„Totaler Quatsch“ oder höchste Zeit?

EU diskutiert Mindestalter für Tiktok, Instagram & Co.

3. Juli 2025, 16:30 Uhr | Quelle: dpa / Redaktion: Andrea Fellmeth
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Sollten Kinder erst ab einem bestimmten Alter soziale Netzwerke wie Tiktok oder Instagram nutzen können? Diese Frage sorgt für heftige Diskussionen. Nun positioniert sich der aktuelle EU-Ratsvorsitz.

Die Debatte über ein mögliches Mindestalter für die Nutzung sozialer Medien ist jetzt auch Thema im Rat der EU-Mitgliedstaaten. Wie die dänische Europaministerin Marie Bjerre ankündigte, will ihr Land seine derzeitige EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um das Thema auf EU-Ebene voranzubringen. „Wir sehen, wie soziale Medien unsere Kinder und unser Wohlbefinden beeinflussen“, sagte sie vor Journalisten in Aarhus. Der Bereich sei wahrscheinlich der einzige, in dem sie sage, dass es mehr Regulierung brauche. 

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Umfrage zeigt: Mehrheit ist für Altersbeschränkung

In Deutschland hatte zuletzt eine repräsentative Umfrage der Meinungsforscher von Yougov ergeben, dass sich mehr als 70 Prozent der Menschen ein Mindestalter für den Zugang zu sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder Tiktok wünschen. Demnach gaben 57 Prozent der Befragten an, ein Mindestalter von 16 Jahren für die Nutzung sozialer Medien zu befürworten, 16 Prozent sprachen sich sogar für ein Mindestalter von 18 Jahren aus. 

In der deutschen Politik ist das Thema allerdings umstritten. Während sich etwa Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) für eine Altersgrenze ausspricht, argumentierte CSU-Chef Markus Söder dagegen. Er nannte die Idee gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio zuletzt „totalen Quatsch“ und „realitätsfremd“. Ein Verbot mache Tiktok, Instagram und Co. eher noch interessanter für Jugendliche und Kinder.

Befürworter von Altersgrenzen verweisen unter anderem auf das Suchtpotenzial von sozialen Medien. Sie fordern zudem verlässliche Altersnachweissysteme für Angebote mit Inhalten, die nicht für Kinder und Jugendliche geeignet sind. Die Europäische Kommission arbeitet dafür bereits an einer Verifizierungs-App. Sie soll es Onlineplattformen ermöglichen, den Zugang für Kinder und Jugendliche einfacher einzuschränken.

Gesund ist das nicht: Geschönte Selbstdarstellung wird zum Alltag

93 Prozent der Kinder und Jugendlichen ab zehn Jahren nutzen soziale Netzwerke – und sind dort pro Tag gut eineinhalb Stunden aktiv. Das hat der Digitalverband BItkom im Rahmen einer Studie im letzten Jahr ermittelt.

Die Risiken für Kinder liegen auf der Hand:

  • Ständiger Vergleich mit anderen, zum Beispiel durch idealisierte Bilder,  kann das Selbstwertgefühl starkt beeinträchtigen.
  • Stress durch ständige Erreichbarkeit: Kinder fühlen sich unter Druck gesetzt, immer online zu sein und nichts zu verpassen.
  • Permanente Ablenkung: Häufige Benachrichtigungen stören beim Lernen und erschweren längere Konzentrationsphasen.

  • Multitasking-Illusion: Zwischen Schulaufgaben und Social Media zu wechseln, kann die kognitive Leistungsfähigkeit senken.

Als ein Vorreiter beim Thema Verbot gilt Australien. Dort ist es bereits beschlossene Sache, dass Jugendliche künftig erst ab 16 Jahren Plattformen wie X, Tiktok, Facebook und Instagram nutzen dürfen.

Neben der Diskussion um eine Altersgrenze für soziale Medien steht auch die Nutzung von Handys an Schulen regelmäßig im Fokus. Einheitliche Regelungen gibt es in Deutschland jedoch nicht, da Bildung und Schulpolitik in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer fallen. 

Für ordentlich Zündstoff in der gesellschaftlichen Debatte ist also gesorgt. Vielleicht gilt – wie so oft – auch hier, was der Schweizer Arzt Paracelsus schon im 16. Jahrhundert wusste: „Die Dosis macht das Gift.“

 


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