Mit der Kollaborationssoftware "Teaming + Conferencing" geht Novell in Richtung Enterprise Social Networking. In Zeiten von Chats, Blogs und Wikis kommen auch Unternehmen nicht mehr an modernen Kommunikationsformen vorbei - auch wenn diese die klassische E-Mail nicht ganz verdrängen. Die Open-Source-basierende Lösung von Novell will Unternehmen den Schritt zum "Enterprise 2.0" ermöglichen.
Jeff Jaffe, Chief Technical Officer von Novell, sieht Enterprise-Linux, Enterprise-Management
und Enterprise-Kollaboration als die grundlegenden IT-Entwicklungslinien der nächsten Jahre.
Novells Alleinstellungsmerkmal ist seiner Meinung nach die Fähigkeit, dabei die Open-Source-Welt
und die Welt der proprietären Software zusammenzubringen. So hat Novell mit Groupwise zwar bereits
ein proprietäres Kollaborationssystem im Haus, mit Teaming + Conferencing kommt jetzt aber eine
weitere Lösung hinzu, die aus Open-Source-Komponenten aufgebaut ist. In gewisser Weise ist das neue
Produkt der hauseigene "Proof of Concept" für den Erfolg der Strategie, Open Source und proprietäre
Software miteinander zu verbinden.
Was die Rollenverteilung von Groupwise und Teaming + Conferencing anbelangt, ist Novell jetzt in
einer ähnlichen Situation wie Microsoft mit Exchange und den Sharepoint Services. Mit einem
proprietären Kollaborations-"Moloch" ist in der Welt von Chat, Blogs, Wikis, Youtube, Social
Networking und Skype kein Staat mehr zu machen. So ausgefeilt Systeme wie Lotus Notes, Groupwise
und Exchange auch sind, für einen jungen Menschen sieht dies alles aus wie altmodische
elektronische Post mit Adressbuch und Kalender. Und wenn man ehrlich ist: Sehr viel mehr ist es
auch nicht.
Über die Konvergenz von Telekommunikation und IT wird zwar viel gesprochen, ebenso viel über
Unified Communications and Collaboration (UCC), aber für jeden CIO, CTO und Systemadministrator
sind die jungen Mitarbeiter ein Graus, die mit Skype, Yahoo Groups, Google-Kalender und
Peer-to-Peer die Zukunft der Zusammenarbeit schon heute haben wollen. Somit stehen die großen
IT-Hersteller vor der Herausforderung, Funktionen wie Blogs, Wikis, Chat und Conferencing für den
Einsatz im Unternehmen sicher, effizient und gefällig anzubieten.
Novell ist überzeugt, dieses Problem mit dem Kauf von Sitescape (
www.site?scape.com) gelöst zu
haben, einem Unternehmen, das sich die Migration von "Web 2.0" nach "Enterprise 2.0" auf die Fahnen
geschrieben hat. Sitescape ist schon seit 13 Jahren auf dem Markt, hat etliche schwergewichtige
Referenzen und insgesamt eine gute Reputation im Markt. Das Unternehmen hatte die Grundlage der
eigenen Produkte "Forum" und "Zon" im Herbst 2007 auf Open-Source-Komponenten umgestellt, ein
Open-Source-Projekt (Icecore und Iceing) ins Leben gerufen und wurde in diesem Moment auch schon
von Novell gekauft. Auf dem Icecore-Projekt (
www.icecore.com) basiert das
heutige Novell-Produkt Teaming + Conferencing.
Teaming + Conferencing ist Kollaborationssoftware, die ihre Funktionen in virtuellen
Arbeitsplätzen zur Verfügung stellt. In diesen Arbeitsplätzen existieren "Ordner" – genau genommen
Anwendungen –, die die Informationen eines Projektteams enthalten. Als "Ordner" stehen zur Auswahl:
Diskussionsforen, Blogs, Wikis, Dateiordner, E-Mail, Aufgaben, Workflows, Kalender, Gästebücher,
Fotoalben und Befragungen. Die Conferencing-Komponente des Produkts fügt noch folgende Funktionen
hinzu: Voice-over-IP-(VoIP-)Konferenzen, Webkonferenzen (Whiteboards, gemeinsamer Desktop etc.)
sowie Instant Messaging.
Es existieren auch zentrale Ordner, die mehrere Funktionen kombiniert anbieten wie zum
Beispiel
Dokumentenordner für Teamdokumente mit Versionierung und fein abgestimmten
Zugriffsrechten,
Forumsordner mit Diskussionen, Blogs und Wikis,
Kalenderordner für die verschiedenen Kalender eines Teams sowie
Adressbuchordner für die Teamkontakte.
Die Ordner können über eigene E-Mail-Adressen verfügen, was wirklich sehr praktisch ist. Der
Anwender erhält damit ein System von Karteikästen, in dem er von überall auf der Welt alles
deponieren kann, was gerade anliegt.
Novell Teaming + Conferencing kennt verschiedene Arten von Arbeitsplätzen ("global", "persönlich"
und "Team") sowie einige vordefinierte Rollen zur Verwaltung der Arbeitsplätze und Ordner:
"Site-Administrator" – hat alle Rechte für alle Arbeitsplätze und Ordner.
"Arbeitsplatz- und Ordneradministrator" – besitzt alle Rechte für die
Arbeitsplätze und Ordner, für die er verantwortlich ist.
"Teammitglied" – kann Kommentare, Ordner, Arbeitsplätze hinzufügen, Einträge
hinzufügen, lesen, löschen und Berichte erzeugen.
"Teilnehmer" – darf in jedem Arbeitsplatz oder Ordner, für den er zugelassen
ist, Einträge lesen, eigene Einträge erzeugen, modifizieren und löschen sowie Kommentare
hinzufügen.
"Besucher" – kann in allen Arbeitsplätzen, für die er zugelassen ist, Einträge
lesen und Kommentare abgeben.
"Arbeitsplatzersteller" – per Voreinstellung haben alle Benutzer das Recht, in
ihren Teamarbeitsplätzen weitere Arbeitsplätze zu erstellen.
Der Site-Administrator kann auch neue Rollen definieren, aber dies will wohlüberlegt sein.
Novell empfiehlt außerdem dringend, Rollen nur Gruppen zuzuweisen und niemals Individuen. Man
erzeugt sonst in kürzester Zeit das aus der Frühzeit der Netzwerkverwaltung bekannte Chaos mit der
Gewährung von Zugriffsrechten.
Wer den Umgang mit Webportalsoftware gewohnt ist, kommt mit Novell Teaming + Conferencing rasch
zurecht. Beim ersten Login präsentiert das Produkt dem Benutzer vier Portlets:
das Begrüßungs-Portlet mit Zugriff auf die Handbücher,
das Navigator-Portlet mit Schnellzugriff auf alle Arbeitsplätze und Ordner,
Suche und Hilfe,
das Buddy-List-Portlet mit der Funktion, die der Anwender von
Instant-Messaging-Systemen kennt, sowie das
Bookmark-Portlet, das auf wichtige und neue Einträge verweist.
Der Anwender kann jederzeit neue Portlets hinzufügen und damit sein Portal den persönlichen
Bedürfnissen und Vorlieben anpassen. Teaming + Conferencing spricht im Übrigen alle wesentlichen
Sprachen der Welt. Der Benutzer kann sich seine Lieblingssprache selbst einstellen und muss sich
nicht an die Voreinstellungsregel der Administration halten.
Wer den Umgang mit Webportalen noch nicht gelernt hat, benötigt Schulung. Insbesondere ist auch
Schulung im administrativen Umgang mit der Erzeugung eigener Arbeitsplätze und Ordner erforderlich.
Aber dies hat mehr mit allgemeiner Arbeitsorganisation zu tun als mit den Bedienungsproblemen eines
Webportals. Der Benutzer kann seinen Arbeitsplatz weitgehend selbst gestalten – und so sieht dies
dann auch aus. In ein paar Jahren wird der Unterschied zwischen "Enterprise 2.0" und "Web 2.0" vor
allem darin liegen, dass etwa Novell Teaming + Conferencing in der Lage ist, den Arbeitsplatz der
Benutzer zentral zu konfigurieren, und herkömmliche Lösungen dies eben nicht können. Dies ist der
bekannte Unterschied zwischen betrieblicher Datenverarbeitung und dem selbst verwalteten PC zu
Hause.
Bemerkenswert sind bei Teaming + Conferencing die Features zum Dokumentenmanagement. Hier finden
sich nicht nur die üblichen Upload-/Download-Funktionen, sondern es besteht auch die Möglichkeit,
Dokumente über WebDAV (Web-based Distributed Authoring and Versioning) direkt zu öffnen und zu
bearbeiten. Dokumente lassen sich auschecken, und vorherige Versionen automatisch archivieren. Das
Dokumentenmanagement kann mit einem so genannten "Virtual Import" auch direkt auf das
Novell-OES-/Netware-Dateisystem zugreifen. Auch die Workflow-Fähigkeiten sind beachtlich: Es
existieren nicht nur einfache Workflows mit manuellem Ändern des Status, Zugriffskontrolle und
Benachrichtigungsfunktion. Das erweiterte Workflow-Modul erlaubt auch komplexe Übergänge und
gleichzeitige Workflows. "Conferencing" fügt der Teaming-Komponente des Produkts noch Chat hinzu,
Audio, gemeinsames Bearbeiten von Whiteboards sowie die Verwaltung von Konferenzschaltungen.
Novell Teaming + Conferencing kombiniert eine Reihe von Produkten auf recht spezielle Weise. Es
lohnt sich daher, die Installationshinweise in der Dokumentation zu lesen. Die Komponente Novell
Teaming läuft auf den Plattformen Novell Open Enterprise Server 2, Suse Linux Enterprise Server 10
SP1 oder Windows Server 2003. Für Novell Teaming sind folgende Open-Source-Komponenten auf der
gewählten Plattform erforderlich: Liferay-Portalsystem (oder anderes JSR-168-System),
Tomcat-Applikationsserver, Lucene-Indexserver, Java Development Kit (JDK) und DBMS. Bei der
Installation ist darauf zu achten, dass das JDK 1.5 sowie Mysql 5.0.x zum Einsatz kommen. JDK 1.4.x
und JDK 1.6 sind hingegen ungeeignet, ebenso Mysql 5.1. Zudem sind die "Linux Open Files" in der
Datei "/etc/security/limits.conf" zu erhöhen ("hard nofile 65535" und "soft nofile 4096"). Vor der
Installation ist noch die Datei "installer.xml" zu editieren, die alle installationsspezifischen
Angaben zu Netzwerk, Datenbank, Dateisystem, E-Mail und anderen Einstellungen enthält. Der
Administrator ruft sie dann mit "./installer.linux" auf und führt ein "full install" durch.
Auch wenn Novell Teaming eine eigene Verwaltung von Benutzern und Gruppen besitzt, lohnt es sich
auf jeden Fall, das System an einen existierenden LDAP-Verzeichnisdienst anzubinden. Alles andere
wäre in im Provisionierungskontext eines Unternehmens heute nicht mehr zu verantworten. Novell
Teaming unterstützt die Verzeichnisdienste Novell Edirectory und Microsoft Active Directory. Die
LDAP-Authentifizierung muss zweimal separat konfiguriert werden: für das Liferay-Portal sowie für
Novell Teaming. Liferay wiederum lässt sich im "Liferay Enterprise Admin Portlet" konfigurieren,
Novell Teaming hingegen im "Teaming Administration Portlet". Die Installation verläuft insgesamt
etwas einfacher, wenn die Administration die Conferencing-Komponente des Produkts vor der
Teaming-Komponente installiert. Skalierbarkeit und Ausfallsicherheit stellen für Novell Teaming +
Conferencing kein Problem dar: Cluster-Möglichkeiten und Load Balancing sind in den
Open-Source-Modulen bereits enthalten.
Damit die Anwender die Conferencing-Features nutzen können, benötigen sie den
Conferencing-Client und den "Pidgin"-Instant-Messaging-Client auf ihrem Arbeitsplatzrechner. Beide
Komponenten finden sich auf dem Conferencing-Server in den Dateien "/imidio/downloads/confering.
rpm" (für Linux-Benutzer) beziehungsweise "/imidio/downloads/confering.exe" (für Windows-Benutzer).
Die Installation beider Clients funktioniert ohne Probleme. Wer Voice Conferencing ebenfalls
integrieren will, benötigt das "Iceing"-Modul, mit dem sich VoIP am Rechner sowie Mobiltelefone
integrieren lassen oder entsprechende Prozessorkarten zur Einbindung drahtgebundener Telefonie.
Natürlich stellt sich die Frage, wie sich Novell Teaming + Conferencing zu Groupwise verhält.
Aus der Sicht des Novell-Marketings stellt Groupwise E-Mail-Service und persönliche Produktivität
zur Verfügung. Team-Collaboration sei dann schon eher der Bereich von Novell Teaming, und Novell
Conferencing soll die Lösung für integrierte Echtzeitkommunikation bieten.
Der Hersteller hat immerhin einige Anstrengungen unternommen, funktionale Überschneidungen
zwischen Teaming und Groupwise durch technische Integration aufzufangen. So zeigt Groupwise 8 in
einem Bereich des Clients Novell Teaming an, und der Anwender kann Einträge und Dateien von Teaming
direkt im Groupwise-Client ansehen. E-Mails und Dokumente lassen sich vom Groupwise-Client aus zu
Teaming hinzufügen, und die Kalender sind synchronisiert. Durch einen Klick auf einen Eintrag im
Groupwise-Adressbuch kommt der Benutzer in den persönlichen Arbeitsplatz von Novell Teaming.
Teaming + Conferencing ist allerdings in keiner Weise auf Groupwise angewiesen: Lotus Notes oder
Microsoft Exchange können ebenso gut als Transportmittel für die Nachrichten dienen.
Wenn man den Analysten glauben darf, dann ist Enterprise-Social-Software die Erfolgsgeschichte
der nächsten Dekade. Was sich der Anwender darunter vorzustellen hat, erfährt er zum Beispiel bei
Konferenzen wie
http://en.oreilly.com/webexsf2008/public/content/home" target="true">"Web 2.0
Expo" oder
"Enterprise 2.0". Ein
Gefühl dafür, wie diese Ideen mit Novell Teaming + Conferencing umsetzen lassen, vermitteln die
Webseiten von
http://www.novell.com/products/teaming/" target="true">Novell Teaming +
Conferencing sowie
Ice?core.
Vielleicht ist es am besten, wenn sich der Anwender Novell Teaming + Conferencing als Baukasten
vorstellt, mit dem er ein Kollaborationsportal für die verschiedensten Zwecke bauen kann. Bis jetzt
existieren Helpdesk-Systeme, Wissensportale, Dokumentenmanagement, Projektmanagement und ähnliche
Projekte, die mit den ehemaligen Sitescape-Produkten "Forum" und "Zon" realisiert worden sind. Das
Ganze funktioniert, macht aber Arbeit. Zudem benötigt das Unternehmen nicht nur ein tragfähiges
Anwendungskonzept, sondern auch Mitarbeiter, die bereit sind, diese Ideen zu übernehmen. Die
Lizenzierung von Novell Teaming + Conferencing erfolgt nach Benutzern: Teaming allein kostet pro
Benutzer 52 Euro, die vollständige Lösung 85 Euro.