Test: Mobotix Camio

Ferngesteuerte Zutrittskontrolle

16. März 2008, 23:53 Uhr | Kurt Pfeiler

Mit Camio bietet Mobotix für ihre Netzwerkkameras eine kompakte Input-/Output-Box an. Die integrierten Schaltaus- und Signaleingänge sollen Installationen für das Facility-Management erleichtern. Ein typisches Beispiel ist die videogestützte Zutrittskontrolle eines Hauseingangs über das Netzwerk. LANline hat das Szenario im Test nachgestellt.

Videoüberwachung in Gebäuden lässt sich als Komponente von Sicherheitslösungen dem weiten Feld
des Facility-Managements zuordnen. Bei Netzwerkkameras gilt dies sogar in einem erweiterten Sinn:
Diese Systeme bieten in der Regel auch die Möglichkeit, über integrierte I/O-Schnittstellen
einerseits Signale von externen Sensoren (zum Beispiel Kontaktschalter oder Bewegungsmelder)
entgegenzunehmen und anderseits auch externe Geräte (wie Lichtquellen oder Schließanlagen) zu
schalten. Durch die Kombination von Bild und Ton, automatischen Alarmierungen sowie
Fernsteuerungsmöglichkeiten (automatisch oder manuell) lässt sich eine Netzwerkkamera im Prinzip
als effektive Steuerungszentrale nutzen.

Ein Problempunkt von Netzwerkkameras ist allerdings ihre meist sehr kompakte Bauweise (für
unauffällige Decken- oder Wandmontage), was eine in der Regel recht versteckte Anordnung der
I/O-Schnittstellen bedeutet. Wer zudem größere Lasten wie Lichtquellen schalten will, ist auf die
Nutzung externer Relais angewiesen, die dann beispielsweise in einem entfernten Verteilerkasten
untergebracht sind. Diese Komplikationen vereiteln oft einfache, praktikable Lösungen mit minimalem
Installationsaufwand vor Ort. Hinzu kommt, dass schon die technische Grundversorgung der Kameras
(Ethernet-Anbindung und Stromversorgung) aufgrund deren Positionierung meist eine Herausforderung
darstellt – Power over Ethernet (PoE) hat dabei die Lage etwas entspannt.

Um die Installation solcher Lösungen zu vereinfachen, bietet der Hersteller
Mobotix eine spezielle I/O-Box
(Camio) für seine Kameramodelle M12 und M22 (IT- und Secure-Modelle) als optionale Erweiterung an.
Die Camio ersetzt dabei die vorhandene Wandhalterung dieser Kameras und integriert auf relativ
kompaktem Raum (zirka 13 x 13 x 6 Zentimeter) die benötigte Schalt- und Anschlusstechnik. Sämtliche
externen Kabel lassen sich von der Camio verdeckt über die Wand zuführen. Das Erweiterungsmodul ist
– wie die Kameras – wetterfest (IP65) für den Outdoor-Betrieb geeignet und lässt sich in einem
Temperaturbereich von -30°C bis +60°C einsetzen.

Drei Modellvarianten

Die Nutzungsmöglichkeiten der Camio sind etwas unterschiedlich, da das System in drei
verschiedenen Varianten angeboten wird. Zudem sind beim Kameramodell M22 nicht alle Funktionen der
Camio nutzbar. Die detaillierte Funktionsmatrix lässt sich dem Datenblatt sowie dem auch als
PDF-Download zugänglichen Handbuch entnehmen. Prinzipiell bietet die CamIO vor allem zwei
relaisgestützte Schaltausgänge, darüber hinaus zwei Schalteingänge, einen Audioeingang (für ein
Mikrofon mit Vorverstärker) sowie einen (verstärkten) Audioausgang, der sich beispielsweise über
den im Wandarm integrierten Lautsprecher nutzen lässt. Das einfachste Camio-Modell "PoE" ist für
den reinen PoE-Betrieb (IEEE 802.3af) konzipiert. Die Variante "AC" unterstützt auch die direkte
Stromversorgung (230 Volt) und kann dabei nicht nur die Kamera mit Strom versorgen, sondern auch
direkt einen am ersten Schaltausgang angeschlossenen Verbraucher (maximal 500 Watt). Der zweite
Schaltausgang lässt sich mit fremder Stromversorgung (maximal 500 Watt bei 230 Volt) betreiben.

Das anspruchsvollste Camio-Modell "Acplus" enthält zusätzlich einen Akku, der kürzere
Stromausfälle (zirka 45 Minuten bei 20°C) überbrücken kann. Diese Notstromversorgung eignet sich
allerdings nur für das Kameramodell M12. Entsprechendes gilt derzeit auch für alle Audiofunktionen,
die sich in Verbindung mit der Kamera M22 nicht nutzen lassen. Hintergrund dieser Unterschiede sind
die verschiedenen Signalanschlüsse der beiden Mobotix-Kameras (M22: USB, M12: DB 15), die auch
jeweils spezielle Steuerungskabel (separates Zubehör) zwischen Kamera und Camio voraussetzen.

Im Test hatte LANline das Camio-Modell Acplus (Preis: 449 Euro), das in der Idealkombination mit
der Kamera M12 (versuchsweise auch M22) zum Einsatz kam. Ziel war es dabei, ein typisches
Einsatzszenario zu realisieren, das im Handbuch auch ausführlich beschrieben ist: eine
Türsprechstelle (Zutrittskontrolle) mit Videoüberwachung und allen nötigen
Steuerungsfunktionen.

Montage und Verkabelung

Zuerst geht es jedoch an die Montage der Camio und die Installation der Kabelanschlüsse. Alle
benötigten Komponenten – mit Ausnahme der erwähnten Steuerungskabel – sind einschließlich Schrauben
und Inbusschlüssel im Lieferumfang enthalten.

Das Handbuch zur Camio beschreibt alle Installationsschritte und Details sehr genau in Wort und
Bild. Der Anwender kann eigentlich nichts falsch machen – auch wenn er beim ersten Mal einige Zeit
einplanen muss. Pflichtgemäß verweist das Handbuch allerdings auch darauf, dass die Installation –
speziell im Elektrobereich – nur von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden darf, und gibt
außerdem Hinweise zu einschlägigen VDE-Vorschriften.

Zum einen sind am Grundgehäuse der Camio, das an der Wand befestigt wird, die externen
Kabelanschlüsse zu montieren. Bei geöffnetem Grundgehäuse ist einerseits eine Klemmleiste mit 16
Schraubklemmen für Stromversorgung, externe Verbraucher, Sensoren und Audio zugänglich sowie eine
zweite achtpolige Klemmleiste für die vier Adernpaare der Cat-5/7-Ethernet-Kabel. LAN-seitig ist
also kein RJ45-Anschluss, sondern die Verwendung von Meterware (Auflegestandard T568B oder T568A)
vorgesehen. Alle Kabelzuführungen sind nach außen durch Gummiabdichtungen (Feuchtigkeitsschutz)
gesichert. Abschließend lässt sich das Grundgehäuse durch einen wasserdichten Deckel verschließen,
der in Richtung Kamera einen RJ45-Anschluss (Ethernet) sowie den Anschluss für das Steuerungskabel
freilässt.

Zum anderen ist an der jeweiligen Kamera der vorhandene Wandarm durch den der Camio zu ersetzen.
Durch diesen werden die beiden Verbindungskabel (Ethernet und Steuerungskabel) geführt und mit den
entsprechenden wassergeschützten Anschlussbuchsen der jeweiligen Kamera verbunden. Probleme
bereitete im Test der HD-15-Stecker für die M12: Er ließ sich nur mit äußerster Kraftanstrengung
aufsetzen. Abschließend lassen sich die Kabelverbindungen auf der Camio-Seite anstecken und der
Wandarm mitsamt Kamera auf dem Grundgehäuse der Camio mit massiven Schrauben befestigen. Spätestens
bei der Montage mehrerer Kameras dürfte die Installation mit etwas Routine zügig von der Hand
gehen.

Nach der Hardwareinstallation der Camio ist die Kamera (wieder) betriebsbereit. Zur vollen
Nutzung der I/O-Box muss der Administrator allerdings die Hardwareerweiterung in der Kamerasoftware
(möglichst aktuelle Version – im Test 3.4.0.9) aktivieren. Der Akku der Acplus benötigt zudem zirka
48 Stunden Ladezeit. Vorausgesetzt, dass bei der Montage alle für die jeweilige Anwendung
benötigten Schalt- und Signalkabel installiert wurden, lassen sich alle weiteren Einstellungen über
die Konfiguration der Kamera durchführen.

Szenario Zutrittskontrolle

In dem auch im Handbuch in den wichtigsten Konfigurationsschritten beschriebenen Beispiel einer
Türsprechanlage/Zutrittskontrolle geht es um folgendes Szenario: Die Kamera ist beispielsweise im
Eingangsbereich eines Hauses montiert. Kommt ein Besucher und drückt die Türklingel, so schaltet
diese einen Signaleingang der Kamera. Dies löst konfigurationsgesteuert mehrere Aktionen
gleichzeitig aus: So schaltet die Kamera über den ersten Schaltausgang eine temporäre
Zusatzbeleuchtung vor Ort ein, gibt über den Lautsprecher eine Begrüßungsmeldung aus und aktiviert
zudem ihre Bildaufzeichnung. Parallel dazu baut die Kamera eine Video-SIP-Telefonverbindung (Voice
over IP) zum Computer des Pförtners auf.

Nimmt dieser das Telefonat über ein installiertes Softphone an, kann er den Besucher sehen
(Livebild) und sich mit ihm unterhalten. Das Gegensprechen erfolgt an der Kamera wahlweise über das
interne Mikrofon oder über die Camio und eine dortige Verbindung zum Mikrofon einer
Türsprechanlage. Über die Wähltasten des Softphones kann der Pförtner zudem verschiedene
Steuerungsbefehle (DTMF) an die Kamera übertragen. So lässt sich beispielsweise das Digital-Zoom
der Kamera aktivieren und deaktivieren und auch der angezeigte Bildausschnitt verschieben. Ferner
kann der Benutzer die Zusatzbeleuchtung über die Tastatur ein- und ausschalten. Hat der Pförtner
die Zugangsberechtigung des Besuchers festgestellt, kann er ebenfalls über Tastendruck am Softphone
den Türöffner betätigen. Dieser muss dann mit dem zweiten Schaltausgang der Camio verbunden
sein.

Auf die einzelnen Konfigurationsschritte soll hier nicht weiter eingegangen werden – diese
führen quer durch die Setup- und Administrationsmenüs einer Mobotix-Kamera und sind für einen
einigermaßen erfahrenen Administrator gut nachvollziehbar.

Als geeignetes Video-Softphone empfiehlt Mobotix das bekannte Freeware-Tool X-Lite von
Counterpath (www.counter path.com), das auch im Test zum Einsatz kam. Die Nutzung von
SIP-Videotelefonie in diesem Szenario ist zwar nicht zwingend erforderlich – der Anwender könnte
beispielsweise den normalen Browser-Zugang zur Kamera nutzen –, sie hat aber durchaus Charme: So
braucht beispielsweise lediglich das Softphone (Popup bei Anruf) auf dem Empfangsrechner aktiviert
zu sein, und bei Nutzung einer SIP-basierenden TK-Anlage (im Test lediglich Peer-to-Peer) lässt
sich der Anruf gegebenenfalls auch zu einer anderen Nebenstelle umleiten. Zudem ist die Lösung über
die Tastensteuerung sehr kompakt handhabbar, wenn auch das dargestellte Videobild – zumindest bei
X-Lite – nur im QCIF-Miniformat (160 x 120 Pixel) erscheint. Für die Personenerkennung sollte dies
aber genügen.

Fazit

Die Gesamtlösung hat das Testszenario prinzipiell gut bestanden, wenn auch Sprachqualität der
SIP-Verbindung nicht allzu überzeugend ist – für Gegensprechen und die dort nötige Verständigung
reicht sie aus. Insgesamt macht die Camio einen recht soliden Eindruck. Als kompakte Steuer- und
Schalteinheit dürfte sie in vielen Fällen die Realisierung entsprechender Installationen deutlich
erleichtern. Fachkenntniss aus dem Bereich der Elektroins-tallation sind allerdings ebenso
förderlich wie ein geübter Umgang mit der Kamera- und der Netzwerkadministration – die CamIO sollte
nicht mit einer Plug-and-Play-Lösung für Einsteiger verwechselt werden.


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