität von 250 GByte pro Stück. Die Kontrolle der Laufwerke übernimmt ein S-ATA-RAID-Controller der »Escalade 8506-8« von 3Ware. Allerdings setzt der Controller in der aktuellen Implementierung seine RAID-Features nicht ein, sondern verwaltet jede Platte als Einzellaufwerk. Im REO sitzt ein herkömmliches Serverboard mit zwei CPUs von Typ Xeon. Das REO startet sein auf Linux basierendes Betriebssystem von einer internen ATA-Flashdisk. Das System enthält den iSCSI-Software-Stack von Okapi, einem iSCSI-Appliance-Hersteller, den Overland im Vergangenen Jahr aufkaufte. An der Rückseite des Gehäuses findet sich ein USB-Stick mit 16 MByte Kapazität. Dieser enthält die Basiskonfiguration des REO. Dank des Sticks kann der Verwalter die Appliance vorkonfigurieren, lange bevor er sie das erste Mal in Betrieb nimmt. Somit entfällt auch ein serielles Terminal für die Erstkonfiguration. Für die Netzwerkanbindung setzt das REO gleich drei Schnittstellen ein. Das 10/100-MBit/s-Interface dient als reiner Konfigurationsanschluss für das Web-Frontend. Für die Datenverbindungen stellt Overland zwei 1-GBit/s-Ethernet-Schnittstellen bereit. Somit lassen sich Daten- und Managementpfade gut voneinander trennen.
Hersteller: Overland
Charakteristik: iSCSI-Filer mit 8 Laufwerken à 250 GByte
Kurzbeschreibung: Das REO stellt acht physische S-ATA-Laufwerke in einem iSCSI-SAN bereit. Das Management übernehmen simple Web-Dialoge. Künftige Software-Updates sollen erweiterte Features wie RAID und flexibles Volume-Management offerieren.
Web: www.overlandstorage.com
Preis: 15000 Euro
Die relativ spartanische Konfiguration des REO übernimmt ein Web-Menü. Die HTML-Seiten dieses Menüs sichert das REO auf dem USB-Stick, so dass Anwender oder ein OEM-Nehmer sie nach den eigenen Vorstellungen anpassen können. Ein hässlicher Nebeneffekt ist dabei jedoch, dass Overland auf dem USB-Stick alle Zugänge, auch das Admin-Passwort, für das REO deutlich lesbar im Klartext sichert.
Das Hauptmenü listet die acht Platten in einer Tabelle auf. Der Administrator kann die Namen der LUNs ändern. Zu jeder LUN gibt es dann eine Liste der gültigen Initiatoren. Das REO erlaubt, dass mehrere Initiatoren eine Verbindung zu einer LUN aufbauen. Damit kann eine Maschine Backup-Daten auf einer Platte ablegen, die eine andere Maschine später liest und auf Band sichert. Dabei müssen die angebundenen Rechner dafür Sorge tragen, das Dateisystem der REO-Platten nicht zu beschädigen. Windows-Server beispielsweise können NTFS-Laufwerke nicht im Nur-Lese-Modus einbinden, doch zwei Windows-Systeme, die gemeinsam auf ein Laufwerk zugreifen, zerstören zwangsläufig das Dateisystem. Anders sieht es unter Linux aus. Hier kann ein System aktiv mit einem iSCSI-Laufwerk arbeiten, während ein zweites Linux-System diese Platte im Read-only-Modus mountet. Zusätzlich angebundene Systeme können aber auch administrative Aufgaben erledigen.
Im Test nutzte Network Computing den ASA-7211-Controller von Adaptec, um einen plattenlosen Windows-Server aufzusetzen. Mit dem neuesten BIOS und aktuellen Treibern arbeitete Adaptecs iSCSI-Adapter wie ein herkömmlicher SCSI-Controller und kann direkt über iSCSI booten. Ein zweites System griff via Linux auf das REO zu. Im Test klont das Linux-System via iSCSI die Platte des Windows-Servers. Dazu genügt der RAW-Zugriff auf zwei iSCSI-Laufwerke und das dd-Kommando. Später lässt sich das kopierte Windows-Systemlaufwerk einem anderen Server zuweisen, der – ausgerüstet mit einem ASA 7211 – davon problemlos startet.
Der Menüpunkt »Network Configuration« verwaltet die drei Netzwerkinterfaces, einen Samba-Server und die Mailkonfiguration. Noch beschränkt sich die NIC-Konfiguration auf die IP-Adressierung. Einen Dialog, um die MTU-Größe von 1500 Byte auf Jumbo-Frames mit 9000 Byte einstellen zu können, sucht man vergeblich. Linux-versierte Administratoren finden die Interface-Konfiguration in gewohntem Format auf dem USB-Stick. Dort lässt sich dann auch das Kommando MTU-Size einbauen, und schon arbeitet das REO mit Jumbo-Frames.
Bei Problemen kann das REO Nachrichten an eine vorgegebene Adresse versenden. Der Samba-Server erfüllt aktuell noch keine wesentliche Aufgabe und soll künftig wohl für Firmware-Updates dienen. Auf dem USB-Stick finden sich in den Verzeichnissen bei tieferer Suche undokumentierte Login-Konten, die den Zugang zu dem Samba-Dienst des REO erlauben.
In den Real-World Labs arbeitete das REO mit allen getesteten Initiatoren ohne Probleme. Network Computing stellte Verbindungen mit Microsofts Software-Intitiator unter Windows-2003-Server, dem Open-Source-Software-Intitiator von Cisco unter Linux sowie den Hardware-Adaptern ASA-7211 von Adaptec und Pro/1000 T von Intel her. Die einzelnen Platten erreichen Netto-Durchsätze von 35 bis 43 MByte/s, je nachdem, welcher Initiator zum Einsatz kommt. Die Funktionsweise des REO bleibt jedoch noch hinter den technischen Möglichkeiten zurück. Aktuell stellt das Gerät simpel und schnörkellos acht Laufwerke in ein iSCSI-SAN.
Laut Overland soll sich das bis zur Mitte des Jahres ändern. Der Hersteller will eine überarbeitete Version des eingebetteten Linux-Systems integrieren, welche zum einen die RAID-Features des 3Ware-Controllers nutzt und zum anderen über den Linux-LVM ein flexibleres Volume-Management ermöglicht. Ob Overland dann auch Features wie Snapshots zur Verfügung stellt, bleibt aktuell noch unklar – das Linux-System als Basis des REO böte diese Möglichkeit.
Wer schnell und simpel acht dicke Laufwerke ohne Redundanz durch RAID-1 oder 5 in ein iSCSI-SAN stellen möchte, kann jetzt schon ein REO R2000 in seine IT-Umgebung integrieren. In den Real-World Labs lief das Gerät über mehrere Wochen mit verschiedenen Initiatoren im permanenten Zugriff ohne Fehler. IT-Verwalter, die ein paar zusätzliche Dienste wie fehlertolerante Verbände und ein flexibles Volume-Management benötigen, sollten erst einmal Overlands Software-Update abwarten. Damit könnte Overland ein sehr kostengünstiges SAN-Gerät mit professionellen Storage-Management-Features anbieten. [ ast ]