VDSL-Technik nicht nur für Carrier

Breitbandig über Zweidrahtverkabelung

16. März 2008, 23:00 Uhr | Heimo Adamski/pf Heimo Adamski ist Regional Direktor für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei SMC Networks.

In größeren Städten Deutschlands stehen heute bereits VDSL-Internetanschlüsse mit einer Datenrate von bis zu 50 MBit/s zur Verfügung. Doch VDSL (Very High Bit Rate Digital Subscriber Line) beziehungsweise VDSL2 als neueste Version dieser standardisierten Übertragungstechnik eignet sich nicht nur für breitbandige Internetzugänge. Die Technik ermöglicht auch leistungsfähige Datenvernetzungen in lokalen Umgebungen mit bestehender (Zweidraht-)Telefonverkabelung - eine Alternative zur Ethernet-Verkabelung beispielsweise für den Campus, für Krankenhäuser oder auch für große Mietshäuser.

Während traditionelles ADSL für die meisten Datenanwendungen ausreichend ist, sind für
Multimediaanwendungen (Unterhaltung, Video etc.) sowie für Full-Service-Zugangsnetzwerke (Daten,
Sprache und Video) höhere Datenraten nötig als bisher. Daher nimmt die VDSL-Technik eine immer
bedeutendere Rolle ein, weil sie neue und interessante Dienste durch die Bereitstellung der
notwendigen Bandbreite über herkömmliche (POTS-)Zweidraht-Kupferkabel (Plain Old Telephone Service)
ermöglicht.

VDSL ist dabei mehr als eine "Carrier-Technik". Vielmehr ist das zugrunde liegenden
Übertragungsverfahren auch gut geeignet, LAN-Infrastrukturen dort zu implementieren, wo
herkömmliche Ethernet-Lösungen an ihre Grenzen stoßen. So kann die VDSL-Technik unter Nutzung der
vorhandenen Kategorie-1-, -2- oder -3-Kabel Breitbandverbindungen selbst für Entfernungen von über
1500 Metern gewährleisten. Diese Lösung vermeidet durch die Bereitstellung eines Voice- und
Datenzugangs auf der gleichen Leitung (zum Beispiel POTS) die anderenfalls notwendige
Neuverkabelung.

VDSL ist eine xDSL-Technik, die Datenübertragungsraten bis zu 52 MBit/s (200 MBit/s mit VDSL2
Vollduplex) über eine einzige verdrillte Leitung bietet. Ebenso wie bei ADSL können VDSL und ein
Schmalbandsprachkanal im Kupferdraht nebeneinander bestehen. Die hohe Leistung von VDSL ergibt sich
aus einem Zusammenspiel von Kupferdraht- und LWL-Technik (Lichtwellenleiter), indem VDSL die
kostengünstige und breite geografische Abdeckung von Kupferdrahtinfrastrukturen mit den
Hochgeschwindigkeitsfähigkeiten von Glasfaserkabeln verbindet.

Reichweiten und Übertragungsraten

Aufgrund der Entfernungsbeschränkungen erstreckt sich VDSL nicht bis zur Hauptstelle, sondern es
sollte an einem "Optical-Network-Unit"-Knoten (ONU) enden, der typischerweise zwischen 0,3 und 1,5
Kilometer vom Zugangspunkt des Kunden entfernt ist. Der ONU befindet sich im Kupferzugangsnetz und
ist durch eine Glasfaserverbindung mit der Hauptstelle verbunden. VDSL2 (ITU-T G.993.2) hingegen
stellt eine Verbesserung von VDSL dar und erlaubt über verdrillte Leitungen die Übertragung von
asymmetrischen und symmetrischen (Vollduplex)-Datenraten bis zu 200 MBit/s. Diese
Leistungsfähigkeit reduziert sich jedoch bereits auf 100 MBit/s bei einem halben Kilometer bis hin
zu 50 MBit/s bei einem Kilometer Entfernung. Bei noch größeren Distanzen verringert sich die
Übertragungsrate weiter, übertrifft jedoch immer noch die von VDSL. Ab etwa 1600 Metern ist die
Leistung von VDSL2 vergleichbar mit der von ADSL2+.

Wie ADSL benutzt VDSL das höherfrequente Spektrum, das über dem in Standardkupferkabeln für
analoge (POTS) oder digitale (ISDN) Telefondienste verwendeten Frequenzbereich liegt. Das Basisband
für POTS und ISDN ist durch die Verwendung von passiven Filtern gewährleistet, die als Splitter
bekannt sind. Diese Technik ermöglicht es Telefongesellschaften, vorhandene Kupferinfrastrukturen
zu benutzen, um Breitbandservices über dieselben physischen Leitungen zu liefern. Der Bereich für
das VDSL-/VDSL2-Spektrum ist auf 30 MHz festgelegt. Die tatsächliche spektrale Zuordnung variiert
jedoch je nach Leitungsraten und ist abhängig davon, ob asymmetrische oder symmetrische
Übertragungen zum Einsatz kommen oder nicht. Im Vergleich mit den Frequenzbereichen, die zum
Beispiel für ADSL2+ zur Verfügung stehen, sieht der VDSL2-Standard eine breitere und flexiblere
Aufteilung der Frequenzbereiche für vor- und nachgeschaltete Bandbreite vor.

Während ADSL nur sehr wenig Flexibilität in Bezug auf Anwendungen erlaubt, können Designer VDSL2
für sehr unterschiedliche Applikationen nutzen. Sie verwenden lediglich die geeignete Profil- und
Spektrumszuteilung (Bandplan) auf der Basis des relativen Bedarfs für eine "Upstream-? und "
Downstream-?Bandbreite – bezogen auf die jeweilige Anwendung sowie die zurückzulegende Distanz.

Heute ist Ethernet (einschließlich seiner schnelleren Varianten) eindeutig die
marktbeherrschende LAN-Technik. In vielen Gebieten migrieren regionale Netzwerke und Local Loops
ebenfalls zur (Gigabit-)Ethernet-Technik. Hier ermöglicht VDSL als LAN-Technik den
Hochgeschwindigkeitszugang sowie zahlreiche neue Mehrwertanwendungen. Außerdem erlaubt es diese
Technik Service-Providern, neue, attraktiveDienste und Geschäftsmodelle zu schaffen.

VDSL als LAN-Technik

LAN auf VDSL-Basis bietet eine alternative, vergleichsweise kostengünstige Lösung des Netzwerk-
beziehungsweise Internetzugangs für Gebäude mit mehreren Einheiten sowie für Enterprise-Umgebungen
wie etwa Krankenhäuser, Universitäten oder Produktionsstätten. Die VDSL-/VDSL2-Technik, die
ursprünglich für Telefongesellschaften und Carrier entwickelt wurde, lässt sich heute effektiv als
LAN-Technik einsetzen. VDSL-LAN-Lösungen bestehen typischerweise aus einer Switch-Plattform und
VDSL-Transporttechnik einschließlich Central-Site-Splittern sowie CPEs (Customer Premises
Equipment) zur Installation an den entfernt liegenden Standorten.

Der Switch empfängt Ethernet-Datensignale am Uplink-Port und leitet die Frames über die internen
Ethernet-Ports und die entsprechenden Schnittstellen an den Splitter weiter. Letzterer ist zum
Einsatz bei Lösungen gedacht, die ein TK-System (PBX) vor Ort einschließen. Um sicherzustellen,
dass der POTS-Service niemals durch den Ausfall oder die Neukonfigurierung eines Switches
beeinträchtigt wird, ermöglicht der Splitter die Koexistenz von VDSL und POTS auf der gleichen
Kupfer-(Telefon-)Leitung.

Die neueren VDSL2-basierenden Switches verbinden oft die Funktionalität eines Switches der
Enterprise-/ISP-Klasse mit einem integrierten Splitter in einem einzigen Gerät. Das CPE bietet
Ethernet- und Voice-Anschluss am entfernten Standort. Es lässt sich beispielsweise in jedem Raum
eines Mietshauses, einer Universität, eines Krankenhauses oder einer Produktionsanlage
installieren. Das CPE bietet üblicherweise einen RJ-45-Ethernet-Anschluss und zwei
RJ-11-Steckverbinder – je einen für die Telefonbuchse in der Wand sowie für ein Telefon. Das
CPE-Gerät verbindet dabei den LAN-Datenverkehr beziehungsweise das Ethernet und splittet
gleichzeitig den LAN- und den POTS-Datenverkehr.


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