Die jüngst erschienene
Studie "Ökologischer Vergleich der Klimarelevanz von PC- und Thin-Client-Arbeitsplatzgeräten 2008" des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Oberhausen belegt: Betrachtet man den gesamten Gerätelebenszyklus (Material- und Energieverbrauch bei Herstellung und Logistik über den Betrieb bis zur Entsorgung/Recycling), dann schlagen die Thin Clients (TCs) ihre beleibten, komponentenbeladenen Konkurrenten von der PC-Fraktion um Längen.
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Die aktuelle Fraunhofer-Studie ergänzt eine Untersuchung aus dem Jahr 2006, die ergab, dass TCs im Betrieb deutlich weniger Strom verbrauchen als PCs. Die Studie "Ökologischer Vergleich von PC- und Thin-Client-Arbeitsplätzen", wie die aktuelle Studie erstellt im Auftrag des deutschen TC-Herstellers Igel, stellte fest: Selbst wenn man den Betrieb und die Kühlung der Server anteilig mit einrechnet, verbrauchen TCs im Vergleich zu PCs höchstens halb so viel Strom, teils sogar weniger, abhängig von der Nutzungsart (Light, Medium, Heavy User).
Die aktuelle Nachfolgestudie beleuchtet nun das GWP (Global Warming Potential, also Treibhausgasrelevanz), ausgedrückt in Kilogramm CO2-Äquivalent (kg CO2eq), von LCDs und CRT-Monitoren, Desktop-PCs, TCs und Notebooks. Notebooks wurden dabei zu Vergleichszwecken als rein stationärer Desktop-PC-Ersatz mit externem Display gemäß Arbeitsschutzrichtlinie angenommen (auch wenn dies sicher oft nicht der Praxis entspricht).
Das Fazit: Thin Clients liegen mit GWP-Werten von 185 kg CO2eq - und selbst unter Anrechnung des erforderlichen Serveranteils mit 554 kg CO2eq - deutlich unter der Hälfte des entsprechenden Desktop-PC-Werts von 1211 kg CO2eq. Noch besser schneiden ausschließlich als Desktop-Ersatz genutzte Notebooks ab: Ihr GWP-Wert lag mit 250 kg CO2eq bei nur gut einem Fünftel des PC-Ergebnisses und nur wenig über dem reinen TC-Wert (ohne Serveranteil).
Die mit TC-Infrastrukturen erzielbaren Ausstoßreduktionen können beachtlich ausfallen. Die Studie nennt zwei Beispielrechnungen: Ein Mittelständler, der 75 Prozent seiner 300 PC-Arbeitsplätze durch TCs ersetzt, spare in fünf Jahren über 148 t CO2eq - ein Ausstoß, für den ein VW Golf TDI die Erde 27-mal umrunden könnte. Ein Großunternehmen, das 75 Prozent von 10.000 PC-Desktops durch TCs ersetzt, verringere seinen Ausstoß in fünf Jahren um 4923 t CO2eq. Eine Fahrzeugflotte mit 364 VW Golf TDI könne damit fünf Jahre lang 20.000 km pro Jahr fahren.
Schon im Umfeld des Berliner Green-IT-Gipfels im Februar 2008 mussten die TC-Hersteller aber ernüchtert (und teils verärgert) konstatieren, dass die Green-IT-Diskussion den schlanken PC-Alternativen nicht zu nennenswertem Auftrieb verholfen hat. Die Unternehmen, da waren sich die Anbieter einig, nehmen Stromspareffekte bestenfalls als angenehme Nebenwirkung wahr. Denn Fat-Client-Anhänger können auch mittels auf lange Batteriebetriebszeit ausgelegter Notebooks beträchtlich Strom sparen.
Dipl.-Inform. Christian Knermann, stellvertretender Leiter IT-Management bei Fraunhofer Umsicht und Projektleiter der Studie, merkte zur Methodik der Ökostudie an: "Die Notebooks haben sehr gut abgeschnitten, aber dieses Ergebnis ist zu relativieren, da Notebooks in der Studie ausschließlich als stationäre Geräte betrachtet wurden. Das heißt, der erhöhte Materialverschleiß im Mobilbetrieb, zum Beispiel für Akkuabnutzung und -austausch, ist hier nicht berücksichtigt." Zudem habe der niederländische EuP-Report (Energy-using Products), dem die Angaben zu den Notebooks entnommen sind, keine separaten Werte für die Akkus enthalten; diese seien vielmehr unter Kategorie "Kondensatoren" verbucht. "Es ist fraglich, inwieweit diese Zuordnung wirklich belastbar ist", so Knermann. Auch weitere Charakteristika des Mobileinsatzes von Notebooks wie ein häufigerer vorzeitiger Geräteaustausch aufgrund von Materialschäden fiel durch die Fokussierung auf den Vergleich von Desktop-Geräten natürlich durchs Raster.
Um nicht "Äpfel mit Birnen" zu vergleichen, ließ das Fraunhofer-Team einen weiteren wichtigen Faktor außer Acht: Server wurden (in der Form von Terminalservern) ausschließlich der TC-Seite zugeschlagen. Für den Fat-Client- und insbesondere Notebook-Einsatz erforderliche Zusatzserver zum Beispiel für Backup- und Patch-Managementlösungen fanden also keine Berücksichtigung. Außerdem ist zu bedenken, dass im Praxiseinsatz Citrix-Clients häufig - offenbar in der Mehrzahl der Fälle - auf PCs laufen. Somit ist auch der direkte Vergleich PC vs. TC (ohne Serveranteil) von Interesse. In solchen Fällen schneidet laut der Studie der TC mit 185 kg CO2eq um den Faktor 6,5 besser ab als der PC mit seinen 1211 kg CO2eq.
LANline/Dr. Wilhelm Greiner