Immer mehr US-Manager leiden an Blackberry-Phantomsyndrom

Falscher Alarm: Blackberry-Vibration ohne Gerät

14. Oktober 2007, 22:57 Uhr |

Immer mehr US-Manager berichten davon, dass sie das Vibrieren ihres Blackberry in der Tasche spüren - obwohl das Gerät weit weg zu Hause auf dem Tisch liegt. Mittlerweile gibt es verschiedene Theorien zur Herkunft dieses Phänomens. Der Fluch der neuen Mobilität zeigt erste Psychofolgen.

Viele Handy-Abhängige und Blackberry-Junkies spüren auch dann Vibrationen, wenn ihr Gerät nicht vibriert, oder haben das Gefühl, ein Mobiltelefon zu tragen, auch wenn sie es gar nicht dabei haben. "Selbst wenn ich den Blackberry nicht an mir trage, ertappe ich mich dabei, mich automatisch so hinzusetzen, dass es den Blackberry nicht stört. Und oft passiert es mir auch, dass ich ihn losmachen will und dann feststelle, dass ich ihn gar nicht dabei habe", sagt Dawn Mena, eine selbstständige Technikberaterin über ihr Blackberry-Phantomsyndrom.

Sie ist längst kein Einzelfall mehr. "Ich war mit meinen Freunden unterwegs und zeigte ihnen meinen neuen Blackberry Curve. Während sie sich das Gerät anschauten, spürte ich eine Vibrationen an meiner Hüfte. Automatisch griff ich nach unten, um meinen Blackberry zu greifen, doch da war ja gar keiner," bestätigt auch Jonathan Zaback, Manager bei Burson-Marsteller.

Die meisten Anwender scheint dieses Phänomen bislang wenig zu stören: "So lange das nicht bedeutet, dass ich einen Tumor mitten auf meinem Bein bekomme, ist das kein Problem. Manche Menschen haben eine biologische Uhr, ich habe einen biologischen Blackberry," zeigt sich Zaback wenig beeindruckt. Er legt seinen Blackberry abends neben sein Bett, schaut immer darauf, wenn er nachts wach wird, und lässt sich jeden Tag von seinem Blackberry wecken. Kein Wunder also, dass er sich so sehr an das Gerät gewöhnt hat.

Jake Ward, Direktor von Qorvis Communications, behauptet sogar, Anrufe schon vorausspüren zu können. "Ich merke etwas, schaue auf den Blackberry, und Sekunden später fängt er an zu vibrieren. Ich bin eins mit meinem Blackberry."

Forschung zu diesem "Ringxiety" ("Klingelangst") oder "Fauxcellarm" ("falscher Handyalarm") benannten Phänomen gibt es bisher wenig – aber bereits viele Theorien. Manche Anwender vergleichen das Gefühl mit einem Phantomglied, das man spürt, obwohl es gar nicht mehr da ist. "Die Betroffenen haben das Gefühl, dass das Telefon ein Teil von ihnen ist. Sie fühlen sich nicht vollständig, wenn sie es nicht tragen," spekuliert B.J. Fogg von der Stanford University. Somit bilden sie sich manchmal einfach seine Anwesenheit ein. Doch Fogg hat auch eine sozialwissenschaftliche Erklärung: "Als Menschen sind wir so abhängig von unserer Gesellschaft, dass wir sehr sensibel dafür sind, ob wir eventuell isoliert und abgewiesen werden könnten. So machen wir lieber einen Fehler, als einen Anruf zu verpassen."

Die Phantomnachrichten könnten laut Leslie Chan, Dozentin an der Universität von Toronto, aber auch einfach eine weitere Ausprägung der mit der Arbeit verbundenen Ängste sein: "Letzte Nacht wurde unser Internet unterbrochen, und ich habe mich im Bett umhergewälzt und darüber nachgedacht, welche wichtigen E-Mails ich so verpasse," gibt sie zu.

Darüber hinaus sind Geräte wie der Blackberry zu einem Statussymbol geworden, da vornehmlich wichtige Führungskräfte nicht mehr auf das Gerät verzichten können. Deshalb sind manche Manager sogar stolz auf ihre Phantomvibrationen. "Natürlich bekomme ich sie. Ich bekomme sie schon seit über zehn Jahren, als ich mit einem Pager-ähnlichen Blackberry angefangen habe," brüstet sich Fred Wilson, Partner bei einer Venture-CKapital-Firma.

CZ/Katharina Guderian/wg


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