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E-Mobilität im Flottenmarkt

Von Tankkarte zu Lade-App: Fleetcor gibt das Tempo vor

Fleetcor Deutschland setzt auf über eine Million Ladepunkte, digitale Services und KMU-Fokus. VP Altan Cörekci erklärt, warum Elektromobilität längst kein Nischenthema mehr ist und welche Services jetzt entscheidend sind.

Autor:Diana Künstler • 8.9.2025 • ca. 4:25 Min

E-Auto laden
© Halfpoint – shutterstock.com

Fleetcor Deutschland ist Teil von Corpay Inc., dem börsennotierten US-Konzern, der im März 2024 von Fleetcor Technologies auf Corpay umfirmiert hat. Während die Muttergesellschaft damit einheitlich unter der Marke Corpay auftritt, agiert die deutsche Tochter weiterhin unter dem Namen Fleetcor Deutschland.

Das Unternehmen hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark gewandelt. Ursprünglich durch die Übernahme von Shell-Kunden groß geworden, bietet das Unternehmen heute weit mehr als klassische Tankkarten. Neben Kraftstoffen gehören Ladeinfrastruktur, Mautdienste, alternative Energieträger und zunehmend auch Zusatzservices wie Parken oder Fahrzeugwäsche zum Portfolio.

Deutschland ist dabei der wichtigste Markt. „Für diesen Geschäftsbereich ist Deutschland mehr als 50 Prozent des gesamten Geschäfts, sowohl vom Kundenstamm als auch vom Volumen her“, betont VP & General Manager Europe Altan Cörekci. Das Geschäftsmodell baut auf einer konsolidierten Abrechnung auf: Statt vieler Einzelbelege erhalten Kunden eine steuerbare Gesamtrechnung, die sich nahtlos in die Buchhaltung integrieren lässt – ob für Diesel, Strom oder Zusatzdienste. Für Mittelständler bedeutet das weniger administrativen Aufwand und mehr Transparenz. Neben klassischen Tank- und Ladekarten gehören inzwischen auch Mautdienste und alternative Kraftstoffe wie HVO100 zum Portfolio.

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Altan Cörekci, Fleetcor
Altan Cörekci, VP & General Manager Europe bei Fleetcor Deutschland: „Unsicherheit stoppt Investition: Das ist die größte Hürde für KMU beim Umstieg.“
© Fleetcor

Eine Million Ladepunkte: Signal für den Markt

Ein Schlüssel für den schnellen Ausbau war die Integration von PlugSurfing, einem B2B-Ladenetzwerk mit OEM-Partnerschaften. Durch die Bündelung aller europäischen Gesellschaften in einem zentralen Backend konnte Fleetcor die Zahl der angebundenen Ladepunkte innerhalb kürzester Zeit massiv steigern und im Frühjahr die Marke von einer Million Ladepunkte verkünden. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es rund 14.000 Tankstellen. „Ladestationen haben die Tankstellen schon lange überholt. Nicht nur in der absoluten Zahl, sondern auch in der Verfügbarkeit. Elektromobilität ist keine Nische mehr“, so Cörekci.

„Ladestationen haben die Tankstellen längst überholt. Elektromobilität ist keine Nische mehr.“

Im Wettbewerb mit DKV Mobility, Aral Fuel & Charge oder UTA Edenred liefert die PlugSurfing-Integration Fleetcor Deutschland entscheidende Vorteile: mehr Reichweite für Flottenkunden, eine größere Verhandlungsstärke gegenüber Ladeinfrastrukturbetreibern und zusätzliche Datenintelligenz für smarte Services. Das verschaffe Verhandlungsmacht gegenüber Anbietern und Zugang zu Premium-Netzen wie den Tesla-Superchargern. „Wenn unser Partnermanager mit neuen Ladestationsanbietern spricht, sind wir attraktiver als ein lokaler Anbieter“, erklärt Altan.

Regulierung als Flaschenhals, Technik als Treiber

Trotz aller Fortschritte bleiben die Unterschiede zwischen den Ländern groß. Während in den Niederlanden Genehmigungen beispielsweise schneller erteilt werden und das Netz frühzeitig auf erneuerbare Energien und Speicherlösungen ausgerichtet wurde, dauert der Prozess in Deutschland oft bis zu 18 Monate. „Wir würden gerne schneller ausbauen, aber es dauert einfach zu lange. In anderen Ländern ist die politische und regulatorische DNA eine ganz andere“, gibt Cörekci zu bedenken.

An der Technik liegt es nicht: „Die Ladeinfrastruktur ist teilweise schon weiter als die Fahrzeuge selbst“, erklärt er. 400-kW-Schnelllader sind längst verfügbar, doch viele E-Autos können diese Leistung gar nicht ausschöpfen. Plug & Charge, Lastmanagement in Depots oder smarte Routenplanung sind technisch ausgereift. Die eigentlichen Hürden sind Genehmigungsprozesse, Kosten und die Frage, wie gut Ladepunkte in den Alltag der Flotten integriert sind.

Alltagstauglichkeit für KMU-Flotten

Die Transformation entscheidet sich laut Altan Cörekci im Mittelstand. Große Unternehmen wie Siemens oder SAP errichten eigene Ladehubs, während kleinere Betriebe mit Investitionshürden kämpfen: Wallboxen für 2.000 Euro, teurere Leasingfahrzeuge, Netzanschlüsse. „Unsicherheit stoppt Investition – immer. Und dieses Gefühl haben viele KMU, wenn unklar ist, wie sich Förderprogramme entwickeln“, warnt Cörekci.

Besonders Pflege- und Handwerksbetriebe seien auf verlässliche Ladepunkte im direkten Einsatzgebiet angewiesen. „Wenn die Pflegekraft nach fünf Minuten beim Patienten weiter muss, darf sie nicht erst lange nach einer Ladesäule suchen.“ Für den Malerbetrieb im ländlichen Bayern spielt es keine Rolle, ob Fleetcor in Spanien oder Bulgarien Ladepunkte anbietet. Entscheidend ist die Verfügbarkeit im Umkreis weniger Kilometer.

„Wenn eine Pflegekraft nach fünf Minuten weiter muss, darf sie nicht erst die Ladesäule suchen.“

Auch die öffentliche Wahrnehmung hinkt der Realität hinterher: Deutschland verfügt über mehr als 160.000 Ladepunkte, doch viele sind AC-Anschlüsse mit elf Kilowatt, die im praktischen Einsatz wenig helfen. Supermarkt-Ladesäulen wirken auf dem Papier positiv, entpuppen sich aber als ineffizient, wenn lange Ladezeiten und Blockiergebühren anfallen.

Fleetcor verweist zudem darauf, dass sich Elektromobilität über die Jahre auch kostentechnisch auszahlt: Weniger Wartungsaufwand, geringere Betriebskosten und die flexible Kombination aus Laden zuhause, im Unternehmen und unterwegs führen mittelfristig zu deutlichen Einsparungen gegenüber Benzin- oder Dieselfahrzeugen.

Hinzu kommt die Komplexität der Preisgestaltung. Während Tankkarten seit Jahrzehnten etabliert und leicht verständlich sind, sehen sich Flotten heute mit Hunderten Ladesäulenanbietern und Tausenden Tarifen konfrontiert. Cörekci verweist auf die Vielzahl der Anbieter im Markt: „Bei der Bundesnetzagentur sind rund 900, teils auch über 1.000 Anbieter gelistet – von Stadtwerken bis Supermärkten. Jeder nutzt eigene Preismodelle, ob kWh-Preis, Minutenabrechnung oder Blockiergebühr.“ Und weiter: „Eine Tankkarte hat jeder verstanden. Eine Ladekarte ist komplexer und es ist nicht deren Kerngeschäft, das alles zu durchschauen. Das zu erklären, ist unser Job“, so der Fleetcor-VP. Typische Fragen wie „Warum kostet meine Kilowattstunde 1 Euro?“ seien Alltag. Die Antwort: Neun Stunden am Ladepunkt mit Blockiergebühr. Genau hier setze Fleetcor an: mit Beratung, Aufklärung und digitalen Tools, die Transparenz schaffen.

Digitalisierung und Value-Added Services

Neben dem Ausbau des Netzes setzt Fleetcor Deutschland auf digitale Services. Die Fleetcor-App bündelt Tank- und Ladekarten und integriert smarte Routenplanung. Für Flottenmanager bietet das Online-Portal MyFleetcor zentrale Verwaltungsfunktionen: von Kartenbestellung über Transaktionsanalyse bis zur Sperrung bei Verlust. Künftig sollen Ladekarten so restriktiv steuerbar sein wie Tankkarten, etwa mit Limits nach Land oder Preis.

Darüber hinaus erweitert Fleetcor als Teil von Corpay sein Ökosystem systematisch: Mit der Integration von Pay-by-Phone wird Parken Teil des Angebots, ergänzt um Fahrzeugwäsche und weitere fahrzeugbezogene Services. In den Niederlanden gibt es bereits Produkte, die nur Zusatzdienste wie Parken oder Waschen abwickeln. Damit entwickelt sich das Unternehmen vom Kartenanbieter zum umfassenden Mobilitätsdienstleister für Flotten.

Fazit

Die Million Ladepunkte ist ein sichtbares Signal für den Wandel, aber der eigentliche Mehrwert liegt in der Kombination aus Reichweite, Digitalisierung und Praxisnähe. Während Marktbegleiter ihre Tankkartenlogik in die E-Mobilität verlängern, positioniert sich Fleetcor Deutschland als Marktplatz für Zahlungslösungen mit klarem Mittelstandsfokus. „Elektromobilität ist längst keine Nische mehr. Sie prägt den Markt von morgen und wir gestalten ihn aktiv mit“, fasst Altan Cörekci zusammen.