Die Softwarehersteller tun sich schwer, ihre Modelle zu überarbeiten

Lizenzen erweisen sich als eine dunkle Seite der Virtualisierung

28. Juni 2009, 22:57 Uhr |

Seit Jahrzehnten berechnen Softwarehersteller ihre Lizenzgebühren nach Hardwarekriterien wie der Anzahl von Servern, Prozessoren oder Clients. Im virtualisierten Rechenzentrum sind diese Vereinbarungen indes obsolet. Die getroffenen Vereinbarungen sind dennoch einzuhalten - sonst drohen saftige Nachzahlungen.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – die Losung der Französischen Revolution gilt nur bedingt
für den Umbruch, der derzeit in den Rechenzentren stattfindet: die Virtualisierung aller
Ressourcen. Denn viele Softwarehersteller erweisen sich durch ihre Lizenzregeln als Spielverderber:
"Die Regeln schränken die Freiheit der Unternehmen ein, vom Potenzial der Technik voll Gebrauch
machen zu können", urteilt Duncan Jones, Analyst bei Forrester.

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Noch immer kleben die Hersteller aus Angst vor Umsatzeinbußen großteils an ihrer lieb gewonnenen
Tradition, die Lizenzen mit hardwarebasierten Messwerten zu verknüpfen: Server, Prozessor,
Prozessorkern oder Rechner. Für die Anwender erweist sich dieses Modell bei
Virtualisierungsprojekten allerdings als äußerst nachteilig, da es ihre Lizenzkosten schnell
vervielfachen kann. "Das Thema Lizenzen zählt zu den dunklen Seiten der Virtualisierung", stellt
daher Jack Santos, Analyst der Burton Group, klar.

Ein Beispielszenario: Bislang benötigten Anwenderunternehmen für zwei Applikationen, die auf
jeweils zwei physischen Servern mit je zwei Kernen liefen, jeweils vier Pro-Prozessor-Lizenzen.
Virtualisiert man die vier Rechner nun, verlangt so mancher Softwerker nun für eine Anwendung acht
Lizenzen – eine für jeden Prozessor, auf dem die Software laufen kann.

So verfährt Oracle ebenso wie BMC oder IBM – wenn der Kunde nicht ausdrücklich das
Sub-Capacity-Lizenzmodell wünscht. "Viele Hersteller ignorieren das Problem schlicht und legen den
Unternehmen Lizenzverträge vor, in denen überhaupt nicht geregelt ist, wie die Bedingungen in
virtuellen Umgebungen anzuwenden sind", so Jones. Ein Einkäufer oder Jurist frage solche Details in
der Regel auch kaum nach.

"Deshalb ist es wichtig, dass diese Experten die Virtualisierungspläne ihrer Kollegen in der IT
verfolgen und deren Auswirkungen verstehen", so der Analyst. Andernfalls könnte ein böses Erwachen
folgen. So flatterte einem Forrester-Kunden nach einem Software-Audit eine saftige Rechnung von
über einer Million Dollar ins Haus, da er für seine virtuelle Umgebung nicht genügend Lizenzen im
Einsatz hatte. Laut Jones machen die Hersteller dabei auch keinerlei Ausnahmen bei großen
Unternehmen. Hier gilt dann doch das Prinzip der Gleichheit.

"Ob die Lizenzvereinbarungen fair oder logisch sind, steht bei einem Audit schließlich nicht zur
Diskussion. Hier wird nur überprüft, ob die Lizenzregeln der Hersteller eingehalten werden",
bestätigt Stewart Buchanan, Analyst bei Gartner. Dennoch registriert er keineswegs, dass die
Software-Audits die Einstellungen der Anwender verändern: Sie wollen die Lizenzen mobil verschieben
können. Deshalb legt Forrester-Experte Jones ihnen eindringlich nahe: "Es ist besser, in den
Grenzen der Vereinbarungen zu arbeiten als sie zu ignorieren."

Sehr enge Grenzen steckt beispielsweise Oracle, indem es die Lizenzen nach wie vor nach der Zahl
der physischen Server berechnet – es sei denn, Kunden nutzen den Hypervisor des Anbieters. Doch
auch dann wird nur nach virtuellen CPUs lizenziert, wenn man die Virtual Machine (VM) durch harte
Codierung an feste CPUs bindet. "Damit will Oracle natürlich seinem Hypervisor Marktvorteile
verschaffen", sagt Santos. Für die Kunden sei die Lösung aber nicht optimal, da sie auf
fortgeschrittene Virtualisierungsfunktionen wie Live-Migration – also das Verschieben einer
Anwendung von einem physischen Server auf einen anderen im laufenden Betrieb – verzichten müssten,
wenn man eine VM an eine oder mehrere physische CPU-Kerne binde.

Noch eine weitere Ausnahme ist möglich – das Abschließen individueller Vereinbarungen. "Doch
sollte Oracle endlich öffentlich virtuelle CPU-basierte Lizenzen für alle bekannten virtuellen
x86-Umgebungen anbieten und die Unklarheiten beseitigen", macht Santos Druck auf den
Hersteller.

Dies gelte neben den Lizenzen auch für den Support: So unterstützt Oracle mittlerweile zwar
VMwares ESX Hypervisor, hat seine Business-Suite aber nicht dafür zertifiziert. Das heißt: Oracle
hilft Anwendern nur dann bei Problemen weiter, wenn der Fehler bereits bekannt ist. Andernfalls
muss der Kunde den Fehler erst auf einem physischen Server nachweisen.

Im Gegensatz dazu loben die Experten Microsoft mit seinem Server Virtualization Validation
Program und seinen Lizenzregeln, die laufend verfeinert werden: "Der Hersteller will seine Kunden
nicht bestrafen, wenn sie ihre Hardware effizienter einsetzen wollen. Sie sollen aber auch keine
zusätzlichen Kapazitäten umsonst erhalten", so Forrester-Experte Jones.

Er hält es für einen fairen Ansatz, dass Microsoft ebenso wie IBM die Lizenzen basierend auf den
laufenden Instanzen berechnet. Dabei verlangt die Gates-Company im Gegensatz zu IBM weder eine
formale Vertragsänderung noch den Einsatz der eigenen Software für die Berechnung der laufenden
Systeme.

Sabine Koll/wg


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