Services für den Umstieg auf VoIP

Dienst an der Sprache

14. März 2007, 0:15 Uhr | Stefan Mutschler/wg

Die Vorteile einer vereinheitlichten Kommunikation auf IP-Basis reichen von niedrigeren Gesprächsgebühren, effizienterem Management und ortsunabhängig konstanten Rufnummern bis zu einem stetig wachsenden Pool von Zusatzfunktionen. Mit der Integration des Sprachverkehrs in das hauseigene Netzwerk steigen jedoch die Anforderungen hinsichtlich Ausfallsicherheit, Security und Performance-Monitoring. Externe Dienstleister liefern Unternehmen hier Hilfestellung.

Mehr und mehr Unternehmen lassen ihre Kommunikationsinfrastrukturen von externen Partnern
konzipieren und betreiben. Normalerweise geht es dabei primär um die Verschmelzung des Telefon- und
Datennetzes. Einige Unternehmen unterhalten jedoch weitere bislang isolierte Netze, zum Beispiel
Videokabel für Überwachungskameras, Signalleitungen, Steuerungsleitungen und vieles andere mehr.
Die Konvergenz von Kommunikationsinfrastrukturen wie im Fall von VoIP (Voice over IP) reduziert
diese Vielfalt auf ein Minimum. Beim Outsourcing der Telekommunikation haben sich drei Varianten
herausgebildet:

Managed VoIP: Das Equipment wird im Haus installiert und nur von externer
Seite verwaltet.

Hosted VoIP: Das Equipment wird beim Provider installiert und mit gewissen, je
nach Provider unterschiedlichen Basisdienten (zum Beispiel sichere Stromversorgung, Kühlung,
Updates etc.) versorgt. Das TK-Management liegt aber in der Hand des Anwenders.

IP-Centrex: Das Equipment und die komplette Serviceabwicklung liegen beim
Provider. Beim Anwender stehen nur die Telefone.

Alle drei Lösungen entlasten die Anwender von der komplexen Thematik der
Sprach-/Datenintegration. Die Kontrollmöglichkeiten sind bei der Managed-VoIP-Lösung am größten,
das größte Sparpotenzial sehen Experten aufgrund leicht realisierbarer Skaleneffekte bei
IP-Centrex. Deshalb gilt langfristig IP-Centrex als Favorit, denn dieses Modell unterstützt auch
den aktuellen Trend in vielen Unternehmen, ihre Investitionskosten mehr auf Betriebskosten zu
verlagern, am besten. Servicepartner sind bei diesem Modell vor allem Internet- und
TK-Service-Provider.

Derzeit wollen aber offenbar noch viele Unternehmen lieber eine stärkere Kontrolle behalten.
Zumindest berichten einschlägige Anbieter in Deutschland von einer noch zögerlichen Akzeptanz bei
IP-Centrex, während Managed VoIP bereits sehr stark gefragt sei. Ansprechpartner sind hier weniger
die Service-Provider als vielmehr die klassischen Netzwerkdienstleister und Systemintegratoren.
Viele von ihnen rüsten sich derzeit mit Hochdruck für diese Aufgabe oder haben dies bereits getan.
Dienstleister mit eigenem Rechenzentrum bieten meist beide oder gar alle drei Outsourcing-Varianten
an, wobei das reine VoIP-Hosting bislang am wenigsten nachgefragt wird.

Oberstes Ziel Kostenreduktion

An erster Stelle erwarten Unternehmen von einer Umstellung ihrer TK-Infrastruktur auf VoIP immer
noch vor allem eines: Kosteneinsparungen. In Projekten, bei denen lediglich die vorhandene
Infrastruktur eins zu eins mit VoIP-Technik nachgebaut wird, gelingt dies am schlechtesten. "VoIP
allein stellt nur eine andere technische Lösung dar, um Sprache zu übertragen – das bringt noch
keinen Mehrwert und kaum Einsparungen", weiß Christian Fron, Vice President Sales & Services
und Mitglied der Geschäftsleitung bei Detewe Communications, der herstellerübergreifenden
Serviceschwester von Aastra Detewe. "Die eigentlichen Vorteile von VoIP liegen darin, die
unterschiedlichen Konvergenzszenarien besser zu unterstützen: Sprache und Daten, Festnetz und
Mobilfunk sowie Unternehmen und Provider".

Eine sinnvolle Herangehensweise bei VoIP-Projekten ist es also, Telefonie und Datenverkehr
gemeinsam zu betrachten und sich anhand der Unternehmensstrategie (Kernkompetenzen, mittelfristige
Ausrichtung etc.) intensiv damit zu befassen, wo Optimierungspotenziale liegen und wie sich
Kommunikationsprozesse effizienter gestalten lassen. Es empfiehlt sich, im Vorfeld entsprechende
Workshops abzuhalten und in Frage kommende Dienstleister dazu einzuladen. Vor dem Hintergrund ihres
Erfahrungsschatzes beraten sie den Anwender gern bei der Wahl der für das Unternehmensziel am
besten einsetzbaren VoIP-Applikationen wie Unified Messaging (UMS), Computer Telephony Integration
(CTI), Presence-Management, Mobil- und Festnetzintegration sowie Call-Center-Dienste. So lassen
sich die geforderten Funktionen definieren und mit dem Dienstleister abstimmen.

Analyse der VoIP-Reife

VoIP-Projekte beginnen in der Regel mit einer Analyse des vorhandenen Datennetzwerks auf "Voice
Readyness" (Reifegrad für die VoIP-Einführung). Das Prädikat "für Sprache geeignet" gibt es nur,
wenn alle Voraussetzungen hinsichtlich Leistung, Ausfallsicherheit und Security erfüllt sind.
Fehlen im Netz grundlegende Funktionen wie Priorisierung und Bandbreitenreservierung, sind
entsprechende Erweiterungen fällig.

Der Performance-Check basiert in der Regel auf aufwändigen Messungen und Simulationen im
Hinblick zum Beispiel auf die Netzstabilität, Verzögerungen (Delay) und Verzögerungsvarianten
(Jitter). Allein für diese Aufgabe fehlen Unternehmen selbst Geräte und Know-how – beides ist teuer
und lohnt sich nur bei steter Auslastung. Insbesondere bei der standortübergreifenden Übertragung
von Sprachdaten im Weitverkehrsnetz ist vor allem das Thema Ressourcenmanagement von Bedeutung. In
Abhängigkeit von der gewählten Kompression sind pro übertragenem Gespräch bestimmte Bandbreiten und
einer priorisierte Übertragung im Datennetz erforderlich. Das Ressourcenmanagement stellt für eine
bestimmte Anzahl von Gesprächen eine priorisierte Übertragung im Datennetz sicher. Fallen weitere
Gespräche an, sind diese abzuweisen oder über einen anderen Weg – zum Beispiel über das öffentlich
Telefonnetz – zu leiten.

"Funktioniert diese Ressourcenüberwachung nicht, so wird die Sprachqualität nicht nur für das
zusätzliche Gespräch, sondern möglicherweise sogar für alle Gespräche gestört", so Dr. Jörg Liebe,
zuständig für Voice Integration Products bei Lufthansa Systems Infratec. Die richtige
Ressourcenzuordnung sei dabei keineswegs trivial: So gilt es beispielsweise, Faxnachrichten in
Netzen, in denen die Sprache komprimiert übertragen wird, wie mehrere Gespräche zu werten, da
Faxnachrichten nicht komprimierbar sind und entsprechend mehr Bandbreite beanspruchen. Datennetze
und VoIP-Systeme, die RSVP (Resource Reservation Protocol) unterstützen, tun sich bei der
Reservierung der für die Übertragung jeweils notwendigen Bandbreite im Rahmen des
Ressourcenmanagements vergleichsweise leicht.

Eine Stolperfalle in Sachen Verfügbarkeit ist oft die Stromversorgung. Klassische Telefonsysteme
sind meist an einer zentralen Stelle batterie- oder/und notstromversorgt. Damit ist das gesamte
System einschließlich der Telefonendgeräte auch während Stromausfällen verfügbar. Mit VoIP wird die
Sache weitaus komplexer, denn hier sind nun alle an der (IP-)Sprachübertragung beteiligten aktiven
Netzkomponenten unterbrechungsfrei mit Strom zu versorgen. Darüber hinaus sind zusätzlich die
einzelnen IP-Telefone am Arbeitsplatz mit einer permanenten Stromquelle zu verbinden.
Gegebenenfalls wird der Dienstleister hier eine Aufrüstung der LAN-Switches mit Power over Ethernet
(PoE) vornehmen.

Auswahlkriterien

Die Netzwerkanalyse mit bedarfsgerechtem Tuning gehört bei allen VoIP-Dienstleistern zu den
zentralen Elementen des Portfolios. Weitere gängige Serviceleistungen sind Planung, Installation,
Konfiguration und Management der VoIP-TK-Anlage, Störungsbehebung und Hardwareaustausch,
Implementierung von Unified Messaging, Integration der Telefonie in individuelle Applikationen,
Schulungen, Support sowie die Durchführung von Änderungen, Erweiterungen und Umzügen.

Das Management der Anlage ist keine punktuelle Aktion, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Für
diesen Service muss der Dienstleister ein automatisches Vollzeit-Monitoring aller Server, Dienste
und aktiver Netzwerkkomponenten wie Router und Switches durchführen, die sich im Netzwerk des
Anwenders befinden. Zum guten Kundenservice gehört in diesem Zusammenhang beispielsweise auch das
Testen und Einspielen wichtiger Patches und Security-Updates für die Systeme. Einige Dienstleister
bieten präventive Instandhaltungsmaßnahmen in ihrem Servicepaket. Oft analysieren und archivieren
sie dazu die Logfiles – ein Job, der gute Tools und viel Know-how erfordert. Dies kann für die
Stabilität des Netzes sehr wichtig sein. "Schwarze Schafe" benutzen solche Servicepunkte allerdings
auch gern für eine "Abzocke". Genaue Service Level Agreements (SLAs) und ein detailliertes
Reporting schützen hier vor Missbrauch.

Weitere, oft optional angebotene Services sind beispielsweise Remote Backups aller wichtigen
Daten inklusive der Konfigurationsdateien sowie grafische Auswertungen von Performance-Daten wie
Speicherverbrauch und CPU-Last. Zu den auffälligsten Trends gehört derzeit der wachsende Bedarf,
die VoIP-Kommunikation über das öffentliche Internet ähnlich abhörsicher zu machen wie den
Datenverkehr. Der entsprechende Service, den ein Dienstleister dafür bieten sollte, ist ein
VoIP-VPN (Virtual Private Network).

Das Serviceportfolio sollte idealerweise modular ausgearbeitet sein. Wichtig ist auch, dass der
Dienstleister herstellerunabhängig agiert und über herstellerübergreifende Kompetenz verfügt: Trotz
der Existenz von Standardprotokollen wie SIP (Session Initiation Protocol) verwenden die Hersteller
bei der Umsetzung von gehobeneren Leistungsmerkmalen proprietäre Erweiterungen dieser Standards. "
Die erhoffte Freiheit in Bezug auf Endgeräte oder die Integration mehrerer Systeme verschiedener
Hersteller zu einem gesamten Verbund mit übergreifenden Leistungsmerkmalen ist somit weiterhin noch
Zukunftsmusik", erklärt Dr. Liebe. Wie bei jedem Dienstleister gilt auch bei einem
VoIP-Spezilisten, dass er möglichst breites Know-how und Referenzen nachweisen können sollte. Die
örtliche Präsenz sollte der des eigenen Unternehmens angemessen sein.


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