Buyer’s Guide: Network-Attached-Storage – Von den Funktionen her unterscheiden sich die zahlreichen auf dem Markt erhältlichen Storage-Appliances kaum voneinander – die Komponenten und das verwendete Betriebssystem machen die Differenz.
Vor zwanzig Jahren benötigte ein Systemintegrator Soft- und Hardware im Wert von mehreren Zehntausend Mark, um einer kleinen Arbeitsgruppe ein gemeinsames Laufwerk »F:« mit »riesigen« 40 MByte Speichervolumen einzurichten. Dazu kamen selbstverständlich noch ein paar Tausend Mark für die vielen Arbeitsstunden der Servicetechniker.
Heute gibt es fertige NAS-Filer in allen Größen, Farben und Formen. Heimanwender nutzen kleine Geräte ab 80 GByte mit einzelnen Laufwerken, während sich die Top-100 der Branche Hunderte von Laufwerken mit mehreren Dutzend Terabytes direkt in das LAN einbauen lassen. Vom Prinzip her sind alle Geräte gleich: Sie beherbergen Platten, irgendeine Form von vorkonfiguriertem Betriebssystem mit Dateisystem, IP-Stack und den passenden Netzwerkprotokollen. Selbstverständlich gibt es einige gravierende Funktionsunterschiede zwischen dem Disconter-NAS und der millionenschweren Speichereinheit mit n-fach redundanten Filerheads. Bei genauer Betrachtung findet der fachkundige IT-Manager aber auch eine ganze Serie von Unterschieden bei Geräten, die eigentlich in der gleichen Klasse spielen sollten.
Die Platten
Gerade bei NAS-Filern liegen die günstigen S-ATA-Laufwerke voll im Trend. Das verwundert kaum, befinden sich die Preise eines 500-GByte-S-ATA-Laufwerks heute bei lächerlichen 100 Euro, während ein SCSI/SAS/FC-Enterprise-Laufwerk mit 300 GByte um die 500 Euro kostet. In Sachen Performance muss ein NAS-Filer in den seltensten Fällen Spitzenwerte erreichen, und die Fläschenhälse bei der Datenübertragung finden sich eher beim Netzwerkprotokoll oder dem Client als in der Laufwerks-Hardware. Daher genügen S-ATA-Platten in der Regel, und auch der schärfste ATA-Gegner muss mittlerweile eingestehen, dass die Ausfallquote der billigen Platten immer stärker zurückgeht. Für die meisten Einsatzgebiete werden S-ATA-Laufwerke genügen, wenn der Controller dazu paßt.
Die Plattensteuerung
Viele Controller führen zum fehlertoleranten Platten-Array. Für kleine NAS-Appliances mit zwei Platten genügen auch passive Adapter. Moderne CPUs haben in der Regel ausreichend Leistungsreserven, um simple Spiegelungen per Software zu fahren. Ab drei und mehr Platten empfiehlt sich dann jedoch der Einsatz eines Raid-Controllers. Bislang setzten Verbände mit fünf und mehr Laufwerken auf das Raid-Level-5 in Verbindung mit einer Spare-Platte. Diese Konfiguration birgt Gefahren. Fällt ein Laufwerk aus, stellt der Controller die verlorenen Daten wieder her und sichert diese auf das Spare-Laufwerk. Kommt es während dieses Prozesses zu einem weiteren Ausfall, gehen Daten verloren, und das Array lässt sich nicht wiederherstellen. Moderne NAS-Filer sollten daher das Raid-Level-6 verwenden, welches die Redundanz auf zwei Platten verteilt. So können zwei Laufwerke im Array ausfallen, ohne dass den Daten Schaden entsteht.
Einige günstige NAS-Appliances erreichen das Raid-Level-6 jedoch nur über passive Adapter und die Paritätsberechung in der Software. Das kostet in der Praxis jedoch sehr viel Zeit und sorgt für langsame Durchsätze, insbesondere beim Schreiben. Raid-6-taugliche Speicher-Appliances sollten in jedem Fall über einen Raid-Controller verfügen, welcher der CPU die Paritätsberechnung abnimmt.
Bei NAS mit S-ATA-Laufwerken bleibt dem Administrator die Wahl zwischen einem SAS- und einem S-ATA-Raid-Controller. Reine S-ATA-Controller fallen günstiger aus, limitieren aber die Zahl der Laufwerke auf 4, 8, 12 oder 16. Ein SAS-Controller hingegen kann mit wenigen physischen Ports über Hubs mehr Laufwerke oder auch externe Jbods ansprechen. Der teurere SAS-Raid-Controller hält dem Systemverwalter damit die Option offen, sein NAS zu einem späteren Zeitpunkt zu erweitern. Größere Appliances offerieren hierfür auch optionale Schnittstellen mit FC oder SCSI.
Ein möglichst großer, batteriegepufferter Cache auf dem Raid-Controller ist übrigens gar nicht so wichtig, wie es manche Hersteller propagieren. Schließlich cached eine NAS-Appliance einen Großteil der Daten im Hauptspeicher des steuernden PCs über das Dateisystem, was im Endeffekt effizienter arbeitet als der Block-Cache des Controllers. Daher gehört aber auch das komplette NAS-Gerät mit einer USV abgesichert. Es nutzt wenig, wenn der Inhalt des Controllercaches einen Stromausfall überlebt, aber die im Hauptspeicher gecachten Daten verloren gehen.
Das Betriebssystem
Da bei den Platten und Controllern so ziemlich alle NAS-Hersteller auf die gleichen Komponenten zurückgreifen, läßt das Betriebssystem der Appliance Raum zur Differenzierung. Gerade bei den mittelgroßen Lösungen setzen viele Hersteller auf den Windows-2003-Storage-Server. Diese Version des Windows-Servers kommt mit integrierten NFS-Diensten und dem iSCSI-Target von Microsoft. Eine Appliance mit dieser Software-Variante gliedert sich nahtlos in bestehende Windows-Netzwerke ein. Dabei übernimmt sie das Active-Directory und kann ihre Speicherressourcen in bestehende DFS-Verzeichnisbäume einblenden. Auch reguläre Backup-Anwendungen lassen sich auf dem Storage-Server nutzen. Im Gegenzug gehört der Windows-2003-Storage-Server nicht gerade zu den schnellsten Betriebssystemen für NAS-Filer. Viel mehr als einen Netto-Durchsatz im Bereich von 50 MByte/s darf der Administrator nicht von einem auf Windows basierendem NAS erwarten. Der Mix aus Blockdiensten mit iSCSI und File-Diensten mit SMB/CIFS und NFS erlaubt kein optimiertes Caching für einen der Dienste.
Viele Hersteller setzen daher auf angepasste Linux- oder BSD-Versionen innerhalb des Filers. Die Open-Source-Systeme erfordern keinen ausgewachsenen Windows-fähigen PC, sondern arbeiten auch mit verschiedenen Risc-Plattformen wie Power-PC oder Strongarm. Ein angepasster Linux-Kernel kommt mit recht wenig Hauptspeicher aus, so dass die Dateidienste den Großteil des RAMs für das Caching benutzen können. Linux-Filer verwenden das freie ext3- oder das XFS-Dateisystem von SGI. Beide laufen in der Praxis schneller als NTFS und XFS offerieren mehr Sicherheit.
Trotz Linux lassen sich diese NAS-Geräte in Windows-Netzwerke integrieren. Dank der neuen Samba-Version arbeiten die Filer als Member innerhalb einer NT-Domain oder eines Active-Directory-Trees.
Das Management
Ein wesentlicher Schwachpunkt nahezu aller NAS-Filer ist das Management-Interface. Zwar lassen sich die üblichen Web-Dialoge leicht bedienen, aber es gibt keine einheitliche Konfigurationsschnittstelle auf NAS-Filern verschiedener Hersteller. Das NAS-Management funktioniert also immer als proprietäre Lösung, die sich nicht oder nur sehr schlecht in bestehende Managementstrukturen einbinden läßt. In diesem Bereich kann der Windows-Storage-Server-2003 gegenüber den Linux-/BSD-Systemen punkten. Er funktioniert wie ein herkömmlicher Windows-Server und lässt sich daher mit einer beliebigen Windows-Management-Software steuern. Die auf Linux basierenden NAS-Geräte halten den Verwalter in der Regel von der Kommandozeile fern und erlauben daher nicht, eigene Software nachzuinstallieren.
Auch bei zusätzlichen Funktionen erweist sich der Windows-Storage-Server als flexible Lösung. Der Verwalter kann auf Windows-NAS-Filern eigene Backup-Programme- oder -Client-Dienste einrichten und somit das NAS in eine bestehende Backup-Installation integrieren. Zudem gibt es die Snapshot-Funktion über das Microsoft-VSS.
Gerade den günstigen Linux-Filern fehlt die Option, eigene Backup-Tools nachzuinstallieren. Vereinzelt offerieren die NAS-Hersteller Backup-Tools als Option. Die passen dabei aber nicht unbedingt zur bestehenden Backup-Lösung des Unternehmens. Snapshot-Dienste integrieren die Linux-Filer in der Regel über den LVM2.
Zusammengefasst offerieren NAS-Filer mit Windows-Storage-Server-2003 mehr Flexibilität bei Funktion und Management, liefern dafür aber weniger Performance zu höheren Preisen. Auf Linux oder BSD basierende NAS-Filer arbeiten schneller und kostengünstiger, lassen jedoch einige Funktionen und Optionen auf zusätzliche Software vermissen.
Fazit: Viele verschiedene Faktoren machen einen guten oder schlechten Filer aus. Vor dem Kauf muss der Verwalter die Aufgaben einer NAS-Appliance richtig definieren und dann nach den Auswahlkriterien Preis, Stabilität, Skalierbarkeit, Performance, Verwaltbarkeit und Integrationsfähigkeit die passende Lösung wählen. Leider gibt es bislang noch kein Gerät auf dem Markt, welches in allen Kategorien voll punkten kann. Der Administrator muss daher den für ihn passenden Kompromiss finden.
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