Die Switch-Hersteller widmen sich mit neuem Schwung dem KMU-Marktsegment (kleine und mittelgroße Unternehmen) - und das, obwohl hier nur schwerlich 10-GBit/s-Boliden und oft nicht einmal Gigabit-Ethernet-Switches an den Mann zu bringen sind. Doch angesichts zunehmender Akzeptanz von Wireless LANs und Voice over IP hoffen die Anbieter, dass viele Anwenderunternehmen - darunter eben auch die kleineren - nun auf sichere, verwaltbare und mit PoE (Power over Ethernet) ausgestattete Switches aufrüsten werden.
Während sich das WLAN (Wireless LAN) als flexible Anbindungsform bereits nach kurzer Zeit
deutlicher Beliebtheit erfreute, findet inzwischen nach erheblich längerer Anlaufphase auch VoIP
(Voice over IP) bei der breiten Masse der Unternehmen mehr Zuspruch, vor allem als
Kostensenkungsmaßnahme gegenüber klassischer Telefonie. Damit sind weder WLANs noch VoIP heute
Highend-Anwendungen, die sich nur die "oberen 10.000" der Großunternehmen leisten könnten.
Innovationen wie diese sind vielmehr auch für mittelgroße Betriebe und Kleinunternehmen reizvoll –
selbst für technisch weniger innovationsfreudige. Doch die Erweiterung des Unternehmens-LANs um
Anbauten wie WLAN und VoIP brockt der IT-Abteilung beziehungsweise dem Administrator auch einige
zusätzliche Arbeit ein: beide Techniken aufgrund potenzieller zusätzlicher Sicherheitsprobleme,
VoIP zudem durch Fragen, wie sich die Dienstgüte des Sprachverkehrs (Quality of Service, QoS) durch
Maßnahmen wie Traffic-Shaping (Verkehrsflusssteuerung) und Priorisierung garantieren lässt.
Wo bislang ein schlichter Unmanaged-Layer-2-Switch anstandslos alle anfallende Vernetzungsarbeit
verrichtete, sind deshalb heute vielerorts intelligentere – also verwaltbare – Geräte gefragt.
Diese müssen zumindest die grundlegenden Traffic-Management- und Security-Mechanismen unterstützen:
neben QoS zum Beispiel auch VLANs (Virtual LANs) zur Trennung von Verkehrsströmen und den
Authentifizierungsstandard IEEE 802.1x für die flexible Einwahl von Anwendern. Sollen Endgeräte wie
VoIP-Telefone oder WLAN-Access-Points zudem gleich über das Netzwerkkabel ihren Strom beziehen,
dann steht bei der Switch-Erneuerung zudem PoE (Power over Ethernet) mit auf der Wunschliste.
Erschwerend kommt hinzu, dass gerade in Kleinbetrieben als Administrator häufig lediglich ein
Mitarbeiter fungiert, der zu offen Interesse an Computern bekundet hat und deshalb nun die
Netzwerkdinge "nebenbei" noch miterledigen muss. Im Hinblick auf Switches bedeutet dies, dass die
Managed Switches einfach und intuitiv zu bedienen sein müssen, statt den nebenberuflichen
Administrator mit kryptischen Command- Line-Befehlen zu konfrontieren.
Die Anbieterschaft hat das Potenzial dieses Marktes längst erkannt. "Wir stellen fest", so
Seamus Crehan, auf Switches spezialisierter Analyst beim Marktforschungshaus Dell’Oro Group, "dass
eine Reihe von Ethernet-Switch-Anbietern sich auf kleinere Unternehmen (mit weniger als 250
Mitarbeitern) konzentriert, um das Wachstum bei den Port-Lieferungen zusätzlich zu steigern." Diese
Entwicklung zeigt sich nicht zuletzt in Ciscos Vermarktung eines eigenen KMU-Portfolios seit
September 2005 (siehe "Rundum-Sorglos-Paket von Cisco", LANline 10/2005, Seite 14) jenseits des
unter der Marke Linksys vertriebenen SOHO-Sortiments (Small Office/Home Office): "Die Cisco
Business Communications Solution BCS", so Hilmar Bald, Vertriebsleiter Mittelstandskunden bei
Cisco, "adressiert den Bedarf kleiner und mittlerer Unternehmen mit 20 bis 250 Mitarbeitern, lässt
sich aber auch auf Firmengrößen mit bis zu 1500 Mitarbeitern skalieren." Mit der Lösungsfamilie
Link-sys One hat der Hersteller außerdem im November ein Lowend-Angebot nachgeschoben, das sein
Portfolio nach unten abrundet. Linksys One zielt auf Unternehmen mit fünf bis 50 Mitarbeitern.
Anfang Februar hat Cisco für diese Switch-Familie neue Geräte mit bis zu 48 Gigabit-Ports
vorgestellt, die per Webinterface und SNMP verwaltbar sind.
Marktbeobachter Crehan sieht die hohe Erwartung der Anbieter in diesem Segment durchaus als
gerechtfertigt: "Der SMB-Markt (Small and Medium Business, KMU) wird voraussichtlich weiterhin
schneller wachsen als der Gesamtmarkt für Ethernet-Switches", orakelt er mit Blick auf den
weltweiten Switch-Absatz. Laut Crehan ist bei KMU-Netzwerkgeräten heute vor allem ein intelligentes
Feature-Set gefragt, während ein Upgrade der Bandbreite weniger drängend erscheint. "Wir glauben,
dass nach wie vor eine große Zahl von Anwendern Upgrades nur wegen der Features vornimmt und nicht
wegen der Geschwindigkeit", stellte der Dell’Oro-Analyst Ende 2005 fest.
Angesichts der Erwartung rückläufiger Verkäufe von 10/100-MBit/s-Switches (sowohl nach Umsatz
als auch nach abgesetzten Ports gerechnet) prophezeit er: "Es ist zu erwarten, dass Gigabit
Ethernet weiterhin stark zulegt, aber Fast Ethernet wird nach wie vor den Großteil der verkauften
Ports in diesem Bereich ausmachen."
Der Funktionsumfang der Ethernet-Switches werde weiter wachsen, damit die Geräte den
Konvergenzanforderungen gerecht werden können: "Unmanaged Switches werden sich wohl zunehmend in
Richtung ’smarter‘ Switches bewegen, also grundlegende Management-Features bei geringem Aufpreis
gegenüber nicht verwaltbaren Switches liefern." Denn neben Features für Quality of Service und
Power over Ethernet sowie einfacher Bedienbarkeit sei ein weiterer wichtiger Entscheidungsfaktor in
diesem preisempfindlichen Segment nach wie vor der Endpreis des Geräts.
Auf diese Marktanforderungen haben inzwischen praktisch alle namhaften Switch-Hersteller mit
Switches reagiert, die speziell an den komplexer werdenden Bedürfnissen kleinerer
Anwenderunternehmen ausgerichtet sind: Lowend- beziehungsweise KMU-orientierte Switches tragen
immer öfter ein "Managed" oder – wie zum Beispiel bei Netgear – ein "Smart" im Namen. Dank
Default-Einstellungen und Plug-and-Play-Funktionen lassen sich derlei Switches schnell in Betrieb
nehmen. Die Geräte bieten je nach Hersteller diverse hilfreiche LEDs, um den Port-Status sofort
sichtbar zu machen. Mit den KMU-spezifischen Switches der Catalyst-Express-Familie ist Cisco sogar
von seiner branchenweit als Quasi-Standard akzeptierten CLI (Command Line Interface) abgerückt und
auf ein Webinterface umgeschwenkt. Die Switches der Catalyst-Express-Familie geben außerdem mehrere
Security-Stufen vor, um dem (potenziell nebenberuflichen) Administrator die Einrichtung eines
sicheren Netzes zu erleichtern. Ein "Smartports Advisor" erkennt laut Hersteller zudem
angeschlossene Cisco-Geräte automatisch, entdeckt Fehlkonfigurationen und schlägt
Korrekturmaßnahmen vor. Dell’Oro-Analyst Crehan weist darauf hin, dass Cisco auch mit einem
US-Listenpreis von unter 20 Dollar pro Port nun in Segmente eindringt, in denen bislang Anbieter
wie 3Com oder HP Procurve dominieren.
PoE-fähige Geräte finden sich inzwischen ebenfalls in praktisch jeder Switch-Familie, und dies
mit einem immer weiter schrumpfenden Aufpreis. Seitens HP Procurve, der Netzwerksparte von
Hewlett-Packard, verlautet sogar, man wolle PoE zum Standard-Feature der Switches machen – ganz
ohne Aufpreis gegenüber Non-PoE-Geräten.
Vertreter der hier zu Lande tätigen Switch-Anbieter legen in ihrer Einschätzung des deutschen
KMU-Markts sehr große Übereinstimmung an den Tag. Sie teilen die oben beschrieben Markteinschätzung
weitestgehend und setzen entsprechend große Hoffnung auf den Upgrade-Bedarf kleiner und
mittelgroßer Unternehmen: "Aufgrund der Kaufzurückhaltung in der Vergangenheit erwarten wir in den
kommenden zwei Jahren im KMU-Segment steigende Investitionen", so Stephen Rommel, Business
Development Manager bei HP Procurve. Hilmar Bald berichtet, wie dabei die Prioritäten verteilt
sind: "Eine von Cisco in Auftrag gegebene Untersuchung vom September 2005 hat gezeigt, dass von 100
befragten Firmen in Deutschland 80 Prozent Netzwerksicherheit als heutzutage unbedingt notwendig
sehen. Mit 64 Prozent folgt ein schneller, breitbandiger Internetzugang, mit 58 Prozent Fernzugriff
auf das Netzwerk, mit 54 Prozent Speicherung/ Backup von Daten und mit 43 Prozent PC-Netzwerke. Für
alle diese Bereiche spielen Switches eine wichtige Rolle."
Der deutsche Kleinbetrieb oder Mittelständler stellt heute deshalb, so die einhellige Meinung
unter den Herstellern, deutlich höhere Ansprüche an sein Netzwerk: "Eine Reihe von
Anwendungsszenarien, die bis vor kurzer Zeit den Enterprise-Infrastrukturen vorbehalten waren,
haben sich den Weg in die KMU gebahnt und fordern ihre Daseinsberechtigung auch dort ein", so
Siegbert Werner, Sales Manager VAR Central Europe bei Netgear mit Blick auf VoIP. Für
VoIP-Szenarien im KMU "bietet ein Unmanaged Switch zu wenige Funktionen und ein Managed Switch zu
viele," so Dietmar Kirsch, Sales Director Deutschland und Schweiz bei Allied Telesyn. "Genau in
diesem Fall ist ein Smart Switch die optimale Lösung, besonders wenn ein Unternehmen über mehrere
Niederlassungen verfügt und ein zentrales Netzwerkmanagement benötigt." Smart Switches, so ergänzt
Netgear-Vertriebsmann Werner, "stellen dem Administrator die wichtigsten Funktionen wie QoS,
Spanning Tree, Port Trunking oder VLAN-Management über eine leicht bedienbare Weboberfläche zur
Verfügung."
Laut Stephen Rommel von HP Procurve drückt die Unternehmen der Schuh aber auch beim leidigen
Thema Security: "Der wichtigste Treiber sind die gestiegenen Sicherheitsanforderungen, die auf neue
Techniken wie VoIP oder WLAN und verschärfte Vorschriften wie Basel II zurückzuführen sind.
Unternehmen verlangen daher immer stärker nach Sicherheitslösungen, die direkt in die
Netzwerkinfrastruktur integriert sind." Ein weiterer wichtiger Faktor sei die gestiegene Mobilität
der Anwender. Dies äußert sich Switch-seitig in der Anforderung nach der Unterstützung von
standardkonformen Authentifizierungsmechanismen, hier insbesondere IEEE 802.1x.
Neben Netzwerkmanagement und -sicherheit pochen die Interessenten laut Siegbert Werner von
Netgear auch auf einige hardwarenahe Aspekte: "PoE-Anschlüsse, Fiber-Uplink- und Stacking-Ports
sind schon lange keine Luxuskomponenten mehr, sondern werden ganz im Gegenteil aktiv von unseren
Partnern und deren Kunden nachgefragt." Einige Anbieter vermuten auch Bedarf an mehr Bandbreite im
KMU, zum Beispiel Mike Lange, D-Links Manager Business Development & Product Marketing: "
Zuwachsraten sind im Gigabit-Ethernet-Bereich zu erwarten." Dies gelte sowohl für die Unmanaged-
als auch für die Managed-Geräte.