Der Fachkräftemangel macht auch vor Rechtsanwaltsfachangestellten nicht halt. Während bei großen Kanzleien der Name zieht, haben kleinere und mittlere Kanzleien mitunter das Nachsehen. Eine neue KI-basierte Software des Legal-Tech-Startups Jupus zielt bewusst auf diesen Mittelstand ab.
Die Bundesanwaltskammer erhebt jährlich die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse für Rechtsanwalts- und Notarsfachangestellte. Wurden im Jahr 1998 noch 9.962 Ausbildungsverträge bundesweit abgeschlossen, ist diese Zahl über die Jahre stetig gesunken. Im Jahr 2024 waren es nurmehr 2.913. Dieser Mangel zeigt sich nun in vielen Kanzleien, die Schwierigkeiten haben, ihr Backoffice mit entsprechend geschultem Personal zu besetzen.
Dieser Ist-Situation will das Kölner Legal-Tech-Startups Jupus Abhilfe schaffen mit einer neuen KI-basierten Software. Damit soll sich der gesamte juristische Workflow automatisieren lassen: vom Erstkontakt mit Mandanten bis zur Erstellung vollständiger Schriftsätze. Da dies in weniger als einer Minute geschehen soll, spricht Jupus-Gründer René Fergen von „einer neuen Ära“. Er gründete das Startup im Januar 2022 mit dem Ziel, Kanzleien zu mehr Wirtschaftlichkeit zu verhelfen. Dabei wolle man nicht „mit der klassischen Kanzleisoftware in Konkurrenz treten. Stattdessen fügen wir uns in bestehende Prozesse ein und übernehmen den Großteil der wiederkehrenden manuellen Arbeitsschritte“, so Fergen weiter. Jupus sei mit fast allen gängigen Kanzleiprogrammen kompatibel.
Die Software digitalisiere und automatisiere vom ersten Kontakt über Website, Mail oder Telefon, über die Terminvereinbarung und Aktenanlage bis hin zur Dokumentenanalyse und Schriftsatzerstellung. Dabei erkenne das Tool laut Unternehmenangaben, um welche Rechtsthematik es gehe; es hole Informationen und Dokumente ein, die Anwält:innen für die Einschätzung und Bearbeitung des konkreten Falles benötigen. Alle Inhalte der Kommunikation laufen in der Jupus-Plattform zusammen und können durch das Kanzlei-Team bearbeitet werden. Die Lösung sei DSGVO-konform.
Auch die Mandantenkommunikation im Rahmen einer juristischen Begleitung, die letztlich eine Dienstleistung ist, soll sich durch Jupus verbessern lassen. Die Website- und Telefon-KI von Jupus soll es Betroffenen ermöglichen, ihre Anfragen direkt und zu
jeder Tageszeit zu stellen. „Für den Rechtsanwalt ist es vielleicht die vierte arbeitsrechtliche Kündigung in dieser Woche – für den Mandanten ist es die erste seines Lebens. Für die Mehrheit der Menschen ist der Moment, an dem sie sich an einen Anwalt wenden, eine Ausnahmesituation, die mit Druck und Ängsten verbunden ist“, so Fergen. Wer sich im Chat und auf der Website schon einen Eindruck verschafft habe, könne mit den richtigen Fragen und Dokumenten in das Erstgespräch starten – ohne warten zu müssen, bis die Zeit für ein Telefonat da ist.
Jupus sei laut Unternehmensangaben seit Mai 2023 bei hunderten Kanzleien bundesweit im Einsatz. Demnach übernehme das KI-Tool rund 250 Fälle täglich. Laut Jupus würden Kanzleien dadurch monatlich 70 Arbeitsstunden einsparen.
Die Jupus-Software wird als Lizenzmodell angeboten, für die Plattform fällt eine monatliche Grundgebühr pro Nutzer an. Für die optionale Online-Terminbuchungsfunktion sowie einen KI-Anrufbeantworter fallen Extrakosten an.