Funktionen und Trends beim Computer Aided Facility Management (CAFM)

Ein großes Dach mit vielen Löchern

17. März 2008, 9:01 Uhr | Stefan Mutschler/pf

Je mehr Unternehmen entdecken, was es in ihrem Haus alles zu managen gibt, desto höher werden die Ansprüche an die Software, die ihnen dabei unter die Arme greifen soll. Im Moment sieht es fast so aus, als wäre CAFM ein "Fass ohne Boden" - keines der auf dem Markt befindlichen Systeme kann auch nur annähernd alles abdecken, was möglich ist. Zudem drückt die Notwendigkeit einer stärkeren Annäherung von IT-Management und CAFM immer vehementer.

Neben großen Globalplayern wie beispielsweise die amerikanische Archibus oder die
amerikanisch-finnische Bentley Systems (beide in Deutschland mit Niederlassungen vertreten) prägen
den CAFM-Markt in Deutschland zahlreiche Unternehmen aus dem europäischen und speziell auch aus dem
deutschsprachigen Raum. Parallel zu einer Reihe von größeren, etablierten Anbietern tummeln sich
hier zunehmend kleine Ingenieurbüros mit einer Handvoll Mitarbeitern – meist aus dem CAD-Umfeld –
die versuchen, den eingesessenen Herstellern über Preis-Dumping das Leben schwer zu machen. "Um die
Nachhaltigkeit des Produkts und einen Support zu gewährleisten, bedarf es neben der Seriosität
eines Anbieters auch einer gewissen Unternehmensgröße", moniert Eyke Rosemann, Leiter Marketing
beim populären deutschen CAFM-Anbieter Loy & Hutz. "Wir beobachten mit größter Skepsis eine
Zunahme unseriöser Auftritte am Markt. Geprellt ist nicht nur der Kunde, sondern die gesamte
CAFM-Branche verliert an diesem Punkt ihren in Jahren erworbenen guten Ruf."

Größere Player wie zum Beispiel Aperture Software (Zentrale in Österreich), BFM Building +
Facility Management, Graphisoft Deutschland (Zentrale in Ungarn), Keßler Real Estate Solutions, Loy
& Hutz, N+P Informationssysteme, Planon Deutschland (Zentrale in den Niederlanden),
Sauter-Cumulus, Speedikon Facility Management und viele weitere sind oft auf eine oder mehrere
Zielbranchen spezialisiert. Die kleineren CAFM-Hersteller grenzen sich eher durch bestimmte
technische Spezialisierungen ab. Typische Zielbranchen sind etwa der Immobilienmarkt in seinen
zahlreichen Facetten wie beispielsweise Krankenhäuser, Büroimmobilien und Freizeitimmobilen, die
Industrie, die Öffentliche Verwaltung, der Einzelhandel, Verkehrsanlagen, Versorger (Abwasser,
Strom, Telekommunikation etc.), Banken und Finanzdienstleister sowie der Forschungssektor.

Funktional lassen sich CAFM-Softwarepakete in drei Kategorien unterteilen: technisches,
infrastrukturelles und kaufmännisches Facility-Management (FM). Bereits jeder dieser Bereiche für
sich allein ist derart umfangreich, vielschichtig und komplex, dass kein Hersteller alles abdecken
kann. Auf der Ebene der Funktionen versuchen sich die großen Hersteller mit einem möglichst breit
gefächerten Mix in Szene zu setzen, die kleinen suchen gezielt nach Lücken beziehungsweise kommen
mit einer Art Minimal-CAFM zum kleinen Preis.

Kernstück des infrastrukturellen FM ist das Flächenmanagement. Die meisten anderen
FM-Disziplinen in dieser Kategorie hängen in irgendeiner Art und Weise mit dem Flächenmanagement
zusammen beziehungsweise lassen sich bestimmten Flächen oder Räumen zuordnen, darunter zum Beispiel
Reinigungs-, Sicherheits- und Hausmeisterdienste, Dienste in Außenanlagen, Kantine/Catering,
Umzugs- und Veranstaltungsmanagement, Büroservice, Schlüsselverwaltung und Entsorgung. Das
Flächenmanagement ist jedoch auch kategorieübergreifend von zentraler Bedeutung, denn
beispielsweise fast das gesamte technische Management hat konkreten Bezug zu Räumen und
Flächen.

Einer der größten aktuellen Trends im IT-Management ist die konkrete Kopplung der IT-Ressourcen
an die Unternehmensziele und den Gewinn. Im FM war dies von vornherein ein Kerngedanke – und dieser
findet seinen Niederschlag im kaufmännischen FM. Ressource ist dabei eben nicht nur die IT, sondern
die gesamte "Hardware", die in Form von Gebäuden, Grundstücken, Anlagen und Maschinen, Mobiliar und
Inventar – kurz alles, was sich zählen lässt. Zentrale Komponente des kaufmännischen FM sind die
Kostenrechnung und das Controlling. Mit dazu gehören auch Aspekte wie das Vertrags-, Inventar-,
Versicherungs- und Beschaffungsmanagement, ebenso wie Miet- und Nebenkostenabrechnung,
Objektbuchhaltung und das Steuerwesen. Leider hat sich das kaufmännische FM in der Praxis oft von
seinem Kerngedanken entfernt, beziehungsweise zur reinen Verwaltung ohne strategische Komponente
degradiert. Branchenkenner rufen hier nach einem "neuen Bewusstsein", das auch das strategische
Potenzial des kaufmännischen CAFM ausschöpft.

CAFM und IT-Management noch auf separaten Pfaden

IT- und Facility-Management haben in den letzten 20 Jahren gewaltige Entwicklungssprünge gemacht
– allerdings weitgehend parallel und ohne nennenswerte Bestrebungen für eine gegenseitige
Integration. Dieser Separatismus ist erstaunlich, sind sich doch die beiden Disziplinen im Grunde
sehr ähnlich. In beiden geht es darum, vorhandenes Gut für den Geschäftszweck bestmöglich zu
unterhalten, zu organisieren und zu verwalten. Dabei kümmert sich das CAFM traditionell um die
klassischen Produktionsfaktoren Grund/Gebäude, Anlagen und Kapital, während das IT-Management
primär den "moderneren" Produktionsfaktor Information inklusive der dafür nötigen IT- und
Kommunikationsinfrastruktur im Visier hat.

Auch wenn derzeit die CAs, Ciscos und HPs dieser Welt noch nicht mit den Anbietern von
CAFM-Systemen an einem Tisch sitzen, das CAFM hat längst seine Fühler in Richtung IT ausgestreckt.
So umfasst der dritte CAFM-Bereich, der das technische FM abdeckt, neben den traditionellen
Funktionen wie Rohrleitungs-/Kanalmanagement, Energie-, Instandhaltungs- und Lagermanagement,
Maschinen/Fuhrpark, Brandschutz/Sicherheitstechnik, technische Anlagendokumentation, Inspektion und
Wartung explizit auch Kommunikations-, IT-/Netzwerk- und Kabelmanagement. Dabei geht es im
technischen FM weniger um die Überwachung von Verbindungen und Anschlüssen, sondern primär um
bestimmte physikalische Eigenschaften. So ist es etwa eine typische Funktion des CAFM,
sicherzustellen, dass der Mantel eines Kabels den Brandschutzanforderungen genügt, die in den
entsprechenden Räumen gelten. Die Brandschutzbestimmungen wiederum sind von Faktoren wie Maschinen,
Raumtemperatur, Raumverwendung und vielen weiteren abhängig. Auch Aspekte wie die genaue
Kabelführung und Belegung/Führung in den Kabelschächten sind auf CAD-Plänen bis ins Detail
dokumentiert. An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig die Querverbindungen zu anderen
CAFM-Kategorien und speziell dem Flächenmanagement sind.

Selbst wenn es so aussieht, als gäbe es eine klare Trennung zwischen den Aufgaben des IT- und
des Facility-Managements und dies auch in der Praxis oft so gehandhabt wird – vom Ansatz des FM her
besteht diese Trennung keineswegs. Langfristig ist eine weit reichende Verschmelzung der beiden
Managementdisziplinen durchaus denkbar und – zumindest vom Standpunkt des FM aus gesehen – auch
wünschenswert. So ließe sich das vom IT-Management gerade erst in den Fokus gerückte Ziel, die
IT-Ressourcen direkt und messbar in den Dienst der Business-Ziele eines Unternehmens zu stellen, in
den größeren Kontext des FM einbinden. Und dies wiederum wäre für das Business-Management wichtig,
um noch gezielter und flexibler als bisher den Markt zu bedienen und den Betrieb zu optimieren.

Eine wirklich tief greifende Verschmelzung ist derzeit nicht in Sicht – allenfalls erste zarte
Bande werden geknüpft. Ein aktuelles Beispiel liefert Loy & Hutz. Im Bereich Kabelmanagement
hat der CAFM-Anbieter eine Kooperation mit Steinmayr Net Intelligence geschlossen. Steinmayr bietet
Softwarelösungen sowohl für das physische als auch das logische Netzwerk- und
Infrastrukturmanagement an – samt der damit verbundenen Prozesse. Bei Loy & Hutz bilden diese
Lösungen einen integralen Bestandteil des technischen FM. Ähnliche Formen der Zusammenarbeit
existieren auch bei zahlreichen weiteren Playern – die ganz Großen unterhalten indes durchaus auch
eigene Entwicklerteams für das IT-Management. Archibus beispielsweise mit weltweit mehr als 3000
Mitarbeitern verfügt auch im IT- und TK-Management bereits über ein beträchtliches Portfolio. Die
Integrationsbestrebungen laufen jedoch auch hier recht einseitig ohne die marktführenden Anbieter
im IT-Management.

Bedarfsgerechte Anpassung

In Anbetracht der filigranen und komplexen Struktur des CAFM wird schnell deutlich, dass es "das
ultimative CAFM-System" nicht gibt und auch nicht geben wird. Einige Standardkomponenten wie das
Flächenmanagement sind als Basis für viele weitere Funktionen in nahezu jeder CAFM-Software
enthalten, vieles richtet sich jedoch nach dem konkreten Bedarf. "Visual FM ist beispielsweise in
der Lage, Zählerstände von Immobilien und Anlagen zu verwalten und diese je nach vorgegebenem
Verteilerschlüssel verschiedenen Kostenstellen zuzuweisen", so Rosemann. "Dies ist zum Beispiel
erforderlich, wenn Räume von einer Universität und einem Klinikum gemeinsam genutzt werden und
Nebenkosten gemäß der anteiligen Nutzung umgelegt werden sollen. An solchen und anderen Punkten
beweist sich die Flexibilität eines Produkts." So hat sich mittlerweile neben den etablierten drei
CAFM-Kategorien noch eine vierte herausgebildet: "Sonstiges". Beispiele für Funktionen aus diesem
neuen, noch nicht klar umrissenen Bereich sind etwa Besuchermanagement, Dokumentenverwaltung oder
Helpdesk-/Hotline-Verwaltung.

Bei den Applikationsschnittstellen geben sich die meisten CAFM-Hersteller eher zugeknöpft – nur
wenige erlauben Drittanbietern Modifikationen und Ergänzungen. Anders jedoch bei den Schnittstellen
zu gängiger Unternehmenssoftware wie beispielsweise zum Enterprise Ressource Management (ERP), zu
Office-Programmen, Dokumentenmanagementsoftware und zu AVA-Software (Ausschreibung, Vergabe und
Abrechnung von Bauleistungen). Hier bieten die Pakete zunehmend direkte Anbindungsmöglichkeiten. Um
das Füttern der jedem CAFM-System zugrunde liegenden Datenbank (zum Beispiel Oracle, MS-SQL oder
Sybase SQL – in den Low-Cost-Versionen muss auch mal Dbase herhalten) zu erleichtern, versteht sich
CAFM-Software zudem auf zahlreiche Formate, vor allem aus dem grafischen und CAD-Bereich (Basis für
das Flächenmanagement).

Komplexität und Vielfältigkeit von CAFM-Software rufen Partner auf den Plan, die Unternehmen bei
der Auswahl, Implementierung und wo immer möglich Anpassung an die individuellen Bedürfnisse
unterstützen. Nach wie vor sind spezialisierte CAFM-Implementierungspartner jedoch vergleichsweise
rar – Beispiele sind etwa Arcdata, Axentris, DS-Plan, Grüner, IBS, Korasoft, Mohnke und Reality
Consult. Wer sich selbst schlau machen will, für den findet sich ein breites Spektrum einschlägiger
Messen und Veranstaltungen: Vom 6. bis 8. Mai findet in Frankfurt beispielsweise die "Facility
Management" statt. Einen Monat davor (6. bis 11. April) schlägt am gleichen Ort die "Light &
Bulding" ihr Lager auf. Weitere wichtige Messen für den "Facilitymanager" sind etwa die "Expo Real"
(6. bis 8. Oktober, Schwerpunkt Immobilenmanagement) und die "Maintain" (14. bis 16. Oktober,
Schwerpunkt Industrie) – beide in München – , sowie die "Medica" (19. bis 22. November, Schwerpunkt
Gesundheitswesen) in Düsseldorf. LANline veranstaltet im Rahmen der "Konradin Events" das Tech Form
"Facility Management" (Frankfurt, 15. September).

Auch wenn die Entwicklung der CAFM-Software gute Fortschritte aufweist, so bleiben schlüssige
Gesamtkonzepte doch noch eher die Ausnahme. Zu oft wird mit CAFM lediglich "administriert" und
nicht wirklich die Produktivität gesteigert. Hier könnte vielleicht der aktuelle Schwung des
IT-Managements in dieser Richtung neue Impulse setzen, so denn eine Annäherung von IT- und
CAF-Management tatsächlich im größeren Rahmen stattfindet. Anzeichen für eine solche Integration
sind immerhin inzwischen erkennbar.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+