Interview mit Jabra

Gespräche im grünen Bereich

1. Juli 2025, 9:40 Uhr | Interview: Sabine Narloch
Gregor Knipper ist VP und Managing Director Central Europe bei Jabra
© Jabra

Im connect professional-Interview spricht Gregor Knipper über den Zusammenhang zwischen schlechter Tonqualität und der Wahrnehmung des Gesprächspartners. Außerdem erläutert er, wie sich die neue Version der Callcenter-Software Engage AI Complete auch zu Coaching-Zwecken nutzen lässt.

connect professional: Künstliche Intelligenz und Headsets bringt man nicht unbedingt auf den ersten Blick in Verbindung. Welche Rolle spielen KI und Algorithmen in diesem Umfeld? 
Gregor Knipper: KI oder sprachverbessernde Algorithmen setzen wir schon sehr lange in vielen unserer Produkte ein. Grundsätzlich ist ein Top-Headset von heute eine gute Kombination zwischen passiv und aktiv sprachverbessernden Komponenten. Es geht dabei einerseits darum, die Stimme des Sprechers bestmöglich zu übertragen, andererseits Tonsignale wie Hintergrundgeräusche auszublenden. Die Bauform, der Mikrofonarm, die Mikrofontechnologie, aber eben auch gute lernfähige Algorithmen sind dabei wichtig. Über Algorithmen lassen sich beispielsweise die Geräusche aus dem Hintergrund herausfiltern. Eine weitere Funktion, die KI in Headsets schon jetzt einnimmt und zukünftig immer mehr einnehmen wird, ist die Personalisierung. Das Headset lernt kontinuierlich die Präferenzen des jeweiligen Nutzers im Hinblick auf Geräuschunterdrückung oder -verstärkung und vielem mehr. Die Grenze zwischen Kommunikationsgerät und persönlichem Assistenten wird zunehmend verschwimmen. 

connect professional: Gibt es denn ein ausreichend hohes Bewusstsein für die Tonqualität im Business-Umfeld und im Speziellen bei Videokonferenzen?
Knipper: Noch ist bei diesem Punkt Luft nach oben. Viele Menschen arbeiten im Kundenkontakt, nutzen aber kein professionelles Equipment. In Video- oder Audiokonferenzen müssen wir leider immer noch häufig eine Bild- und Tonqualität ertragen, die wir bei privater Nutzung längst bemängeln oder umgehen würden.  Laptopmikrofone und -lautsprecher werden noch mehrheitlich genutzt, gewährleisten in der Regel aber nicht die ideale Tonqualität für Konferenzen. Es ist also wichtig, dass hier das Bewusstsein für eine gute Tonqualität wächst. 

connect professional: Was sind die Gründe hierfür?
Knipper: Einerseits, weil wir uns selbst nicht hören; andererseits ist die Hemmschwelle, jemandem zu sagen, dass er nicht gut klingt, offenbar groß. Es gibt eine Studie von Wissenschaftlern an der Yale-Universität, die untersucht hat, dass schlechte Tonqualität zu einer negativen Beurteilung eines solchen Sprechers oder Sprecherin führt. Schlechte Tonqualität wirkt sich direkt negativ auf unsere Glaubwürdigkeit aus. Die Studienergebnisse gehen noch einen Schritt weiter und zeigen: wer blechern klingt, wird als weniger intelligent wahrgenommen. 

connect professional: Ein Grund für Unternehmen, wieder mehr Vor-Ort-Meetings abzuhalten?
Knipper: Zu dem Schluss kommen leider viele Unternehmen, was ich sehr schade finde. Nur weil es Defizite in der technischen Ausstattung für Telefon- oder Videokonferenzen gibt, heißt das nicht, dass sich deshalb alle wieder im Büro treffen sollten. Man darf nicht vergessen, dass Videokonferenzen oftmals deutlich günstiger sind, als wenn alle anreisen müssten. Außerdem können an einer Videokonferenz leicht Personen teilnehmen, die unter normalen Umständen nicht angereist wären, so aber auch kurzfristig mit guten Impulsen die Besprechung bereichern. 

connect professional: Was kann Technik grundsätzlich leisten, um ein virtuelles Meeting zu supporten?
Knipper: Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: Zum Beispiel eine automatische Fokussierung der Kamera. Geht die Tür auf, weil jemand hereinkommt, wird derjenige herangezoomt. Geht jemand hinaus, um sich nur schnell einen Kaffee zu holen, wird nicht gezoomt. Das ist nur eine Situation, bei der sich die Meetingdynamik am richtigen Leben orientiert. Das versuchen wir mit unseren Headsets, Kameras und Speakerphones durch KI nachzubilden, damit die Akzeptanz von virtuellen Meetings größer wird. Darüber hinaus stützt eine gute Video- und Audiotechnik die Qualität von Transkriptionen, Zusammenfassungen, einer korrekten Sprechererkennung und weitere assistierende Funktionen. 

connect professional: Nun hat Jabra mit Resound eine Schwesterfirma, die Hörgeräte macht. Welche Synergien ergeben sich hier?
Knipper: Synergien gibt es viele. Bei Hörgeräten geht es zum Beispiel um Miniaturisierung. Je kleiner das Audiogerät, desto weniger Platz bleibt für Mikros oder auch einen Akku. Wir sprechen im Zusammenhang mit Hörgeräten gerne von dem „Party-Problem “: Man steht in einer Bar und ist von einer Vielzahl an Geräuschen umgeben, will aber Person A zuhören. Im Hörgerät ist ein Chip verbaut, der erkennt, dass der Hörgerätträger seinen Kopf zu Person A neigt. Die Audiosignale von Person A werden verstärkt. Nun kann man noch einen zweiten Chip einbauen, auf dem trainierte Sätze gespeichert sind. So wurde das zum Beispiel beim Hörgerät Vivia von ReSound gemacht: Darin ist ein Deep Neural Network (DNN) Chip mit 13,5 Millionen aufgesprochenen Sätzen verbaut. Nun arbeiten die beiden Chips quasi im Duett: Damit lässt sich die Trefferwahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Hörgerätträger das Gesagte korrekt und in guter Tonqualität hört.  Solche Technologien sind künftig auch für Headsets denkbar. Am Ende geht es darum, aus der Umgebung das herauszufiltern, was der Träger tatsächlich hören möchte. Im Beispiel ist das Person A in einer vollen Cocktailbar.

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