Unternehmen mit mehreren Niederlassungen an unterschiedlichen Orten kommen in allen Arten und Größenordnungen vor. Ihre Prob-leme gleichen sich: WAN-Verbindungen leiden oft an langer Übertragungsdauer und häufigen Timeouts. Verteilte, mehrfache Datenhaltung verursacht Dateninkonsistenzen. Zur Problemlösung gibt es unterschiedliche Ansätze auf Netzwerk-, Storage- und Anwendungsebene. Diese weisen jedoch häufig erhebliche Nachteile auf und reichen jeder für sich allein genommen nicht aus, um alle Hindernisse zu beseitigen.
Geringe Leistung und schlechter Zugriff auf Informationen sind häufige Auswirkungen
ineffizienter WAN-Verbindungen. Folgen sind vor allem reduzierte Produktivität, aber auch Risiken
wie Kundenunzufriedenheit oder die Nichteinhaltung gesetzlicher Vorschriften. Hohe Ausgaben für
zusätzliche Netzwerkbandbreiten und hohe Verwaltungskosten in Niederlassungen sind weitere mögliche
Folgeerscheinungen. Die Hauptursachen für diese Probleme sind zu geringe verfügbare Bandbreite bei
den WAN-Verbindungen, hohe Latenzwerte sowie protokollbedingte Einschränkungen im WAN wie zum
Beispiel Handshake-Overheads.
Typische WAN-Bandbreiten bei der Anbindung von Niederlassungen betragen maximal ein Prozent der
LAN-Bandbreite, während die Latenz im WAN oft 100-mal höher ist als in einem LAN. So überrascht es
nicht, dass oft Leistungsprobleme auftreten. Frühere Versuche, diese Probleme zu lösen, waren von
beschränkter Reichweite: Sie bestanden vor allem darin, eine ganze Reihe von lokalen Servern,
verschiedenen Arten von Caches sowie diversen Komprimierungs- und TCP-Optimierungsgeräten in den
Niederlassungen zu installieren.
Es stellt sich hier die Frage, wie die technischen Einschränkungen im WAN die Anwendungsleistung
tatsächlich beeinflussen und wie sie untereinander zusammenhängen. Es gibt vier verschiedene
Einschränkungen: eine bezogen auf die Bandbreite und die drei anderen auf die Latenz. Das
Bandbreitenproblem ist leicht verständlich: Eine Anwendung kann Daten nicht schneller übertragen,
als die verfügbare Bandbreite dies zulässt. Die drei Latenzprobleme sind subtiler: Aufgrund von
Latenzproblemen können Anwendungen die verfügbare Bandbreite nicht voll nutzen, auch wenn diese
theoretisch groß genug wäre.
Das erste Latenzproblem ist durch das Kommunikationsverhalten von TCP bedingt: TCP arbeitet mit
einem Fenster (Window) von Paketen, die sich gleichzeitig auf dem Weg zwischen zwei Endpunkten –
also zwischen dem Client und dem Server – befinden können. Wenn das Fenster voll ist, können keine
weiteren Pakete versandt werden, bis das Ziel meldet, dass mindestens einige Pakete schon
eingetroffen sind. Wenn die maximale Fenstergröße zu gering ist, ist der Durchsatz der Verbindung
durch die Rate beschränkt, mit der sich die Daten eines vollen Fensters auf die andere Seite
übertragen und dort bestätigen lassen (Bild 1).
Theoretisch kommt ein solcher Engpass selten vor, da gut ausgearbeitete Mechanismen vorliegen,
mit denen TCP große Fenster verwenden kann. In den meisten neueren Betriebssystemen sind diese
Mechanismen implementiert. Die Einstellungen auf den Clients und den Servern sind jedoch mehr auf
LAN- als WAN-Bedürfnisse ausgerichtet. Deshalb sind Clients oder Server mit TCP-Stacks, die den
WAN-Latenzen angepasst sind, selten zu finden. Alarmierend ist hier die Tatsache, dass der
Durchsatz der T3-Verbindung bei steigender Latenz deutlich abnimmt und sich allmählich dem einer
T1-Leitung angleicht: Bei einer Latenz von mindestens 90 Millisekunden und kleinen TCP-Windows
bietet eine 45-MBit/s-Verbindung nur noch die Kapazität eines 6-MBit/s-Links.
Das zweite Latenzproblem wird durch das langsame Start- und Überlastungsregulierungsverhalten
des TCP verursacht. TCP arbeitet nicht durchgehend mit der ohnehin meist ungenügenden maximalen
Fenstergröße. Stattdessen vergrößert TCP die Fenstergröße schrittweise bei anscheinend
erfolgreicher Übertragung und reduziert die Fenstergröße stark, wenn die Übertragung fehlgeschlagen
zu sein scheint. Bei Netzwerken mit hoher Bandbreite und bei gleichzeitig hoher Latenz führt dieses
Verhalten dazu, dass die verfügbare Bandbreite während längerer Zeiträume nicht nutzbar ist. Diese
Problematik betrifft jedoch hauptsächlich so genannte LFNs (Long Fat Networks), deren Bandbreite es
auszunutzen gilt, und betrifft zum Beispiel eine E1-Verbindung nicht.
Problem Nummer drei in Verbindung mit der Latenz verursachen die Anwendungsprotokolle, die auf
TCP aufsetzen. Die Verfügbarkeit der Bandbreite und das Vermeiden des ersten und zweiten
Latenzprob-lems auf der TCP-Ebene hat keinen Einfluss, wenn die Anwendung durch die Größe der
Anwendungsdatenpakete und deren Bestätigungen (Acknowledgements) eingeschränkt ist. Dieses dritte
Latenzproblem existiert normalerweise nicht bei Anwendungsprotokollen, die ursprünglich – wie HTTP
und FTP – für eine WAN-Umgebung konzipiert wurden. Im Gegensatz dazu beeinträchtigt dieses Problem
ernsthaft jene Anwendungsprotokolle, die eigentlich für den LAN-Einsatz konzipiert sind, so zum
Beispiel die Microsoft-Windows-Dateifreigabe über CIFS (Common Internet File System).
Frühere Ansätze, die WAN-Problematik in den Griff zu bekommen, haben sich nur mit einer
Teilmenge dieser Probleme befasst oder brachten nur Verbesserungen für eine geringe Protokollzahl
(siehe Tabelle). Die Tabelle zeigt, dass keiner der bisherigen Lösungsansätze die gesamte
Problematik für ein umfassendes Protokollspektrum wirksam behandeln konnte. Neue Lösungen
kombinieren vier Komponenten, die in früheren Ansätzen immer nur einzeln vorhanden waren:
leistungsfähige Datenreduktion, TCP-Optimierung, anwendungs- und protokollspezifische Optimierungen
sowie Caching.
Das Analystenhaus Taneja Group hat WAFS (Wide Area File Services) ursprünglich als Optimierung
des Dateizugriffs über WANs definiert. Mittlerweile gilt dies eher als Teil einer umfassenderen
Kategorie, die als Wide Area Data Services (WADS oder WDS) bezeichnet wird. WDS optimiert sowohl
spezielle Applikationen wie CIFS oder NFS (Network File Service) und unterstützt damit File
Sharing, E-Mail, FTP, Backups, Webapplikationen und andere Anwendungen. Außerdem beinhaltet WDS
auch Verfahren wie Kompression, Datenreduktion oder Caching sowie eine umfassende TCP-Optimierung.
WDS funktioniert protokollübergreifend, konfigurations- sowie anwendungsunabhängig und löst mehrere
Probleme gleichzeitig. WDS ist damit die logische Weiterführung einer Anzahl früherer Techniken,
die einen engeren Fokus hatten (Bild 3).
WDS ist auf viele Szenarien anwendbar, die heutige Unternehmensnetzwerke betreffen:
Anwendungsbeschleunigung, Backups, Standortkonsolidierung, Insourcing und Bandbreitenoptimierung.
Viele Geschäftsprozesse sind von Anwendungen abhängig, die ein Data Center via WAN bereitstellt.
Bei den Anwendungen kann es sich um den gemeinsamen Zugriff auf Windows-Dateien oder um eine
komplexe unternehmensspezifische Anwendung handeln. In beiden Fällen sind via WAN Leistungseinbußen
fast unvermeidlich. WDS-Geräte beschleunigen viele Anwendungen, unter anderem Windows, Exchange,
FTP und Backup-Anwendungen erheblich. Dank der daraus resultierenden, LAN-ähnlichen Leistung können
Anwender über Weitverkehrsverbindungen hinweg so zusammenarbeiten, als befänden sie sich im selben
Büro.
Bei der Sicherung dezentraler Server sind nicht unbedingt übermäßig große Datenmengen zu
übertragen. Sendet ein Server Daten jedoch über eine WAN-Verbindung mit geringer Bandbreite und
hoher Latenz, verringert sich der Durchsatz dramatisch. Ein normalerweise schneller Backup-Vorgang
kann dann mehr Zeit in Anspruch nehmen, als im Backup-Fenster verfügbar ist. Deshalb verlassen sich
viele IT-Verantwortliche auf Tape Autoloader oder andere Backup-Systeme in den Niederlassungen.
Lokale Backup-Systeme sind mit verschiedenen Risiken behaftet. Dazu zählen Bedienungs- und
Materialfehler sowie Anwendungsprobleme. Mit WDS-Lösungen lassen sich Backups über das WAN in einem
Bruchteil der Zeit durchführen. Lokale Backup-Infrastrukturen sind vor diesem Hintergrund nicht
mehr erforderlich.
Zwar sind bereits viele Tools für die Konsolidierung von Rechenzentren verfügbar, jedoch gab es
bis vor kurzem keine Lösung, mit deren Hilfe ein Unternehmen die Infrastruktur dezentraler
Niederlassungen konsolidieren und in Daten- oder Rechenzentren zentralisieren konnte. Mit
WDS-Lösungen lassen sich File- und Mailserver, NAS- und lokale Tape-Systeme konsolidieren. Dabei
kann ein Unternehmen mit einem Bereich wie dem Backup beginnen und später schrittweise weitere
IT-Komponenten konsolidieren. Ein weiterer Punkt ist das so genannte "Insourcing": Organisationen
mit verteilten Standorten haben oft an bestimmten Lokationen zu viele Ressourcen und an anderen zu
wenig. Durch die flexible Handhabung des Informationsaustauschs und des Anwendungszugriffs über
geografische Grenzen hinweg ermöglichen es WDS-Lösungen, ungenutzte interne Ressourcen dort
einzusetzen, wo ein Mangel besteht. Das spart Geld und schafft stabilere Arbeitsverhältnisse, indem
sich die Arbeit gleichmäßiger auf verschiedene Standorte verteilt. Manchmal besteht das Ziel
einfach darin, keine zusätzliche WAN-Bandbreite einkaufen zu müssen. Ein wirkungsvolles WDS-Gerät
ermöglicht es, den WAN-Verkehr soweit zu reduzieren, dass ein vorhandenes WAN in der Lage ist,
viele zusätzliche Anwender zu unterstützen.Der Einsatz von WDS-Lösungen bietet Unternehmen mit
verteilten Standorten eine Reihe wichtiger Vorteile. Im Gegensatz zu singulären Ansätzen wie
Caching- oder Komprimierungslösungen gehen sie die wichtigsten Ursachen für schlechte WAN-Leistung
in einer integrierten Gesamtlösung an. Das bringt Leistungsvorteile, spart Kosten und vermeidet
zusätzliche Komplexität. Unternehmen sollten deshalb mehrere Lösungen testen. Die
Leistungsunterschiede sind mitunter erheblich.