6. März 2012, 7:00 Uhr |
Alexander Klink/wg, Director Systems Consulting bei Quest.
Seit Jahren sehen sich CIOs und IT-Manager einem wachsenden Kostendruck gegenüber. Trotz der Sparmaßnahmen macht die Experton Group IT-Investitionen aus, die Unternehmen tätigen müssen, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können ("2012: The 10 CIO Priorities", Januar 2012). Zu den Prioritäten des Analystenhauses zählen auch die Entwicklung von Cloud-Strategien und die Einführung von Cloud-Lösungen. Doch viele Unternehmen sind noch nicht darauf vorbereitet, alle Applikationen und Daten in die Cloud zu migrieren.
In den meisten Fällen sind CRM- und Business-Intelligence-Systeme ebenso historisch gewachsen wie manche Legacy-Datenbanken, deren Austausch nur mit größter Sorgfalt vonstatten gehen kann. In einem sind sich die Unternehmen allerdings einig: Einen Teil ihrer Anwendungen werden sie in virtuelle Umgebungen oder die Cloud portieren. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: zum einen signifikante Kosteneinsparungen, zum anderen eine Entlastung der IT-Ressourcen. Doch welche Anwendungen eignen sich für eine Migration in eine virtuelle oder Cloud-Umgebung? Und wie lässt sich eine erfolgreiche Portierung realisieren?
Unternehmen, die ihre Anwendungen vom lokalen („On Premises“-) Betrieb in die Cloud portieren wollen, legen oft einen Zwischenschritt ein: Sie migrieren ihre bisherige Hardware und Software in eine virtuelle Umgebung. Meist ist bei historisch gewachsenen Strukturen der Zwischenschritt Virtualisierung ratsamer als die direkte Portierung in die Cloud. Die virtuelle Umgebung dient damit quasi als Test und Vorstufe. Die Virtualisierungsumgebung gibt Unternehmen eine Reihe von Parametern vor, die vor einer Migration erfüllt sein müssen. Zusätzlich ergibt sich hier je nach Vertraulichkeit der in den Systemen gehosteten Daten die Option zum Betrieb einer Private oder Hybrid Cloud. Welche Applikationen sollen beispielsweise auf einen virtuellen Desktop portiert werden? Ist dies bei allen Anwendungen in der virtuellen Umgebung möglich? Dies sind nur zwei Fragen, die geklärt sein müssen, bevor man mit der Realisierung des Projekts beginnt. Generell ist die Virtualisierung als Zwischenschritt zu überlegen, wenn ein Unternehmen über eine Reihe von Legacy- oder gewachsenen Lösungen verfügt. Standardanwendungen lassen sich mit relativ geringem Aufwand direkt in die Cloud migrieren.
Zu den Vorteilen einer Migration in die Cloud zählen eine flexible Skalierung und Nutzung unabhängig von Unternehmensressourcen. Doch vor einer Migration sollten sich Unternehmen genau überlegen, welche Anwendungen und Daten in die Cloud gehen sollen und dürfen: Standardapplikationen eigenen sich generell besser als Legacy-Systeme. Bestandteil einer solchen Analyse ist ein Überblick über Ist-Zustand, Berechtigungsmodelle, eine Bewertung der Vertraulichkeit und rechtlicher Auswirkungen. Zudem sind die KPIs (Key Performance Indicators) für die Zielinfrastruktur sowie deren Überprüfung zu regeln.
Ein Umzug beispielsweise von E-Mail-Plattformen wie Lotus Notes, Microsoft Exchange oder Novell Groupwise erspart Unternehmen eine Reihe von Investitionen, beispielsweise im Hinblick auf Server-Hardware, Software, Lizenzen und Personalkosten. Zudem ermöglicht die Migration eine Kostenverlagerung von Capex (Kapitaleinsatz) zu Opex (Betriebsausgaben). Allerdings ist die Migration von Anwendungen oder Datenbanken nicht einfach auf Knopfdruck möglich: Eine detaillierte Planung und der Einsatz der richtigen Werkzeuge sind ebenso Voraussetzungen wie die Möglichkeit, zwei Systeme für einen bestimmten Zeitraum parallel zu betreiben.
Migrationsfallen
Die Problemstellung lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen: Bei einer Migration auf Office 365 sind die wichtigsten Elemente das Active Directory mit allen Benutzerdaten, E-Mail-, Kalender- und Task-Features sowie diverse Adressbücher, archivierte E-Mail sowie Legacy-Anwendungen, die zum Beispiel in Verbindung mit Lotus Notes genutzt werden. Die native Microsoft-AD-Synchronisierung (AD: Active Directory ) funktioniert beispielsweise von der On-Premises-Umgebung in die Cloud, aber nicht umgekehrt. Will man das AD-System also gleichzeitig lokal wie auch in der Cloud verwenden, überschreibt der AD-Synchronisierungsprozess alle Änderungen, die in der Cloud gespeichert wurden. Die Frage der Koexistenz von Anwendungen in der lokalen und in der Cloud-Umgebung sollte daher vor Beginn der Migration auf der Agenda stehen.
Auch beim Portieren von E-Mails lassen sich die Daten nicht einfach nur „verschieben“. Office 365 unterstützt beispielsweise nicht den Exchange-MAPI-Stack. Daher muss ein Unternehmen Applikationen, die diesen Stack benötigen, zunächst modifizieren, bevor diese sich in die Cloud migrieren lassen – nur so ist die E-Mail-Integrität gewährleistet. Weitere Möglichkeiten wären, die Software weiterhin lokal zu betreiben oder sie auszutauschen.
Sicherheit als Kernkompetenz
Die Informationssicherheit ist einer der Kernaspekte jedes Unternehmens, wenn ein Cloud- oder Virtualisierungsprojekt zu realisieren ist. In virtuellen und Cloud-Umgebungen sollte man Datenbestände idealerweise regelmäßig als Images sichern. Dynamische VMware-Umgebungen lassen sich so durch eine schnelle Virtual-Machine-Replikation absichern, die exakte Kopien der virtuellen Maschinen erstellt. Im Notfall ist damit eine schnelle Wiederherstellung der Daten garantiert.
Neben einem Disaster-Recovery-Plan ist aber bei einer Migration in die Cloud neben bestehenden Security-Maßnahmen darauf zu achten, dass Rollen und Verantwortlichkeiten sowie die Passwörter der Anwender korrekt übertragen werden. Nur so ist ein reibungsloser Arbeitsablauf gewährleistet. Die erfolgreiche Migration ist also noch nicht das Ende eines Cloud-Projekts, sondern ein Cloud-Projekt muss immer auch ein konsistentes Management der internen und der Cloud-Landschaft unter Administrations- und Sicherheitsaspekten berücksichtigen.
Auch wenn immer mehr Unternehmen „in die Cloud gehen“, heißt dies nicht, dass sie über keine lokale IT-Umgebung mehr verfügen. Selbst längerfristig werden einige unternehmenskritische Daten lokal erhalten bleiben. Besonders bei täglich verwendeten Applikationen ist eine Migration in die Cloud jedoch sinnvoll, denn dies macht Unternehmen beweglicher und Mitarbeiter flexibler. Außerdem entlastet es die IT-Abteilung: Sie kann sich auf die Entwicklung und Implementierung neuer Lösungen konzentrieren, statt einen Großteil ihrer Ressourcen in die Wartung und Administration von Software und Hardware zu investieren.
Standardapplikationen sind die ersten Kandidaten für die Portierung in die Cloud. Dazu gehören Applikationen wie Microsoft Exchange oder das Microsoft-Office-Paket ebenso wie Datenbanken oder Web-Angebote. Bild: Quest
Die Migration zu einem Cloud-Service wie Microsoft Office365 schließt nicht aus, das die Cloud-Lösung mit lokal installierten Lösungen koexistieren und zusammenarbeiten muss. In der Übergangsphase müssen die Datenintegrität und -verfügbarkeit jederzeit gewährleistet sein. Bild: Quest