Wer keinen Aufwand in die Entwicklung einer komplett eigenen Cloud-Infrastruktur investieren möchte, kann auf eine stetig wachsende Zahl kommerzieller und Open-Source-Lösungen zurückgreifen. Neben bekannten Open-Source-Lösungen wie Openstack, Eucalyptus oder Cloudstack existieren auch vermeintlich kleinere Lösungen wie OpenQRM. Hierbei handelt es sich um eine Infrastruktursoftware, die aus dem Bereich des Data-Center-Managements stammt.
Auch wenn OpenQRM initial bereits im Jahr 2004 erschienen ist und sich damit deutlich länger am Markt befindet als andere Open-Source-Cloud-Infrastrukturlösungen, hält sich der Bekanntheitsgrad eher in Grenzen. Das liegt überwiegend an den umfangreichen Marketing-Aktivitäten der Mitbewerber. Denn mit seinen Funktionen und der unterstützten Technik muss sich OpenQRM keineswegs verstecken.
Ganz im Gegenteil, der Funktionsumfang von OpenQRM ist um ein Vielfaches größer als der von Openstack oder Eucalyptus, die sich beide ausschließlich auf das Thema Cloud, also vorwiegend auf die Provisionierung von virtuellen Maschinen (VMs) konzentrieren. OpenQRM hingegen liefert zusätzlich eine vollständige Lösung für das Data-Center-Management.
Insbesondere der Bereich des Data-Center-Managements darf für den Aufbau einer Cloud-Infrastruktur nicht vernachlässigt werden, um den Überblick und die Kontrolle über die darunterliegende Infrastruktur zu behalten. OpenQRMs lange Historie hatte dazu geführt, dass die Lösung in den vergangenen Jahren stetig viele neue Funktionen erhalten hat. Das resultierte jedoch darin, dass OpenQRM ein wenig den Fokus verlor.
In der Version 5.0 fing der Anbieter bereits damit an, die Strukturen deutlich zu kennzeichnen und die jeweiligen Funktionen in konkrete Workflows zu unterteilen. Für die aktuelle Version 5.1 hat er dies noch einmal verbessert, was sich ebenfalls in der Optik des OpenQRM-Backends, der zentralen Anlaufstelle für Administratoren, widerspiegelt.
Bausteine
Grundsätzlich besteht OpenQRM aus zwei integrierten Bausteinen, die aufeinander aufsetzen: Das „Data-Center-Management“ zur vollständigen Adminstration ganzer Rechenzentren und „Cloud Automation“ für die komplette Automatisierung inklusive Cloud-Self-Service oder Infrastructure as a Service (IaaS) für das Data-Center-Management. Beide Bausteine bilden die Grundlage für den durchgängigen Aufbau einer Cloud-Infrastruktur, von der grundlegenden Infrastruktur über das Cloud-Management bis hin zum Bereitstellen von Ressourcen und Services.
In einem Satz zusammengefasst, lässt sich OpenQRM als eine Open-Source-Cloud-Computing-Plattform für die vollständige Verwaltung von Rechenzentren und skalierbaren IT-Infrastrukturen beschreiben. Eine zentrale Management-Konsole unterstützt bei der Administration von physischen wie auch virtuellen Servern, mit der sich eine hybride Rechenzentrumsinfrastruktur automatisiert und skalierbar betreiben lässt. Neben einer offenen API sowie einem SOAP Web Service für die Integration eigener Geschäftsprozesse unterstützt OpenQRM alle bekannten Virtualisierungstechniken – darunter VMware ESX, KVM und Citrix Xenserver – und bietet Möglichkeiten zur Migration in den Bereichen P2P, P2V, V2P und V2V.
Zudem verfügt OpenQRM über ein integriertes Storage-Management für Netapp, NFS, iSCSI etc., mit dem anhand von Snapshots Server-Systeme dupliziert werden können. Die Snapshots ermöglichen eine dynamische Anpassung des Speicherplatz, bieten einen persistenten Cloud-Speicher und erlauben das Backup/Restore von Servern inklusive deren Versionierung.
Eine N-zu-1-Failover-Funktion stellt mehreren Server-Systemen einen einzelnen Hot-Standby-Server zur Verfügung, unabhängig davon, ob es sich dabei um physische oder virtuelle Maschinen handelt. Typischerweise wird zur hochverfügbaren Absicherung von zum Beispiel zehn Servern die gleiche Anzahl an Standby-Systemen benötigt. Mit einem N-zu-1-Failover wird lediglich ein Standby-Server benötigt, der im Fehlerfall eines Servers unabhängig von dessen Konfiguration zum Einsatz kommt. Auch das Failover-Szenario eines physischen Severs in eine virtuelle Maschine wird von OpenQRM unterstützt.
Mit der neuen Lösung OpenQRM Enterprise 5.1.1 wurde die automatische Administration von Windows-Systemen inklusive der automatischen Provisionierung über das OpenQRM-Management-System eingeführt. Das beinhaltet auch die automatische Installation eigener Applikationen via Puppet.
Zu den Cloud-Eigenschaften von OpenQRM zählen der Cloud-Produkt-Manager, mit dem ein Administrator seine Cloud-Produkte wie Prozessoren, Speicher, Festplattengröße, den Typ der virtuellen Maschine und deren Preise frei festlegt. Über das Cloud-Portal bestellen die Endnutzer ihre virtuellen Maschinen entweder nur mit Betriebssystem oder vollständigen Applikations-Stacks oder weiteren Services. Mit einem Kostenrechner lassen sich vorab die stündlichen, täglichen und monatlichen Kosten für eine bestellte Ressource berechnen.
Unterstützung von VMware und Amazon AWS für die Hybrid Cloud
Seit Version 5.1 wurde die Integration von VMware verbessert. Nach dem Auto-Discovery einer bestehenden VMware-ESX-Umgebung bietet OpenQRM vergleichbare Möglichkeiten zu den üblichen kommerziellen Verwaltungssystemen für VMware.
Zudem wurde die Unterstützung der Public Cloud mittels Amazon Web Services (AWS) und Eucalyptus Cloud integriert, um auf dieser Basis eine Hybrid Cloud aufzubauen. Somit lassen sich AWS als auch Eucalyptus als externe Ressourcenanbieter anbinden, um von diesen Rechenleistung und Speicherplatz nutzen zu können.
In diesem Zusammenhang ist auch die Integration in Puppet interessant, mit der Endanwender virtuelle Maschinen mit personalisierten Software-Stacks auf einer Public-Cloud-Infrastruktur bestellen können. Die bemerkenswerteste Funktion ist die Berücksichtigung des High-Availability-Konzepts von AWS: Sollte eine Amazon-EC2-Instanz ausfallen, sorgt OpenQRM automatisch dafür, dass eine neue gestartet wird.
Dabei wird sogar der Fehlerfall einer vollständigen Amazon Availability Zone (AZ) berücksichtigt. Für den Fall, dass eine AZ nicht mehr erreichbar ist, wird die jeweilige EC2-Instanz in einer anderen AZ innerhalb derselben Region neu gestartet.
Die Erweiterung um die Hybrid-Cloud Funktionalität ist ein wichtiger Schritt für die Zukunft aller Anbieter von Cloud Infrastrukturlösungen. Das Ergebnis einer Umfrage von Rackspace hat gezeigt, dass 60 Prozent der IT-Entscheider die Hybrid Cloud als Hauptziel vor Augen haben.
Viel Funktionalität und Detailverliebtheit
OpenQRM bietet eine große Funktionsvielfalt für den Aufbau und die Verwaltung von RZ- und Cloud-Infrastrukturen. Die Integration von VMware-Technik wie ESX ist eine beachtenswerte Schlüsselkomponente. Schließlich gilt VMware weiterhin als die führende Virtualisierungstechnik am Markt, wodurch OpenQRM seine Attraktivität erhöht, um als Open-Source-Lösung zur Steuerung von VMware-Infrastrukturen zum Einsatz zu kommen.
Auch die neuen Hybrid-Cloud-Funktionen wissen zu überzeugen, wobei die Orientierung an dem aktuellen Public-Cloud-Marktführer Amazon Web Services nicht überrascht. Besonders hervorzuheben sind das automatische Applikations-Deployment mittels Puppet, mit dem Endanwender sich automatisiert Amazon-EC2-Instanzen mit vollständigen Software-Stacks bestellen können, und das Berücksichtigen der Amazon Availability Zones übergreifenden Hochverfügbarkeit – zumal dies von vielen Cloud-Nutzern aus Unwissenheit immer wieder vernachlässigt wird.
Die beschriebene Funktionsvielfalt gehört gleichzeitig zu den Schwächen von OpenQRM. Dabei handelt es sich nicht um eine technische oder funktionale Schwäche. Aber sie macht das Gesamtprodukt sehr erklärungsbedürftig und damit schwieriger zu vermarkten. Manchmal ist weniger einfach mehr, um die Message hinter dem Produkt aufzubauen und den potenziellen Kunden zu zeigen, worin die eigentlichen Mehrwerte bestehen. OpenQRM würde es gut tun, sich weg von der riesigen Detailverliebtheit an einzelnen Funktionen zu bewegen und diese für den Kunden in verständliche Lösungsansätze zu verpacken.