SIP als Standardprotokoll ermöglicht die Konvergenz bisher getrennter Kommunikationswelten - und ebnet den Weg zu Unified Communications (UC). So lassen sich schon heute SIP-Systeme nahtlos in bestehende Kommunikationsstrukturen integrieren. Wenn die Architektur des UC-Systems zudem auf einer serviceorientierten Architektur (SOA) basiert, sind offene Unified Communications realisierbar: Dynamische Anpassungen an ein verändertes Nutzungsverhalten, die Integration neuer Kommunikationskanäle sowie die Einbindung in bestehende Geschäftsumgebungen lassen sich leicht und schnell umsetzen.
IP- und Festnetztelefon, Videokonferenzsystem, Handy, Notebook oder PDA - im Schnitt, so haben
die Marktforscher von Sage Research in einer Untersuchung herausgefunden, nutzen Manager heute mehr
als sechs verschiedene Kommunikationsendgeräte. Dies allein führt schon zu einem
Kommunikationsverhalten, das komplexer kaum sein könnte. Darüber hinaus stellt der Report von Sage
Research fest, dass vor allem Außendienstmitarbeiter bei 56 Prozent der befragten Unternehmen
mindestens einmal pro Woche nicht auf Anhieb erreichbar waren. Die Folge: Schlechte Erreichbarkeit
und unabgestimmte Kommunikationssysteme führen zur Verzögerung von Geschäftsablaufen und somit zur
Senkung der Produktivität.
Abhilfe schafft Unified Communications. Der Begriff steht für eine durchgängige Nutzung der
Kommunikationsdienste über eine Vielzahl von Endgeräten und Kanälen hinweg. Um einen Bruch im
Kommunikationsfluss zu vermeiden, sollten IP-basierende Kommunikationsmittel direkt in die
Benutzeroberfläche von Geschäftsapplikationen integriert werden. Damit kann der Benutzer weiterhin
mit seiner gewohnten Prozessapplikation arbeiten und ist beispielsweise in der Lage, sich mit nur
einer User-ID einzuloggen - unanhängig vom Standort und dem genutzten Kommunikationsmittel (PDA,
Mobiltelefon, Büro-PC etc.). Ziel ist es, die Zusammenarbeit über Abteilungen hinweg zu
vereinfachen und kostengünstig abzuwickeln. Als Kernbestandteile von UC gelten dabei
Echtzeitkommunikation über Telefonate, Live-Conferencing und Webcollaboration, Messaging sowie
mobile Erreichbarkeit sowohl "in-building" als auch Campus-weit. Allerdings sind nicht in jedem
Unternehmen alle Bestandteile notwendig. Wer welche Funktionen benötigt, hängt von den
Anforderungen des einzelnen Unternehmens an die jeweilige Kommunikationsstruktur ab. Als Grundlage
für Unified Communications hat sich das Netzprotokoll SIP (Session Initiation Protocol)
durchgesetzt. SIP als Standardprotokoll zum Aufbau, Abbau und zur Steuerung einer
Kommunikationssession zwischen zwei oder mehreren Teilnehmern ist dabei nicht nur auf
Internettelefonie beschränkt, sondern bildet auch die Grundlage für andere
Kommunikationsmöglichkeiten. SIP führt unterschiedliche Geräte und Softwarelösungen zu einem
integrierten System zusammen und ist deshalb in der Lage, die zahlreichen Kommunikationsformen
besser aufeinander abzustimmen. Wesentliches Merkmal von SIP ist es, während einer Session das
Kommunikationsmedium immer wieder wechseln zu können.
Unified Communications erfordert eine einheitliche Bedieneroberfläche, um Standarddienste und
Zusatzfunktionen integrieren zu können. Außerdem müssen UC-Architekturen offen sein für dynamische
Anpassungen an ein verändertes Nutzungsverhalten, die Integration von neuen Kommunikationskanälen
sowie die Integration in bestehende Geschäftsumgebungen. Aus diesem Grund erfordern
UC-Architekturen offene Standards: SIP auf der einen Seite für die Echtzeitkommunikation und die
Fähigkeit, neue Anwendungen wie Video-Conferencing zu integrieren. Auf der anderen Seite steht SOA
für die Integration in die IT-Landschaft des Unternehmens und die Möglichkeit, Applikationen
mithilfe wiederverwendbarer Softwarebausteine leichter und schneller an geänderte Anforderungen
anzupassen.
Um von der traditionellen TDM-TK-Welt (Time Division Multiplexing) in die zukunftsweisende
SIP-Kommunikation zu wechseln, erfolgt in einem ersten Schritt die Migration zu einem
SIP-basierenden Softswitch. Die Vorteile liegen auf der Hand: Aus vielen verbundenen PBX-Knoten
(Private Branch Exchange) mit einer standortbasierenden proprietären Hardware und Software entsteht
ein konvergentes IP-Netzwerk mit mehr Offenheit und zentralen oder standortspezifischen
Anwendungen. Bei Siemens Enterprise Communications etwa verfügt die Kommunikationsplattform Hipath
4000 über Erweiterungen, die die Unterstützung von SIP-Teilnehmern ermöglichen. Vorhandene
TDM-Geräte lassen sich dann über die im System integrierten Gateways in die SIP-basierende Lösung
einbinden.
Ein wichtiges Element beim Einsatz von UC-Anwendungen sowohl in einer SIP-enabled als auch in
einer reinen SIP-Umgebung ist der One-Number-Service (ONS). Dabei geht es darum, die Erreichbarkeit
der Nutzer zu verbessern. So kann der Angerufene in Verbindung mit dem Präsenzmanagement seine
Kommunikation optimieren, indem er Regeln erstellt, für wen er wann auf welchem Endgerät erreichbar
ist. Der Anrufer dagegen braucht nur noch eine Nummer zu wählen und erreicht seinen Ansprechpartner
direkt auf dem von diesem präferierten Gerät. Das Chaos vieler, verschiedener Rufnummern entfällt -
auf der Visitenkarte steht nur noch eine Nummer für alle Endgeräte.
Möglich wird der Zugang zu einer One-Number-Service-Komponente über den "SIP Back-to-back User
Agent". Dieser ist zentraler Bestandteil im Kommunikationsnetzwerk und sorgt für die Verwaltung und
Dokumentation des Zugangs zu den Kommunikationsservices. Über diese Standardschnittstelle läuft die
Verbindung an eine native SIP-Infrastruktur. Ist ein SIP-Gateway dazwischengeschaltet, lässt sich
auch eine klassische TK-Anlage nutzen. Angeschlossen an diese Infrastruktur sind verschiedene
Endgeräte, die von unterschiedlichen Herstellern stammen können. Die Schnittstelle zum ONS-Service
sorgt nun dafür, dass die entsprechend eingestellte Regel an den One-Number-Service-Server
weitergeleitet wird. Ein Beispiel: Ein Benutzer legt fest, nur über sein Mobiltelefon erreichbar zu
sein. Die One-Number-Service-Komponente ist dann über den Server und die entsprechende
Schnittstelle in der Lage, jeden Anruf auf das Mobiltelefon weiterzuleiten. Außerdem ist die
Komponente über den Status von Endgeräten informiert, die nicht direkt an die Firmeninfrastruktur
angeschlossen sind. Sollte ein weiterer Anrufer diesen Teilnehmer zeitgleich zu erreichen
versuchen, erscheint in der Presence-Information das "Prefered Device" der Zielperson mit dem
Verfügbarkeitsstatus "besetzt".
Ein wichtiger Nebeneffekt dieser Technik: Jeder Anruf erhält den Status einer Konferenz. Ein
Nutzer will beispielsweise einen Telefonanruf tätigen und wird dazu zunächst auf seinem eigenen
Gerät angerufen. Danach informiert ein Server wie etwa der Openscape-Server (Version 3.0) von
Siemens die andere Partei und leitet das Gespräch ein. Damit ist einerseits eine Steuerung des
präferierten Endgeräts möglich. Andererseits wird der Aufbau einer Konferenz erleichtert, da er
nach demselben Prinzip erfolgt. Nutzer, aber auch Integratoren und Applikationsentwickler, können
so verschiedene Anrufszenarien über ein einheitliches Ablaufschema bedienen. Dabei sind
Applikationen realisierbar, bei denen die Anzahl der Teilnehmer an einem Gespräch nahezu keine
Rolle mehr spielt. Zudem bietet ein natives SIP-System die Nutzung des ENUM-Protokolls (Telephone
Number Mapping) an. ENUM erlaubt es, Internettelefone anhand von konventionellen Telefonnummern
anzusprechen. Damit wird eine Umwandlung von E.164-Nummern (ISDN) in servicespezifische URIs
(Universal Resource Identifier) möglich.
Als zweiter Schritt auf dem Weg zu einer offenen Unified-Communications-Lösung empfiehlt sich
ein UC-Assessment. Dabei werden der Status quo der Unternehmenskommunikation festgestellt sowie
Unternehmensziele wie Produktivitätserhöhung oder Verbesserung der kommunikationsintensiven
Geschäftsprozesse festgehalten. Im Mittelpunkt steht dabei der Nutzen von UC-Anwendungen bezüglich
Prozessen, Kosten und Erreichbarkeit der Mitarbeiter. Ziel ist es, konkrete Vorschläge zum
stufenweisen Rollout von Unified Communications zu erarbeiten. Neben den grundlegenden
Kommunikationsformen wie CTI (Computer Telephony Integration) können dies Conferencing und
Collaboration (Video, Daten, Web und Sprache), Messaging und Notification sowie "Rich-Presence"
-Informationen sein.
Eine weitere Integrationsebene von UC ist die Einbindung der Kommunikation in
Geschäftsanwendungen ("Communications-enabled Business Process"). Ein Beispiel aus dem
Finanzdienstleistungsmarkt verdeutlicht den Ansatz: Zusammen mit "Salesforce.com", einem Anbieter
von CRM-Lösungen, hat Siemens Enterprise Communications eine Version ihrer Lösung Openscape
erstellt, die speziell für den Kommunikationsbedarf eines Finanzberaters konzipiert ist. Die
vollständig in den CRM-Prozess von Salesforce integrierte Lösung bietet präsenzbasierende Services
wie Click-to-Dial-Gespräche, Conferencing, Document-Sharing und Messaging. Damit wird es
beispielsweise möglich, in einer "Buddy-List" nur die Gesprächspartner anzuzeigen, die für die
gerade aktuelle Fragestellung relevant sind. Außerdem lässt sich ein Alert-Mechanismus mit der
Presence-Funktion koppeln. Somit erhält der entsprechende Mitarbeiter die Information genau auf das
Kommunikationsmedium, über das er gerade am besten erreichbar ist. Dies kann das Mobiltelefon oder
aber jede andere Variante der IP-Kommunikation sein. Die Auswahl kann die UC-Applikation
selbsttätig treffen.
Neben Flexibilität und Erweiterbarkeit ist der Investitionsschutz ein weiterer Vorteil einer
offenen UC-Lösung: Funktionen lassen sich hinzufügen, ohne die Applikationen zu verändern. Um diese
Möglichkeit anbieten zu können, existieren zwei Wege. Zum einen können Applikationen, wie Siemens
Openscape, mit einer Schnittstelle versehen und in verschiedene Umgebungen wie etwa ein SAP-System
eingepasst werden. Denkbar ist es zum Beispiel, dass der UC-Client mit einem entsprechenden
Datensatz arbeitet und dann auf Knopfdruck die Applikation auf dem Bildschirm in den Vordergrund
rückt. Zum anderen kann die Plattform, auf der eine UC-Softwaresuite gebaut ist, geöffnet und
Integrations- und Entwicklungspartnern bereitgestellt werden. Durch die Architektur und die
Flexibilität, die mit SOA realisierbar ist, sind beide Wege gangbar. Der Benutzer wird bei beiden
Wegen immer ein konsistentes Verhalten dieser Applikationsbestandteile vorfinden.