Noch keine geeignete Formel zur Ermittlung der Energieeffizienz von Rechenzentren

Kennzahlen über Energieeffizienz verschleiern Probleme der IT-Systeme

10. Juli 2008, 22:57 Uhr |

Alle reden von einer Verbesserung der Energiebilanz von Rechenzentren. Doch noch gibt es keinen verlässlichen Standard und keine Kenngröße, an der sich ein "gutes" Rechenzentrum von einem " schlechten" unterscheidet. Die gegenwärtig genutzten Kenngrößen werden bereits von verschiedenen Analysten kritisiert, da sie nur das Problem der RZ-Umgebung, nicht aber das der IT-Geräte an sich berücksichtigen.

Bislang wird bei der Verbesserung des Stromverbrauchs von Rechenzentren am liebsten nur mit dem
Einsparungswert argumentiert. Das heißt, man setzt den aktuellen Stromverbrauch eines
Rechenzentrums als 100 Prozent an, führt dann diverse Stromspar-Maßnahmen durch und setzt den
daraus resultierenden geringeren Stromverbrauch in Relation zum vorherigen Wert. Dieser Wert stimmt
natürlich nur, wenn zwischenzeitlich nichts an der Performance des Rechenzentrums verändert
wurde.

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Am liebsten werden die dabei erzielten Stromeinsparungen dann entweder in Euro oder in einen
passenden CO2-Wert umgerechnet, was immer zu beeindrucken Zahlen führt. Doch diese Darstellung hat
keine Relevanz für die CIOs anderer Rechenzentren, sondern erhellt nur die Gesichter der Finanz-
und PR-Chefs der betroffenen Unternehmen. Diese Angaben sagen auch nichts darüber aus, ob nicht im
Vergleich mit anderen Rechenzentren viel mehr Verbesserungen möglich gewesen wären.

Wichtiger wäre es, einen Quotienten zu finden, der die gesamte Rechenleistung ins Verhältnis zum
Stromverbrauch setzt, also einen RZ-Wirkungsgrad, so wie es ihn bei der Umwandlung von elektrischer
in mechanischer Energie schon lange gibt.

Der Divisor für den RZ-Wirkungsgrad ist einfach zu ermitteln: Es ist der gesamte Stromverbrauch
des Rechenzentrums, inklusive Licht, Kühlung und anderer Nebenleistungen. Schwieriger ist es, den
Dividenden festzulegen. Cullen Bash, HPs Forschungsleiter im Bereich RZ-Effizienz, meint, dass der
beste Wert dafür die Rechenleistung in MIPS (Millionen Instruktionen pro Sekunde) ist.

Doch das ist sehr theoretisch. Zu den tatsächlich genutzten MIPS müssten neben den Prozessoren
auch die Leistungen von Appliances und Netzwerkkomponenten einfließen, das aber ist gegenwärtig
nicht kontinuierlich messbar. Außerdem müssten diese Werte über einen längeren Zeitraum von Tagen,
Wochen oder gar einem Monat kumuliert werden, damit sie eine aussagefähige Größe darstellen.

Da es also keine verlässlich messbaren Werte für die genutzte Rechenleistung gibt, substituieren
verschiedene Institute und Behörden diesen Wert durch andere, einfacher zu messende Angaben.

Allgemein üblich hat sich inzwischen der Wert "Power Usage Efficiency" (PUE) durchgesetzt.
Hierbei wird der gesamte vom Rechenzentrum benötigte Stromverbrauch ins Verhältnis zum
Stromverbrauch der IT-Geräte gesetzt. Das ergibt dann einen Wert von eins bis unendlich, wobei das
Green-Grid-Konsortium davon ausgeht, dass die meisten heutigen Rechenzentren einen Wert von drei
haben. Das heißt, die gesamte Stromaufnahme ist dreimal so hoch wie der Verbrauch der
IT-Infrastruktur.

Ein Problem dieser Zahl ist die exakte Ermittlung des Strombedarfs aller IT-Geräte. Die Addition
aller Nennleistungen ist zu einfach, da in diesem Fall ein kaum genutzter Server oder ein
Backup-Laufwerk den gleichen Wert hat wie ein mit Volllast laufendes Plattenlaufwerk. Genauere
Daten lassen sich nur ermitteln, wenn für alle IT-bezogenen Geräte, wie Server, Storage,
Appliances, Switches, Router, RZ-Monitore und Verwaltungs-Workstations eigene Stromkreise angelegt
werden und deren Verbrauch über entsprechende Zwischenzähler gemessen wird.

Mit der so errechneten Kennzahl lassen sich dann sehr gut die Verbesserungen an der IT-Umgebung
ermitteln, also Einsparungen an der Kühlung oder am Licht. Ungeeignet ist diese Zahl aber im
Hinblick auf Verbesserungen an der IT-Infrastruktur. So verbessert das Hinzufügen von nutzlosen
Servern, diesen Wert sogar, wogegen das Abschalten von Servern durch Virtualisierung den Wert
verschlechtert. Auch der Einsatz stromsparender Prozessoren oder Verbesserungen bei den Swichtes
und Routern verschlechtern diesen Wert.

Einige Analysten meinen deshalb bereits, dass die Verzerrung dieses Wertes möglicherweise von
den IT-Herstellern gewünscht ist. "Diese Zahl lenkt von den eigenen Verbrauchsproblemen ab und
schiebt den schwarzen Peter auf die IT-Umgebung", meint beispielsweise Michael Markides, Analyst
bei IMS Research.

Harald Weiss/wg


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