Modulare Zertifizierung für flexible Netzwerkinfrastrukturen
Mit dem zunehmenden Bedarf an Bandbreite und wachsender Komplexität moderner Netzwerke geraten herkömmliche Zertifizierungssysteme an ihre Grenzen. Modulare Lösungen sollen es ermöglichen, Investitionen zu strecken und Messtechnik flexibel an wechselnde Projektanforderungen anzupassen.
Die Anforderungen an die Prüfung strukturierter IT-Verkabelungen steigen rasant. Der Umstieg auf höhere Bandbreiten wie 40 oder 400 Gbit/s, die Einführung neuer Normen, der Wandel zu Spine-Leaf-Architekturen und die wachsende Zahl dezentraler Standorte erhöhen den Druck auf Netzwerktechniker und Dienstleister. Gleichzeitig verschärfen Fachkräftemangel und begrenzte Budgets die Lage. Wer in spezialisierte, fest konfigurierte Prüfsysteme investiert, bindet oft Kapital in Technik, die nicht jederzeit benötigt wird. Vor diesem Hintergrund rücken modulare Zertifiziersysteme wie der WireXpert MP in den Fokus – als Weg, Messtechnik gezielt einzusetzen, Investitionen zu strecken und den Betrieb auch unter wechselnden Bedingungen aufrechtzuerhalten.
Wachsende Herausforderungen in der Netzwerkinstallation
In Projekten der Netzwerkinstallation und -wartung treffen Unternehmen heute auf ein komplexes Spannungsfeld aus technologischem Fortschritt und wirtschaftlichem Druck. Höhere Bandbreiten bedeuten, dass beim Ausbau eines Rechenzentrums von 10 auf 100 Gbit/s nicht nur bestehende Glasfaserstrecken überprüft, sondern auch neue Kupferleitungen nach aktuellen Normen zertifiziert werden müssen. Gleichzeitig erzwingen Normenänderungen wie die Aktualisierung der ISO/IEC 11801-3 für industrielle Umgebungen kurzfristige Prüfungen – oft unter laufendem Betrieb. Hinzu kommen wechselnde Topologien: In modernen Campusnetzen oder Edge-Rechenzentren ersetzt die Spine-Leaf-Architektur klassische Sternstrukturen, was für Techniker wechselnde Messpunkte, variierende Kabellängen und unterschiedliche Stecksysteme bedeutet.
Die Komplexität wächst zusätzlich durch die Integration verschiedener Technologien. In Industrie-4.0-Umgebungen verschmelzen Ethernet, Feldbus und Glasfaser zu einer einzigen Infrastruktur. All diese Faktoren erfordern Messtechnik, die nicht nur zuverlässig, sondern auch anpassungsfähig ist – und das unter den Rahmenbedingungen eines Marktes, in dem qualifiziertes Personal knapp und Investitionsmittel begrenzt sind.
Wege zur Lösung
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, verfolgen Unternehmen unterschiedliche Strategien. Manche setzen auf die Miete oder das Leasing von Messgeräten, was für gelegentliche Einsätze sinnvoll sein kann, langfristig jedoch häufig hohe Kosten und organisatorischen Mehraufwand verursacht. Andere lagern Prüfungen an externe Dienstleister aus, was zwar interne Teams entlastet, jedoch die Reaktionsgeschwindigkeit senkt und Abhängigkeiten schafft. Auch die Aufrüstung bestehender, fest aufgebauter Geräte wird in Betracht gezogen, ist jedoch in der Praxis oft nur begrenzt möglich, vor allem wenn neue Technologien hinzukommen oder sich Normen ändern.
Immer mehr Anwender entscheiden sich daher für modulare Zertifiziersysteme. Sie erlauben es, nur die benötigten Messmodule einzusetzen und bei Bedarf weitere Funktionen hinzuzufügen. Dieses Konzept steigert die Effizienz, da die Technik dort eingesetzt werden kann, wo sie tatsächlich gebraucht wird, und Investitionen schrittweise erfolgen.
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Modularität in der Praxis
Die Vorteile dieses Ansatzes werden deutlich, wenn man typische Projektszenarien betrachtet. Ein IT-Dienstleister, der gleichzeitig einen Glasfaser-Backbone in einem Rechenzentrum erweitert und eine Kupfer-Etageverkabelung in einem Verwaltungsgebäude prüft, kann die entsprechenden Module auf zwei Teams verteilen. So laufen beide Projekte parallel, ohne dass teure Geräte ungenutzt bleiben. In einem anderen Fall zwingt eine kurzfristige Normänderung einen Industriebetrieb dazu, Messverfahren anzupassen. Anstatt ein komplett neues Gerät zu kaufen, reicht es, ein Modul mit der passenden Normunterstützung nachzurüsten.
Auch bei Wartung und Kalibrierung spielt Modularität ihre Stärken aus. Während bei monolithischen Geräten immer das gesamte System ausfällt, wenn es zur Kalibrierung eingeschickt wird, bleibt bei einem modularen Ansatz der Rest der Messtechnik einsatzbereit. Das vermeidet Stillstand und erleichtert die Einhaltung enger Projektzeitpläne.
Ein Beispiel für diesen Ansatz ist der WireXpert MP von Softing IT Networks. Das System trennt klar zwischen Grundgerät und Messmodulen für Kupfer- oder Glasfaserstrecken. Unternehmen können so klein starten und bei Bedarf gezielt erweitern – etwa durch zusätzliche Module oder neue Normunterstützungen. Die flexible Ressourcenzuteilung im Unternehmen sorgt dafür, dass Messtechnik stets dort verfügbar ist, wo sie gebraucht wird. Die modulare Kalibrierstrategie erhöht zudem die Einsatzbereitschaft, da nur die tatsächlich betroffenen Komponenten in den Service gehen.
Besonders für kleinere Dienstleister oder Unternehmen mit stark wechselnden Anforderungen bietet dieses Konzept einen hohen Investitionsschutz. Es wächst mit den Anforderungen der Netzwerktechnologie mit und lässt sich an neue Standards anpassen, ohne das komplette System austauschen zu müssen.
Konstantin Hüdepohl ist Product and Standardisation Manager bei Softing IT Networks.