Changebase AOK im Praxistest

Werkbank für die Migration

30. September 2010, 6:00 Uhr | Frank-Michael Schlede

Wer die Kommentare in vielen Fachbeiträgen zum Thema Windows 7 liest oder von Microsoft publizierte Anwenderberichte verfolgt, könnte zu der Ansicht kommen, dass die Umstellung auf Windows 7 grundsätzlich problemlos verlaufen würde und Administratoren wie auch Anwender damit aller Probleme ledig seien. Leider kann dabei aber gerade die Migration älterer Anwendungen durchaus Schwierigkeiten bereiten. Hier wird ein Lösungsansatz für solche Fälle vorgestellt.

Wer die Kommentare in vielen Fachbeiträgen zum Thema Windows 7 liest oder von Microsoft publizierte Anwenderberichte verfolgt, könnte zu der Ansicht kommen, dass die Umstellung auf Windows 7 grundsätzlich problemlos verlaufen würde und Administratoren wie auch Anwender damit aller Probleme ledig seien. Leider kann dabei aber gerade die Migration älterer Anwendungen durchaus Schwierigkeiten bereiten. Hier wird ein Lösungsansatz für solche Fälle vorgestellt.

Auch wenn der Blick in die Elektronikmärkte und auf die Pressemeldungen von Microsoft etwas anderes suggerieren mag: Viele professionelle Anwender gerade in den kleinen und mittelständischen Betrieben haben ihre Client-Systeme noch nicht auf Windows 7 umgestellt. Dafür gibt es viele Gründe: Neben dem erheblichen Aufwand, den eine derartige Migration selbst dann verursacht, wenn alle Schritte genau nach Plan ablaufen, sind es oft Sorgen um Inkompatibilitäten, die viele IT-Verantwortliche zögern lassen.

Dabei sind es weniger Befürchtung in Bezug auf die Hardware, die dieses Zögern verursachen: So ist es in der Zwischenzeit bekannt, dass ein Windows-7-System nicht den gleichen „Hardwarehunger“ wie sein Vorgänger Vista besitzt und somit durchaus auch auf älteren Systemen läuft. Es sind hingegen die in großer Anzahl im Einsatz befindlichen Altlasten bei den Anwendungen, die vielen Administratoren und IT-Verantwortlichen Sorgen bereiten. Die meisten Firmen und professionellen Anwender, die Windows 7 noch nicht nutzen, setzen Windows XP und oft auch Programme und selbst entwickelte Anwendungen ein, die mit diesem Betriebssystem problemlos zusammenarbeiten. Aber Microsoft hat schon mit dem Erscheinen von Windows Vista so grundlegende Änderungen am Betriebssystem und vor allen Dingen auch bei den Sicherheitseinstellung vorgenommen, dass eine ganze Reihe älterer Anwendungen nicht ohne Modifikation auf den neuen Windows-Systemen einsetzbar ist.

Alte Software, neue Pakete

Genau bei diesen Problemen soll ein Werkzeug namens Changebase AOK helfen können, das Matrix42 aus Neu-Isenburg in Deutschland vertreibt. Der Anbieter hat sich nach eigenen Aussagen dem „IT-Commerce“ verschrieben, eine Umschreibung für Lösungen aus den Bereichen IT-Service- und Systems-Management. Das Paket Changebase AOK stammt dabei nicht aus eine Eigenentwicklung der Matrix42-Spezialisten, sondern von deren englischem Partner Changebase aus London.

Die Software bewertet zunächst die Kompatibilität vorhandener Anwendungen und vermittelt so dem Administrator eine Vorstellung davon, welche Legacy-Programme er problemlos unter Windows 7 weiterverwenden kann und bei welchen dieser Pakete er mit Schwierigkeiten und Inkompatibilität zu rechnen hat. Soweit kommt ein IT-Verantwortlicher aber in der Regel auch mit den kostenlos von Microsoft angebotenen Hilfsmitteln. Dazu zählt beispielsweise das Application Compatibility Toolkit (ACT) in der aktuellen Version 5.6, das der Hersteller erst im Mai auch für die 64-Bit-Versionen der neuen Microsoft-Betriebssysteme optimiert hat.

Aber die von Matrix42 und Changebase angebotene Lösung verspricht mehr: Softwarepakte, die nicht mit Windows 7 kompatibel sind, sollen durch den Einsatz der Changebase-Lösung so „bereinigt“ werden, dass ein Einsatz danach in vielen Fällen möglich ist. Anders als bei Microsofts XP-Modus, der den begrenzten Einsatz älterer und inkompatibler Anwendungen auf den professionellen Versionen von Windows 7 erlaubt, kommt dabei aber keine Virtualisierung oder Emulation zum Einsatz. Vielmehr werden die Setup-Pakete der Programme so modifiziert, dass diese auch unter Windows 7 lauffähig sind. Dabei nimmt der Hersteller für sich in Anspruch, dass seine Software alle Schritte bis hin zur neuen Paketerstellung komplett automatisieren kann, was nicht nur die Arbeit der Systembetreuer erleichtert, sondern auch die Kosten einer umfangreichen Migration deutlich senken kann.

Voraussetzungen

Changebase AOK setzt auf Microsofts Dotnet-Framework auf. Es lässt sich sowohl als Standalone-Lösung wie auch als Client-Server-Anwendung einsetzen. Kernelement der Anwendung ist eine Datenbank, die das gleiche Tabellenformat nutzt wie die MSI-Pakete von Microsoft. Deshalb muss die Anwendung zusammen mit einer SQL-Datenbank von Microsoft zum Einsatz kommen. Dabei kann es sich sowohl um die Version 2005 als auch um den aktuellen SQL Server 2008 handeln. Dem Anwender steht es in beiden Fällen frei, die Standard- oder Enterprise- sowie auch die kostenfreie Express-Version der Datenbank einzusetzen. Wie üblich sollten Administratoren in diesem Zusammenhang immer bedenken, dass die kostenlose Express-Version der SQL-Datenbank auf eine Größe von 4 GByte limitiert ist. Wer also eine sehr große Anzahl von Anwendungen mit der Lösung untersuchen und bearbeiten will – der Hersteller spricht in diesem Zusammenhang von mehr als 500 Anwendungen –, muss auf eine Vollversion des SQL Servers ausweichen.

Bezüglich Soft- und Hardwareanforderungen an das Client-System zeigt sich das Programm relativ bescheiden: Neben einem Betriebssystem ab Windows XP mit installiertem Service-Pack 2 werden Vista (ebenfalls mit SP2) und Windows 7 unterstützt. Interessanterweise kann die Software nur auf den Windows-7-Systemen einen 64-Bit-Desktop verwenden. Unter Vista muss an dieser Stelle der 32-Bit-Desktop zum Einsatz kommen. Der Windows-Installer muss in einer Version 3.1 oder höher ebenso wie das Dotnet-Framework 3.5 SP1 auf dem System installiert sein. Bei der Hardware schlägt der Anbieter mindestens eine Dual-Core-CPU mit 2,5 GHz und einen Hauptspeicherausbau von 4 GByte vor. Als Server-Systeme werden sowohl der Windows Server 2003 als auch der aktuelle Windows Server 2008 unterstützt, wobei die AOK-Software aber immer in einer 32-Bit-Version zur Ausführung kommt.

Die Softwarelösung setzt sich aus einer Reihe von Modulen zusammen. Die drei Hauptmodule tragen die Bezeichnung Test-IT, Fix-IT und Manage-IT. Zu den Add-on-Paketen gehören beispielsweise Virtualize-IT, Convert-IT und QA-IT.

Die Installation ist schnell und einfach erledigt: Matrix42 hat uns dazu die Download-Version der Software zur Verfügung gestellt. Nach dem Entpacken der ZIP-Datei findet der Administrator eine MSI-Datei mit der AOK-Workbench, die in ihrem Namen den Hinweis darauf beinhaltet, ob sie für den SQL-Server 2008 oder 2005 geeignet ist. Weiterhin werden einige Beispieldateien und Anleitungen mit auf das System gebracht.

Die AOK-Lösung kann laut Anbieter auch in einer virtualisierten Umgebung laufen. Allerdings macht er darauf aufmerksam, dass gerade das Zusammenspiel von Changebase und dem SQL-Server sehr ressourcenintensiv sein kann, und rät dazu, keine virtualisierte Umgebung zu verwenden, wenn es auf die Geschwindigkeit ankommt. Wir haben die Lösung deshalb als Stand-alone-Implementierung auf einem Windows-7-System x32 in der Professional-Version installiert, das mit einem Core-i5-Prozessor und 4 GByte Hauptspeicher ausgestattet war. Als Datenbank kam bei diesem Test der SQL Server Express 2008 zum Einsatz.

Installation

Die Installation verlangt vom Administrator keine weiteren Informationen als den Pfad, in dem die Software installiert werden soll. Beim ersten Start ist dann eine Lizenzdatei oder alternativ ein Autorisierungscode notwendig, um mit der Arbeit zu beginnen. Danach gilt es, eine neue Datenbank auf dem SQL-Server anzulegen.

Insgesamt macht die Oberfläche, die sich dem Systembetreuer nach der Installation präsentiert, einen aufgeräumten Eindruck. Sie bietet eine Übersicht am linken Rand und ein großes Fenster, das die installierten Regeln, Reports und Pakete auflistet. Allerdings müssen sich die Entwickler von Changebase fragen lassen, warum sie ein derart antiquiertes Aussehen für ihr Programm gewählt haben, statt sich an den allgemeinen Standard für Windows-Anwendungen zu halten. Dies gilt vor allen Dingen deshalb, weil sie hier ein Werkzeug anbieten, das sich ausschließlich auf die Windows-Plattform konzentriert.

So stehen keine der üblichen Shortcuts (außer der Kombination ALT-F4 zum Beenden) zur Verfügung und auch die Optionen sind etwas ungewohnt in der rechten oberen Ecke zu finden. Die Online-Hilfe wurde hingegen in einer Standard-Hilfedatei des Windows-Systems abgelegt. Eine moderne Oberfläche im Format der MMC (Microsoft Management Console) würde nicht nur dem Aussehen gut tun, sondern auch die Verwendbarkeit erhöhen. Eine lokalisierte Version der Lösung steht bislang nicht zur Verfügung, alle Einstellungen und Hilfen existieren ausschließlich in englischer Sprache.

Wer allerdings diese Hürden überwindet, wird mit einem Werkzeug belohnt, das die Migration auf eine neue Windows-Plattform erleichtert und dem Administrator viel zeitraubende Handarbeit erspart. Die zu überprüfenden Pakete bringt der Benutzer per Befehl direkt aus der Oberfläche der Anwendung heraus oder einfach per Drag and Drop in das Programm. Dabei lassen sich neben MSI-Dateien auch WSI-, WSE-, MSM-, MSP-, IPF-, INF- und REFWI-Dateien verwenden. Snapshots von Betriebssystemen können in der Formaten SOE oder WSI sowie ebenfalls als MSI-Datei geladen werden. Microsoft verwendet bei den ausführbaren Update-Dateien vier verschiedenen Dateiformate, die das Tool ebenfalls unterstützt und direkt in die Workbench lädt.

Sind die fraglichen Programme in die Arbeitsumgebung eingespielt, wählt der Administrator sie aus und lädt sie mittels Load-IT mitsamt ihren Bibliotheken. Anschließend testet er die Programme durch Aufruf des Moduls Run-IT gegen einen umfangreichen Regelsatz, den Changebase in verschiedenen, nach Themen aufgeteilten Reports bereitstellt. Laut Anbieter stehen über 150.000 dieser Regelsätze zur Verfügung, mit deren Hilfe das Tool Probleme innerhalb der Softwarepakete oder auch zwischen Paketen untersucht und dann in Berichten erfasst. Mithilfe einer einfachen Ampelkennzeichnung sieht der Anwender auf einem Blick, wie es um die Kompatibilität der getesteten Programme bestellt ist: Während die grüne Kennzeichnung dafür steht, dass bei Tests keine Probleme gefunden wurden, zeigt die gelbe Markierung an, dass bei diesem Programm zwar Ungereimtheit aufgetaucht sind, diese aber durch die Lösung automatisch behoben werden können. Erscheint im Bericht hingegen eine rote Markierung, so sind ernsthafte Probleme aufgetaucht, die einer manuellen Korrektur bedürfen. Das kann aber immer auch bedeuten, dass nur ein Teil des Programmpakets nicht auf dem Zielsystem lauffähig ist. Dies kann der Administrator in der ausführlichen Log-Datei nachlesen, in der die Test- und Prüfschritte abgespeichert sind.

Bei allen Programmen, die gelb kennzeichnet und zudem mit einem Zahnrad-Symbol markiert sind (Bild 3), kann der Systemverwalter mittels Fix-IT die automatische Veränderung des Programmpakets direkt anstoßen. Der Zugriff auf dieses Modul steht erst nach der Auswahl eines der gekennzeichneten Problembereiche zur Verfügung. Auf welche Art die entsprechende Software neu paketiert wird, stellt der Anwender im Optionsmenü des Changebase-Programms ein. So können die Änderungen direkt in ein „Repackaged MSI“ wandern oder in einer MST-Datei (Microsoft Transform) abgespeichert werden. Mittels MST-Datei lassen sich die Einstellungen einer MSI-Datei überschreiben. Diese Art der Änderung kommt bei Programmen zum Tragen, bei denen der Hersteller eine eigene MSI-Datei mitgeliefert hat.

Fazit: Hakelige Bedienung, aber gutes Ergebnis

Die Ergebnisse, die wir in unserem Test mit der Software erzielen konnten, haben überzeugt. Neben den Beispielpaketen, die Changebase zu Testzwecken anbietet, gelang es auch, eine Wörterbuchversion von 2001 mit dem Programm erfolgreich zu bearbeiten. Allerdings standen uns in diesem Test weder die zeitlichen noch programmtechnischen Ressourcen zur Verfügung, um beispielsweise ein aufwändig programmiertes Legacy-Softwareprojekt aus der Anfangszeit von Windows XP durch die Werkbank zu schicken.

Die Software beeindruckt vor allem mit umfangreichen Report- und Prüfungsmöglichkeiten. Auch die vom Hersteller immer aktuell gehaltene Datenbank mit Hintergrundinformationen, Hot-Fixes und Updates kann dem Administrator bei einer Migration viele Arbeitsstunden ersparen. Wenn es Changebase jetzt noch gelingt, das Programm mit einer modernen, ergonomische Oberfläche und einem deutschen Handbuch auszustatten, dann steht ein rundum gutes Tool für viele Migrationsaufgaben in Richtung Windows 7 zur Verfügung. Changebase AOK kostet 175 Euro pro verifizierter und ange-passter Applikation.

MSI-Dateien im Überblick

Viele Softwareanbieter, die Programme für Microsoft-Plattformen anbieten, benutzen bereits standardmäßig die MSI-Dateien (Microsoft Software Installation). Diese Pakete verwenden den Windows Installer als Laufzeitumgebung, in deren Kontext die Installation ablaufen kann. Dazu gehört der Windows-Systemdienst msiexec.exe, der auf dem entsprechenden System aktiv sein muss. Dieser kann die MSI- und beispielsweise auch MSP-Dateien (beinhalten Patches) korrekt verarbeiten.

Eine MSI-Datei besteht nicht nur aus der eigentliche Anwendung, sondern umfasst auch alle Informationen, die zur Installation eines Softwarepakets notwendig sind. Die Dateien sind als Datenbank aufgebaut, deren Tabellen sowohl Text als auch binäre Informationen beinhalten. Der Installer-Prozess erfüllt eine weitere Aufgabe: Er sorgt für eine korrekte Installation, indem er den gesamten Prozess überwacht und kontrolliert. So ist diese Technik auch in der Lage, fehlerhaft installierte Pakete beispielsweise durch eine nachträgliche Ergänzung fehlender Teile zu reparieren.

Zu den Vorteilen dieses Formats zählen unter anderem die Erweiterbarkeit durch Skripte (VBScript, JScript) und DLLs sowie die Möglichkeit, MSI-Pakete unter Verwendung des Verzeichnisdienstes Active Directory mittels Gruppenrichtlinien zu verteilen – ein Aspekt, der besonders für Administratoren im professionellen Umfeld wichtig ist.

Info: Matrix42 AG
Tel.: 06102/816-112
Web: www.matrix42.de/changebase


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