Zu den Hauptprofiteuren des Green-IT-Hypes zählen die Hersteller von Serversystemen. Die Großen der Branche haben sich längst mit allerlei Maßnahmen in Stellung gebracht und appellieren mit neuen, sparsameren Geräten an den Geldbeutel wie auch das Umweltgewissen ihrer Kundschaft. Doch noch steht die ungenügend geklärte Frage objektiver Messbarkeit der Stromersparnisse im Raum.
Der Weg zum grünen Rechenzentrum ist mit guten Vorsätzen gepflastert - doch die RZ-Leiter haben gar keinen Anlass, zur Tat zu schreiten, solange sie das Budget für den Energieverbrauch nicht selbst verantworten müssen. Laut einer Umfrage der Experton Group traf dies Ende 2007 auf nur sieben Prozent der IT-Leiter zu. Experton-Analyst Wolfgang Schwab rechnet aber damit, dass Ende 2009 bereits über die Hälfte der IT-Leiter die Verantwortung für Energiekosten tragen muss. Denn dies ist für Unternehmen sehr nützlich, verringert ein energieeffizientes RZ doch nicht nur Umweltschäden, sondern schont auch das Budget der Unternehmen - angesichts steigender Energiepreise in zunehmendem Maße. Entsprechend müssen sich IT-Verantwortliche mit dem Stand der Technik in Sachen Green IT befassen.
Natürlich nutzt ein "grünes RZ" energiesparende Server - nicht umsonst steht dies im Fokus der Vermarktungskampagnen großer Anbieter wie IBM, HP, Dell, Sun und Fujitsu Siemens (FSC). Alle namhaften Serverhersteller führen längst entsprechende Angeboten im Portfolio. "Die Serverhersteller profitieren auf jedem Fall vom anhaltenden Green-IT-Hype", so Analyst Schwab. "Inzwischen führen sehr viele Unternehmen Projekte im Bereich Server- und Storage-Konsolidierung und -Virtualisierung durch, was zu einer verstärkten Nachfrage nach größeren Servern führt." Zugleich sinke die Nachfrage nach Entry-Level-Servern - unter dem Strich also für die Hersteller ein gutes Geschäft. Im Supercomputing hat IBM derzeit mit den Cell/BE-basierenden Cluster-Systemen ein besonders gutes Pferd im Rennen (siehe den Beitrag auf Seite 13).
Doch während energieeffizientes High-Performance-Computing ein wichtiges Thema ist, reicht das Spektrum energie- und umweltrelevanter Aspekte viel weiter. So nutzt ein nach dem Stand der Technik geplantes RZ - anders als historisch gewachsene Server-Rack-Bestände - gezielt geführte Kalt- und Abluftströme zum Beispiel mittels Warm- oder Kaltgangeinhausungen ebenso wie spezielle Entwärmungsmaßnahmen für besonders heiß laufende Bereiche ("Hotspots"). Im Bereich Storage kommt es nicht nur auf die Verbrauchswerte der Speichergeräte an, sondern auch auf Information-Lifecycle-Management (ILM), um unnötige Onlinedatenhaltung zu minimieren und nicht Geschäftsrelevantes erst gar nicht teuer speichern, sichern und archivieren zu müssen. Energiemanagementlösungen sollen die Provisionierung und Skalierung von IT-Infrastruktur nach Gesichtspunkten der Energieeffizienz optimieren. Nicht zuletzt gehört zum Thema Umweltschutz auch eine umweltschonende Fertigung (einschließlich der Zulieferer), Logistik und Entsorgung mit möglichst hohem Recycling-Anteil. Außerdem schaffen die Großen der Branche gemäß CSR-Richtlinien (Corporate Social Responsibility) schon seit geraumer Zeit (meist schon längst vor dem Green-IT-Hype) Transparenz über interne Maßnahmen, um zu zeigen, dass sie sozial- und auch umweltverträglich am Markt agieren.
Insgesamt erweist sich Green IT damit als facettenreicher Themenkomplex, mit dem sich die IT-Anbieter - allen voran die Serverhersteller - beim (künftig) umweltbewussten RZ-Manager profilieren wollen. Experton-Analyst Schwab, seit geraumer Zeit intensiv mit Green IT befasst, sieht hier insbesondere IBM und HP gute Karten halten: An IBM schätzt er den "ganzheitlichen Ansatz (Hardware, Beratung, Software), Fokus auf das RZ und Lösungen, die das Unternehmen als Ganzes umweltfreundlicher machen". Auch an HP lobt er den ganzheitlichen Ansatz und die RZ-Fokussierung. Schwächen im Green-IT-Bereich hätten beide kaum: "IBM hat zusammen mit HP das vollständigste Green-IT-Portfolio", so Schwab. Er kritisiert aber, IBM führe "kaum Angebote für kleinere mittelständische Unternehmen", während HP das Green-IT-Angebot "sehr schwach" kommuniziere.
IBM wie auch HP machten im Sommer deutliche Schritte in Richtung Green Data Center: IBM stellte Phase 2 des Big-Green-Projekts vor. Sie umfasst ein portables modulares RZ, eine ebenfalls portable High-Density-Zone für Hotspots, neue Chipkühltechnik mit Mikrowasserläufen sowie neue Services für Serveroptimierung und -virtualisierung sowie Emissionsmanagement. Kurz zuvor hatte HP das Projekt "Sustainable Data Center" (nachhaltiges RZ) präsentiert. "HP hat Engagement für langfristige Verbesserungen in diesem Bereich gezeigt, indem es nachhaltiges Computing als einen der fünf Bereiche bezeichnet hat, auf die die HP Labs sich konzentrieren werden", lobte Ovum-Analyst Graham Titterington. Langfristiges Ziel des Projekts ist es, den RZ-Energieverbrauch um stolze 75 Prozent zu senken.
Skeptisch zeigte sich Titterington angesichts der Kosten-Nutzen-Rechnungen der beiden IT-Giganten: "IBM spricht für Investitionen in diesem Bereich von einem Renditezeitraum von unter zwei Jahren. Beide Anbieter untermauern solche Behauptungen mit Case Studies, obwohl diese im heutigen frühen Stadium spärlich gesät sind", so der Ovum-Analyst. "Der Umweltrenditezeitraum könnte länger ausfallen, sofern Hardware zu ersetzen ist." Deutliche Energieersparnis erwartet Titterington durch den Umstieg von Kupferverkabelung auf Laserstrahlen, wie HP es vorsieht.
Als Stärken des Konkurrenten Sun Microsystems bezeichnet Experton-Fachmann Schwab den "klaren Technologiefokus" ebenso wie Suns Energiesparkonzepte für die CPU und den Umstand, dass der Anbieter Peripherie aus eigener Hand liefert. So war Sun zum Beispiel mit dem Projekt Blackbox Vorreiter der Idee, ein komplettes modulares Energiespar-RZ in einem Container zu liefern; HP und IBM haben inzwischen nachgezogen. Sun ist laut Schwab am Markt aber nicht als "ganzheitlicher Data Center Player" anerkannt.
Dell, bekannt als Direktvermarkter von Off-the-Shelf-Hardware, bietet laut Schwab "Mainstream-Produkte im Client- und Servermarkt" und zeige dabei "keine besonderen Stärken", leiste sich aber auch keine besonderen Schwächen. Dells Green-IT-Marketing sei eher "unauffällig". Allerdings gibt sich der US-Anbieter in letzter Zeit große Mühe, sein Green-IT-Image mit CSR-Aktionen aufzupolieren. So hat Dell-Chef Michael Dell im September 2007 angekündigt, sein Haus werde bis Ende 2008 als erster namhafter PC-Hersteller seinen CO2-Ausstoß "neutralisieren" (also durch Zahlungen zum Beispiel an Aufforstungsprojekte ausgleichen - ein zunehmend populärer moderner Ablasshandel). "Green IT muss den gesamten Geräte-Lifecycle umfassen, von den Zulieferern über Transport und Betrieb bis zum Recycling", so Susanne Schütz, Enterprise Business Manager bei Dell hier in Deutschland. Laut eigenen Angaben bietet Dell ein kostenfreies Re- cycling in 57 Ländern und hat 2007 über 46.000 Tonnen IT-Equipment recycelt. Dells Energy-Smart-Server sind laut Schütz zwar rund 150 Euro teurer als Standardserver, böten dafür aber "bis zu 25 Prozent Energieersparnis", sodass sich der Aufpreis schnell amortisiere.
FSC, über die Siemens-Beteiligung zumindest teilweise deutscher Lokalmatador in Sachen umweltfreundlichen Computings, war laut Experton-Fachmann Schwab "einer der ersten Anbieter mit wirklich ,grünen‘ Produkten". "Sehr konsequent" setze FSC dies im Desktop- und Notebook-Bereich um. Laut eigenen Angaben unterhält der Anbieter seit 1988 ein Recycling-Center, hat 1993 den ersten Green PC auf den Markt gebracht und 1994 als erster PC-Hersteller das Umweltsiegel Blauer Engel erhalten. 2002 entwickelte FSC auf Kundenanfrage ein "grünes Mainboard". Mit dem Esprimo hatte Fujitsu Siemens schon früh einen umweltschonenden PC auf dem Markt, mit "Managed Green IT" bietet das Haus passende Client-Lifecycle-Services. Experton-Mann Schwab attestiert FSC jedoch "deutliche Marketing-Schwächen im Serverbereich": Der Fokus des Herstellers liege "auf x86-Servern ohne Differenzierungspotenzial". FSC hingegen betont, der Primergy TX120 sei der "weltweit energieeffizienteste" x86-Server.
"Ob die Serverhersteller über das Argument der Senkung des Energieverbrauchs vom Green-IT-Hype weiterhin profitieren können, hängt nicht zuletzt davon ab, ob es gelingt, die Einsparung für den einzelnen Kunden belegbar zu machen", mahnt Schwab. Bislang gelinge dies nur mit Durchschnittswerten, es mangle an transparenten Vergleichsangaben: "Alles in allem fehlen noch immer belastbare und nachvollziehbare Aussagen über die mögliche Energieeinsparung", kritisiert er. "Zumindest außerhalb der x86-Welt sollten die Anbieter ihre spezifischen Vorteile besser darlegen und kommunizieren." Angaben wie PUE (Power Usage Effectiveness, das Verhältnis von RZ-Gesamtenergieverbrauch zur tatsächlich für Rechenleistung genutzten Energie) seien nur als "Hinweis" zu gebrauchen. Sie eignen sich, wie Schwab moniert, bestenfalls zur Ermittlung eigener Fortschritte, nicht für einen neutralen Vergleich der Energieeffizienz unterschiedlicher Rechenzentren.