Systemhausgeschäft

Gefährliches Spiel auf Zeit

14. März 2014, 11:45 Uhr | Martin Fryba

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Amerika im Cloud-Business weit voraus

»Wer in zwei Jahren nicht mit einer eigenen Cloud-Lösung aufwarten kann, ist tot«, sagt Romi Randhawa, Inhaber des Systemintegrators HPM Networks aus dem Silicon Valley, der seine Firma kürzlich an Cancom verkauft hat (CRN berichtete). Während hierzulande viele Systemhaus-Inhaber noch darüber sprechen, dass ihre Kunden nur wenig Interesse an Cloud-Lösungen zeigen, passen amerikanische Integratoren wie HPM ihre Geschäftsmodelle längst an die steigende Cloud-Nachfrage an.

Freilich: Auch im US-Channel gibt es viele regionale Systemhäuser, die den Druck zur Anpassung nur wenig spüren. Eine Studie der amerikanischen CRN ergab aber schon 2011, dass Systemintegratoren mit Cloud-Angeboten deutlich schneller wachsen als »old school vintage VARs. Ein Viertel von ihnen begründet ihr Festhalten am klassischen Systemhausgeschäft damit, dass sie schlicht keine Nachfrage nach Cloud-Services sehen würden.

Wo kein Druck, da keine Notwenigkeit zum Wandel – aber die Einsicht, dass sich der Wind doch eines Tages drehen könnte. So kann man die Lage im amerikanischen IT-Channel zusammenfassen, die auch symptomatisch für deutsche Systemhausgespräche ist. Das zeigt eine unter Systemhaus-Experten kürzlich geführte Diskussion, die sich an einem Statement von Cancom-Chef Klaus Weinmann in einem CRN-Interview entzündete. iTeam-Geschäftsführer Olaf Kaiser hatte Weinmanns Prognose in Facebook zur Diskussion gestellt, wonach Systemhäuser, deren Kunden bis 50 IT-Arbeitsplätze haben, in den kommenden fünf Jahren ein Drittel ihres Umsatzes verlieren würden, weil Kunden verstärkt Cloud-Services nutzen werden.

Einhellige Ablehnung erfährt Weinmann von Seiten kleinere Systemhäuser zwar nicht. Die mittelständischen Inhaber der IT-Häuser sehen ihr Kerngeschäft außerhalb des Cloud-Hypes nicht gefährdet. »Soll bei Cloud-Geschäftsmodellen der Techniker mit dem Fallschirm kommen?«, fragt etwa spöttisch Karsten Agten, Geschäftsführer bei IT-On.NET GmbH. Agten wäre freilich ein sorgloser Manager, würde er die Entwicklung im Markt nicht genau beobachten. Das tut er genau so wie Gerald Gruhl von pdv-systeme Sachsen GmbH: »Wir werden das Thema wachsam und kritisch beobachten, ohne uns von diesen Leuten verrückt machen zu lassen«.

In wilden Aktionismus zu verfallen, dafür gibt es angesichts der seit Jahren guten Systemhaus-Konjunktur keinen Grund. Der dynamische Wandel im IT-Markt verunsichert die Akteure dennoch, die ihr Unternehmen zukunftsfähig machen wollen, ohne die zukünftige Richtung genau zu kennen. Die kennt vielleicht auch ein Systemhausriese wie Cancom nur in groben Umrissen. Doch Klaus Weinmann weiß, dass das Festhalten am einmal eingeschlagenen Kurs die schlechteste aller Option ist. Man verliert die meiste Zeit damit, dass man Zeit gewinnen will, warnte Schriftsteller John Steinbeck vor den Gefahren der Unentschlossenheit. In einem Markt, der vor großen Umbrüchen steht, wäre Untätigkeit der größte Fehler, den ein Unternehmer begehen kann.


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