Das Motto "Traue keiner x.0-Version" gehört zu den "überlebenswichtigen" Weisheiten des Systemverantwortlichen. IBM liefert mit dem ersten Maintenance-Update 8.0.1 der Notes-8-Familie nicht nur Fehlerkorrekturen und schmerzlich vermisste Funktionen, sondern fügt auch interessante Produktneuerungen hinzu. Ist die neue 8er-Generation nun bereit für die Praxis?
Mit dem Erscheinen von Notes 8 im August letzten Jahres blieb IBM den getreuen Notes-Anwendern
noch einige Versprechen schuldig, um diese tatsächlich zum Umstieg auf die neue Generation zu
bewegen (siehe Test in
LANline 12/2007). Umso gespannter
darf der Anwender daher auf das seit März in deutscher Sprache verfügbare, erste "Maintenance"
-Release 8.0.1 sein.
Die neue Notes-Generation lässt sich unter Windows XP/Vista wahlweise im klassischen Gewand des "
Basic"-Clients oder über den funktionsreicheren, aber auch anspruchsvolleren "Standard"-Client
nutzen. Der dafür empfohlene Arbeitsspeicherausbau von 1 GByte unter Windows XP (1,5 GByte unter
Vista) ist für ein flüssiges Arbeiten auch unter der neuen, optimierten Version 8.0.1 ernst zu
nehmen. Insgesamt präsentierte sich der neue Notes-Standard-Client im LANline-Lab deutlich stabiler
als bei unserem ersten Test. Es empfiehlt sich jedoch, den lokalen Datenbereich von Viren-Scannern
im Echtzeitbetrieb auszuschließen, da diese sonst die Arbeit fast zum Erliegen bringen können.
Begrüßenswerterweise unterstützt IBM nun auch die Benutzerkontensteuerung von Vista (UAC – User
Account Control), die ein Arbeiten ohne Administratorrechte erlaubt.
IBM hat die Benutzeroberfläche des Standard-Clients weiter verfeinert: So lassen sich nun aus
E-Mails per Drag and Drop ohne Umwege Kalender- und Aufgabeneinträge erstellen sowie Textpassagen
aus Webbrowsern (Internet Explorer oder Firefox) in E-Mails und andere Notes-Anwendungen
übernehmen. "Aufgaben" erstrahlen erstmals – wie auch die anderen PIM-Bereiche – im neuen
Notes-8-Design. Endlich kann der Anwender nun auch die in den Lotus-Symphony-Applikationen "
Documents", "Presentations" und "Spreadsheets" erstellten Dokumente ohne Umweg per E-Mail versenden
– ein echtes Novum in Version 8.0.1. Leider enthält der neue Notes-Client weiterhin keine
integrierten Dateibetrachter für die nativen Dateiformate von Microsoft Office 2007 und Symphony.
Da auch die in Notes hoch geschätzte Volltextindexierung Dateianhänge in diesen Formaten nicht
nativ unterstützt, bleibt eine Standardisierung auf ältere Office-Dateiformate im Unternehmen
ratsam.
Für viele Unternehmen entscheidender ist aber die offizielle Unterstützung des Standard-Clients
unter dem Citrix Presentation Server 4.5, den Citrix neuerdings unter dem Namen Xenapp vermarktet.
Betreiber von Citrix-Farmen dürften allerdings weniger darüber erfreut sein, dass sich auch hier
der Preis größerer Funktionalität und höheren Bedienungskomforts in Form deutlich gestiegener
Ressourcenanforderungen bemerkbar macht: Maximal 14 gleichzeitige Sitzungen sind auf einem
Citrix-Server in Verbindung mit dem Notes-Standard-Client realisierbar (siehe IBM Technote
1098489). Unter Notes 7 beziehungsweise dem Basic-Client von Notes 8 lassen sich dagegen 30 bis 40
aktive Benutzer von einem Citrix-Server bedienen. Der Grund dafür liegt vor allem in der begrenzten
Arbeitsspeicherunterstützung unter der 32-Bit-Variante von Windows Server 2003. Domino 8.0.1
unterstützt zwar erstmals auch die 64-Bit-Variante von Windows Server 2003, dies gilt aber nicht
für den Notes-Client. Eine entsprechende Erweiterung der Citrix-Serverressourcen um den Faktor 2
bis 3 ist vor einem Umstieg auf den Standard-Client daher einzuplanen.
Nicht ausschließlich von IBM selbst steuerbar, aber dennoch unerlässlich für den Praxiseinsatz
von Domino 8.0.1 ist die Unterstützung durch Fremdanbieter. Ohne Möglichkeiten zur Onlinesicherung,
Einbindung bereits eingeführter mobiler Clients wie Blackberries oder Windows-Mobile-Geräte oder
eine serverbasierende Viren- und Spam-Überwachung ist ein Domino-Server nicht ernsthaft
betriebsbereit. Hier hat sich die Situation gegenüber dem vergangenen Jahr deutlich verbessert.
Zwar führen die entsprechenden Anbieter derzeit noch nicht explizit die nagelneue Version 8.0.1 in
ihren Kompatibilitätslisten, aber zumindest ist Domino 8 kein Fremdwort mehr und alle
entscheidenden Bereiche sind abgedeckt. Die Unterstützung anderer Plattformen als Windows Server
2003, 32-Bit, ist nicht selbstverständlich und sollte bei Bedarf geprüft werden.
Microsoft hat mit Exchange vorgelegt und nun zieht auch IBM nach: Domino enthält mit Version
8.0.1 erstmals den "IBM Lotus Notes Traveler" zur einfachen Einbindung von
Windows-Mobile-Pocket-PCs beziehungsweise -Smartphones (Version 5 und 6). Traveler synchronisiert
mit "E-Mail", "Kalender", "Aufgaben", "Kontakten" und "Notizen" (Journal) und deckt damit die ganze
Palette von PIM-Anwendungsdaten ab. Das Designziel einer möglichst einfachen Inbetriebnahme lässt
sich bereits dieser ersten Version bescheinigen. Im LANline-Lab war der Domino Server Task unter
Windows Server 2003 (verfügbar für Windows-32- und -64-Bit) rasch installiert und ohne weitere
Konfigurationsschritte direkt einsatzbereit. Der Traveler Task muss zwar auf einem 8.0.1-Server
laufen, kann aber auch E-Mail-Datenbanken auf anderen Servern unter Domino 7.0.2 verfügbar machen.
Windows-Mobile-Geräte mit IP-Zugang zum Server (Ports HTTP/HTTPS und TCP-Port 8642) über WLAN,
GPRS, UMTS etc. erhalten die erforderliche Client-Komponente per Download über eine
Webeinstiegsseite. Bei der Client-Konfiguration ist lediglich die Angabe von Benutzer-ID,
Internetkennwort und Serveradresse erforderlich – und schon kann es losgehen.
Das mobile Gerät kann nur Daten synchronisieren (wahlweise automatisch oder manuell
eingeleitet), die sich unmittelbar in der Benutzer-Mailbox befinden. Dies gilt standardmäßig für
E-Mails, Kalendereinträge und Aufgaben. Da bei Notes "Kontakte" und "Notizen" (Journaleinträge)
traditionell in getrennten Datenbanken abgelegt sind, muss der Benutzer zusätzlich für deren
regelmäßige Synchronisation mit der Mailbox sorgen. Dies funktioniert mittlerweile für Kontakte
durch einen eigenen Replikatoreintrag einigermaßen komfortabel, muss für Journale allerdings
umständlich getrennt angestoßen werden. Die Mühe lohnt sich allerdings, da somit alle Daten
zugleich unter dem gelungenen neuen "Domino Web Access" verfügbar sind. Ein neuer "Lite"-Modus des
Webinterface erleichtert zudem die Nutzung bei schlechten Internetverbindungen zum
Domino-Server.
IBM gibt sich Mühe, nicht den Anschein zu erwecken, mit der Einstiegslösung "Traveler"
Mobilspezialisten wie RIM oder Commontime das Wasser abgraben zu wollen. Weitergehende Funktionen
wie Unterstützung für verschlüsselte E-Mails, gesicherte Datenübertragung, Nutzung
serverbasierender Adressverzeichnisse oder Fernlöschung verlorener beziehungsweise gestohlener
Endgeräte bleiben derzeit den kostenpflichtigen Lösungen von Fremdanbietern vorbehalten.
Traveler glänzt dagegen mit seiner komfortablen Integration in die Domino-Verwaltung.
Konfigurationseinstellungen erfolgen über einen neuen Bereich im Serverdokument, Benutzervorgaben
wie maximal zulässige Anhangsgrößen oder der untere Batterieschwellenwert zur Deaktivierung der
Autosynchronisation lassen sich zentral über Benutzerrichtlinien an die Endgeräte
distribuieren.
Mit Notes 8.0.1 ist es Endanwendern möglich, das Funktionsangebot des Standard-Clients über so
genannte Widgets selbst zu erweitern. Widgets können zum Beispiel Börsenkurse anzeigen, Währungen
umrechnen oder markierten Text in einer E-Mail beziehungsweise anderen Notes-Anwendungen zur
Google- oder Wikipedia-Suche weiterreichen. Praktisch ist auch die Volltextsuche markierter
Begriffe in anderen Notes-Datenbanken wie etwa einer unternehmensinternen Knowledge Base.
Suchoptionen via Widget werden dazu direkt in das Kontextmenü von Notes eingeklinkt. So lässt sich
zum Beispiel einfach per Assistent das Angebot von "Google Gadgets" in den neuen
Seitenleistenbereiche "Meine Widgets" einbinden. Für den Unternehmenseinsatz effizienter ist
allerdings die Erstellung eines zentralen "Widgets-Katalogs", aus dem sich dann Anwender für die
sinnvolle Unterstützung ihrer Arbeit mit wenigen Mausklicks bedienen können. Notes-üblich lassen
sich die Einsatzmöglichkeiten von Widgets über Desktop-Richtlinienvorgaben zentral für das
Unternehmen steuern. Schade ist nur, dass Widgets ausgerechnet für Linux-Anwender noch nicht
verfügbar sind.
Die Version 8.0.1 ist nun dort angekommen, wo sich die neue Notes-Generation eigentlich schon
vergangenes Jahr hätte befinden sollen. Mit einem Client, der die gröbsten Kinderkrankheiten hinter
sich gelassen hat, und einer Unterstützung des Domino-Servers in den wichtigsten Bereichen durch
Fremdanbieter kann der Praxiseinsatz in vielen Einsatzszenarien erstmals wirklich in Betracht
gezogen werden. IBM Lotus Traveler und Widgets schaffen dabei sicher zusätzlichen Anreiz.
Für einige Interessenten problematisch bleiben allerdings die hohen Ressourcenanforderungen des
Standard-Clients, die sich ebenfalls beim jetzt ermöglichten Citrix-Terminalserverbetrieb bemerkbar
machen. Zudem existiert auch weiterhin keine Unterstützung von Roaming-Benutzern für den
Standard-Client. Hier ist wohl noch bis zur Version 8.5 zu warten. Dies gilt auch für Mac-Anwender,
für die zumindest schon eine öffentliche Betaversion 8.5 verfügbar ist (ab MacOS 10.5.1). Jedem zum
Um- beziehungsweise Aufstieg entschlossenen Systemadministrator sei auf jeden Fall das kostenlos
als PDF erhältliche
IBM-Redbook "IBM Lotus Notes and Domino 8 Deployment Guide" ans Herz gelegt.