Nach der Ankündigung massiver Stellenstreichungen bei Nokia Siemens Networks melden sich jetzt die Siemens-Belegschaftsaktionäre zu Wort und fordern klarere Aussagen zu den Spar- und Umbaumaßnahmen. Ihrer Ansicht nach sind strategische Fehler Schuld an der Misere.
Mit einem offenen Brief kritisiert die Vereinigung der Belegschaftsaktionäre von Siemens die Informationspolitik und das Management des in Schieflage geratenen Gemeinschaftsunternehmens Nokia Siemens Networks (NSN), an dem Siemens mit 50 Prozent beteiligt ist. Sie fordern vor allem klare Worte zu den geplanten Umbaumaßnahmen, nachdem der Abbau von weltweit 17.000 Arbeitsplätzen angekündigt wurde. Bisher sei noch immer nicht genau bekannt, welche angestellten und Niederlassungen betroffen seien, ebenso sei unklar, welche Unternehmensteile ausgegliedert werden sollen, so die Aktionäre.
Als Ursache für die schlechte Lage von NSN hat der Aktionärsverband schwere Managementfehler und Misswirtschaft ausgemacht. Während die einzelnen Sparten der Konzerne vor ihrer Zusammenführung 2006 noch 2,8 beziehungsweise 4 Prozent Gewinn verzeichnet hatten, ist das Geschäftsvolumen seither von 17,2 auf 12,7 Milliarden Euro gesunken (-25 Prozent), der ausgewiesene Verlust liegt bei 686 Millionen Euro. Der NSN-Vorstandsvorsitzende Rajeev Suri begründet die Schwäche vor allem mit wachsender Billigkonkurrenz aus China. Dieses Argument schmettern die Belegschaftsaktionäre mit einem Hinweis auf den Konkurrenten Ericsson ab, der im gleichen Zeitraum bei Umsatz und Gewinn wachsen konnte.
»Eine Ursache dieser Probleme liegt im massiven Abbau erfahrener Mitarbeiter in Deutschland und dem gleichzeitig unkontrollierten Personalaufbau in Billiglohnländern mit hohen Fluktuationsraten. Von 2006 bis heute wurden in Deutschland 5.000 von damals 13.000 Mitarbeitern abgebaut, mehr als in jedem anderen Land. In Deutschland ist München davon am stärksten betroffen. Auch vom neu geplanten Personalabbau scheint München wieder besonders bedroht, Erinnerungen an die BenQPleite werden wach«, so der Aktionärsverein in seiner Mitteilung zu den Hintergründen. Weitere Streichungen würden die Schieflage des Unternehmens deshalb nur weiter verschlechtern, stattdessen sei »nötigenfalls darauf hinzuwirken, den amtierenden Vorstand auszutauschen, um damit Maßnahmen zu ergreifen, die insbesondere die Qualität des Managements und der Produkte verbessern«. Auch die meisten NSN-Mitarbeiter glauben nicht mehr daran, dass der Vorstand in der Lage ist, das Unternehmen wieder in die Gewinnzone zu bringen. Als Gegenmaßnahme fordern die Belegschaftsaktionäre nun vor allem Siemens dazu auf, sich künftig aktiver bei NSN einzubringen und mehr Einfluss auf die langfristige Entwicklung zu nehmen.