Sony SDX-460V

Gebremster Turbo

26. September 2007, 13:16 Uhr | Andreas Stolzenberger

Die neu aufgelegte Turbo-Variante des 8mm-Bandlaufwerks AIT-1 verspricht neben einer höheren Kapazität auch schnellere Transferraten.

Seit acht Jahren offeriert Sony mit den Bandlaufwerken der »Advanced Intelligent Tape«-Familie recht solide Streamer mit durch die Bank guten Leistungsdaten. Kein anderer Hersteller liefert derzeit eine Laufwerkfamilie, die durch drei Generationen lese- und vor allem schreibkompatibel arbeitet. Erst AIT-4 bricht mit dieser Tradition und kann AIT-1-Bänder nur noch lesen. Sony entwickelt AIT neuerdings auf zwei Schienen weiter. Die angekündigten Generationen AIT-5 und -6 sollen mit doppelter Kapazität und Performance im Vergleich zum jeweiligen Vorgänger operieren. Auf der anderen Seite baut der Hersteller das Low-End weiter aus. Die neuen Turbo-AIT-Laufwerke liefern geringere Kapazitäten bei hohen Durchsatzraten und zielen auf den SMB-Markt. T-AIT-E mit 20 GByte pro Band und 6 MByte/s Datendurchsatz soll endgültig die weit verbreiteten 4mm-DAT-Streamer ablösen. Zudem bringt Sony nun eine Turbo-Version des AIT-1-Laufwerks auf den Markt, das Network Computing im Labor testete.

AIT-1 arbeitete bislang mit 35-GByte-Cartridges bei einem Datendurchsatz von 3 MByte/s. Im AIT-3-Streamer eingesetzt, bringt es eine AIT-1-Cartdridge auf Transferraten von mehr als 6 MByte/s. Also läge der Verdacht nahe, dass Sony eine AIT-3-ähnliche Laufwerkmechanik im Turbo-AIT einsetzt, um höhere Durchsätze zu erzielen. Dem ist leider nicht so. Mit T-AIT führt Sony eine neue Cartridge ein. Statt 230 m Band mit 35 GByte enthält die T-AIT-1-Cartridge nur 186 m Band, schafft dabei dank höherer Schreibdichte ganze 40 GByte und bringt es auf 6 MByte/s. Das T-AIT-1-Laufwerk kann dennoch mit den alten AIT-1-Bändern arbeiten, allerdings bei der gewohnten, niedrigeren Transfergeschwindigkeit. Alle regulären AIT-Cartridges setzen einen »Memory in Casette«-Chip, MIC ein. Dieser sichert Informationen zum Inhalt des Bands. So kann eine Backup-Software den Inhalt des Bands bestimmen, bevor das Helical-Scan-Laufwerk die Cartridge einfädelt und zu lesen beginnt. Doch ein MIC kostet Geld. Um den Preis der Einsteigerlaufwerke weiter zu senken, verzichtet Sony beim AIT-E gänzlich auf den MIC und offeriert diesen bei T-AIT-1-Cartridges nur als Option. In der Praxis bedeutet das, dass das Laufwerk gute 10 Sekunden länger braucht, um das eingelegte Band zu identifizieren. Das ist vergleichsweise lang, wenn man bedenkt, dass das Laufwerk insgesamt nur 30 Sekunden braucht, um nach dem Einlegen einer Cartridge die Arbeit zu beginnen. Da T-AIT eher als Einzellaufwerk als in einem Loader arbeitet, kann man diese Ladezeit jedoch verschmerzen.

Als weitere Neuerung führt Sony bei allen T-AIT und AIT-Laufwerken eine zusätzliche, externe Staubschutzklappe ein, um die Streamer vor Verunreinigungen zu Schützen. Da T-AIT auf den Lüfter am Ende des Gehäuses verzichten kann, verringert sich das Verschmutzungsrisiko nochmals. Wiederum aus Kostengründen offeriert Sony neben den üblichen Laufwerkvarianten mit SCSI-Interface auch ATA-Laufwerke.

Steckbrief

SDX-460V

Hersteller: Sony

Charakteristik: 8mm-Helical-Scan-Bandlaufwerk mit 40 GByte Kapazität pro Band

Kurzbeschreibung: Als Erweiterung des AIT-1-Laufwerks liefert der Turbo-AIT-1-Streamer 40 GByte pro Band bei einer Durchsatzrate von 6 MByte/s. Das Laufwerk kann weiterhin mit AIT-1-Cartridges arbeiten.

Web: www.storagebysony.com

Preis: ca. 600 Euro

Dem Test von Network Computing stellt sich die interne ATA-Variante des T-AIT-1-Laufwerks, das SDX-460V. Als Computer kommt ein Intel-Pentium-4-System mit einem original Intel-Desktop-Board D865GBF unter Windows XP Service Pack 2 zum Einsatz. Dem Laufwerk packt Sony eine 45-Tage-Demo-Variante der Backup-Software Retrospect 6.5 von EMC/Dantz bei. Da Network Computing ohnehin die neue Version 7 der Retrospect-Software im Labor installiert hat (siehe Test auf Seite 20), läuft der Test mit dieser Software. Um die Performance und Kompatibilität des neuen Turbo-Laufwerks mit anderen Familienmitgliedern zu vergleichen, baut Network Computing in den Testrechner zudem ein AIT-3- (SDX-700C) und ein AIT-1-Laufwerk (SDX-400C) ein, beide mit SCSI-Interface.

Windows erkennt das neue Laufwerk am ATA-Bus, kann ohne externen Treiber damit aber nichts anfangen. Sony liefert die passende Software mit. Retrospect nutzt jedoch eigene Treiber und verzichtet auf den Windows-eigenen.

Die ersten Messdaten enttäuschen. gerade mal 3 MByte/s schafft T-AIT-1 als Durchsatz, obwohl der Hersteller das Doppelte verspricht. Zudem schnellt während des Backup-Vorgangs die CPU-Last des Pentium-4-Systems mit einer 3-GHz-HT-CPU auf satte 70 Prozent. Die Ursache für dieses Versagen zeigt die Systemsteuerung: Windows konfiguriert den ATA-Port des Laufwerks stur auf PIO-Modus, obwohl das Laufwerk UDMA-Transfers unterstützt. Auch das Rechner-Bios des Intel-Systems bescheinigt dem Bandlaufwerk UDMA, doch der Windows-Treiber will davon nichts wissen. Auch ein Treiberupdate für den ICH-5 des Intel-Chipsets ändert daran nichts. Auf eine AIT-Cartridge schreibt der SDX-460V mit der gleichen Performance bei einer ähnlich furchterregenden CPU-Last. Im direkten Vergleich zeigen die SCSI-Laufwerke, wo es lang geht. Das alte AIT-1 (SDX-400C) sichert die Testdaten mit 3 MByte/s auf das AIT-1-Band, das AIT-3-Laufwerk (SDX-700C) schafft sogar 7 MByte/s. Beide SCSI-Laufwerke verursachen dabei weniger als 10 Prozent CPU-Load für den Backup-Prozess. Alle drei Laufwerke können, wie versprochen, AIT-1-Cartridges lesen, schreiben und untereinander austauschen.

UDMA gibt Gas

Um Probleme mit der Rechner-Hardware auszuschließen, baut Network Computing den Streamer in einen anderen PC. Das zweite Testsystem enthält das Workstation-Board Tyan »Tiger K8WS«. Dieses System arbeitet mit einer AMD-Opteron-148-CPU und dem AMD-8000-Chipsatz. Das Bios dieses Systems erkennt den ATA-Streamer überhaupt nicht, jedoch findet die Windows-XP-Installation das Laufwerk. Hier konfiguriert Windows den Port des AMD-8111-PCI-IDE-Controllers korrekt auf den Transfer-Modus UDMA2.

In diesem System packt das Sony-Laufwerk dann doch noch den Turbo aus und liefert mit T-AIT-Band die versprochenen Transferraten um 6 MByte/s. Auch die CPU-Last bleibt mit 10 bis 20 Prozent im akzeptablen Rahmen. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe bleibt jedoch unklar, warum das Laufwerk im Intel-System nur mit PIO-, auf dem Opteron-PC aber mit UDMA-Transfermodus arbeitet. Network Computing wird die Antwort in einer der kommenden Ausgaben nachreichen, gemeinsam mit einem der Tests der neuen AIT-4- unf Turbo-AIT-2-Laufwerke.

Fazit: Der SDX-460V hält im Großen und Ganzen, was der Hersteller verspricht – dank ATA-Interface allerdings nicht zwingend in jedem Rechner. Das wiederum verwundert wenig, schließlich sollten professionelle Anwender ATA-Interfaces nur für den Betrieb von CD- oder DVD-Laufwerken einsetzen. Professionelle Massenspeicher gehören an SCSI-Schnittstellen, und Sony offeriert T-AIT-1-Geräte selbstverständlich auch mit SCSI-Interface. Ob das Laufwerk im Dauerbetrieb ähnlich stabil wie sein Vorgänger arbeitet (siehe Langzeittest AIT-1 in Ausgabe 09-10/2002), oder ob Sonys abspeckende Maßnahmen hier Lücken entstehen lassen, muss die Praxis erst noch zeigen. [ ast ]


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