Auf den Mobilgeräten dominieren längst Googles Android und Apples IOS, Windows Phone rangiert unter "ferner liefen". Das PC-Segment hingegen ist - allen Apple-Fanbois und Linux-Enthusiasten zum Trotz - nach wie vor ganz klar die Bastion der Windows-Geräte. Doch nachdem auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas Anbieter wie Lenovo und Acer PCs mit Googles Mobilgeräte-OS vorgestellt haben, präsentierte der langjährige Microsoft-Partner HP nun sogar einen Android-basierenden All-in-One-PC speziell für den Business-Einsatz.
Während Linux auf der Server-Seite, bei Netzwerkgeräten und Security-Appliances längst etabliert ist, schien sich die Open-Source-Software auf der Client-Seite trotz zahlreicher Anläufe nie durchsetzen zu können. Zwar gibt es prominente Ausnahmen wie etwa das Projekt Limux der Stadt München, aber überwiegend bedeutet „PC“ heute „Windows-PC“ – vor allem in den Unternehmen.
Nun scheint das Projekt „Client-Side Linux“ ausgerechnet über den Umweg des Google-Konzerns wieder in die Unternehmen zurückkehren zu wollen. Denn Googles Mobilgeräte-OS Android – obschon keine klassische Linux-Distribution – basiert schließlich auf dem Linux-Kernel: ursprünglich auf dem Kernel 2.6, inzwischen auf 3.x.
Bei Smartphones und Tablets hat sich Android längst als der Windows-Nachfolger schlechthin etabliert, und dies in mehrfacher Hinsicht. Denn Android-Geräte sind:
* ähnlich intuitiv bedienbar wie die Konkurrenzprodukte von Apple,
* dabei meist ein gutes Stück preiswerter,
* nicht zuletzt deshalb deutlich weiter verbreitet als die Geräte mit dem Apfel-Logo,
* aber dafür auch mit wesentlich größerer Angriffsfläche für Malware versehen (Windows XP lässt grüßen).
Seit einigen Monaten nimmt Android Anläufe, auch die PC-Welt – auch die Welt jenseits der tragbaren und flexiblen Hybridgeräte oder „Convertibles“ – zu erobern. So hat etwa Acer zur CES in Las Vegas mit dem TA 272 HUL einen All-in-One-PC (sprich: ein Display mit integriertem Rechner) mit 27-Zoll-Display und 2.560 x 1.440 Bildpunkten vorgestellt, konzipiert offenbar als Entertainment-Center mit hochauflösender Bildfläche. Lenovo wiederum zeigte diverse Android-Geräte, darunter zum Beispiel den deutlich handlicheren N308 mit 19-Zoll-Display, Nvidia Tegra 4 Quadcore-Prozessor und Android 4.2, explizit als PC-Ersatz positioniert.
HP wiederum stellte eine neue AiO-PC-Familie (All-in-One) vor, darunter das laut HP erste Android-Gerät, das speziell für den Unternehmenseinsatz konzipiert ist. Zur AiO-Produktfamilie zählen der Slate21 Pro AiO (mit Android) sowie der Pro One AiO in Varianten mit und ohne Touch-Display (beide mit Windows 8.1).
Mit dem Slate21 Pro AiO zielt HP auf Einsatzfälle wie den klassischen Desktop-Arbeitsplatz im Büro, aber auch auf den Bildungssektor und den Einsatz als Kiosklösung (öffentlich zugängliches Gerät für Laufkundschaft, zum Beispiel als Info-Point). Das Gerät läuft auf Android 4.3, für Android-typische Fingerbedienung sorgt ein Two-Point Touch Display in Full HD mit 21,5 Zoll (54,6 cm) Bilddiagonale. Es liefert laut HP-Angaben in einem Blickwinkel von 178 Grad scharfe Bilder. Auch in diesem Gerät werkelt ein Nvidia Tegra 4 Quad-Core-Prozessor, für Connectivity sorgen Support für 802.11 a/b/g/n-WLAN und Bluetooth 4.0, per HDMI lässt sich ein weiteres Display anschließen.
Jenseits dieser Features, die man auch von Consumer-Geräten kennt, liefert HP das Gerät mit diversen Business-Funktionen aus, darunter Cloud-Apps wie die Kingsoft Office Suite und 50 GByte Box-Speicher in der Cloud. Das als Citrix Ready zertifizierte Gerät bietet einen vorinstallierten Citrix Receiver für den Zugriff auf Windows-Anwendungen und einen ebenfalls vorinstallierten Citrix Xenmobile Client für die zentrale Verwaltung von Benutzern, Geräten und Business-Apps. In Deutschland erhältlich sein soll der Slate21 Pro AiO ab Mai 2014.
Android auf Business-PCs dürfte bei den IT-Adminstratoren gemischte Gefühle hervorrufen. Für Android spricht sicher die Vertrautheit vieler Benutzer mit der leicht bedienbaren Oberfläche sowie der Preis, da Google sein OS bekanntlich verschleudert. Googles Geschäftsmodell ist schließlich nicht der Handel mit Software, sondern der mit den Benutzerdaten.
Neben der leidigen Sicherheitsthematik – das Gros der Mobile-Malware-Bestände zielt auf Android – liegt hier der wesentliche Haken am „Business-Android“: Die Geräte bieten natürlich ab Werk Support für all die automatischen Synchronisationsfunktionen der Google-Welt, für den Schutz der Unternehmensdaten sollen dabei Benutzerprofile mit begrenzten Zugriffsrechten sorgen. Dennoch dürfte sich manch ein IT-Verantwortlicher Sorgen machen, in welchem Umfang heimlich benutzer- oder unternehmensbezogene Daten zu Googles Rechenzentren abwandern.
Böse Zungen unken bereits, eines Tages müsse man sich wohl bei Google Plus (dem vergleichsweise unpopulären Social Network des Konzerns, das dieser mit Macht in den Markt zu drücken versucht) anmelden, um auf das Netzwerk seines Unternehmens zugreifen zu können. Der Einsatz von Android im Unternehmen will also wohlüberlegt sein.
Fraglich ist allerdings, ob sich Android aus den Unternehmen überhaupt noch komplett heraushalten lässt. Apple hat es mit IOS schließlich vorgemacht, wie schnell sich ein neues Consumer-OS eine Schneise in die Unternehmens-IT bahnen kann – ob die IT es will oder nicht.