Praxistest: NX Nomachine

X11-Beschleuniger

28. Mai 2008, 22:00 Uhr | Thomas Joos/wg

Mit NX stellt das italienische Unternehmen Nomachine eine Linux-basierte Desktop-Virtualisierungslösung zur Verfügung. Wem zwei gleichzeitige Verbindungen ausreichen, der greift zur kostenlosen Free-NX-Lösung. Zusätzlich bietet das Unternehmen aber auch eine erweiterte und kostenpflichtige Version des NX-Servers an.

Der NX-Server überträgt die Anzeige lokal installierter Programme, die unter X-Windows
dargestellt werden, deutlich effizienter und schneller als die Standardübertragung X11, RDP (Remote
Desktop Protocol) und VNC (Virtual Network Computing). Die Vorteile der Serverlösung liegen vor
allem im Bereich der effizienteren Datenübertragung des X11-Protokolls.

Bandbreiten schonen und Performance steigern

Kommt NX als Terminalserverlösung unter Linux zum Einsatz, wickelt es den Datenverkehr deutlich
bandbreitenschonender und leistungsstärker ab als die Basisprotokolle. Davon profitieren vor allem
Anwender, die über schmalbandige Leitungen arbeiten, zum Beispiel über das Internet mit
Terminalservern oder Linux-Desktops im Unternehmen. Bei NX handelt es sich nicht um ein eigenes
Protokoll, sondern um eine Optimierung bestehender Verfahren im X11-Protokoll. NX kann aber den
NX-Clients nicht nur lokal installierte Applikationen oder den Desktop zur Verfügung stellen,
sondern dient auch als Gateway zu anderen Terminalservern im Unternehmen.

Funktionsweise

Zwar sind das X-Windows-System und das dazugehörige X11-Protokoll durchaus netzwerkfähig, doch
lässt die Leistung oft deutlich zu wünschen übrig. X11 überträgt, wie auch RDP in der Windows-Welt,
den Bildschirminhalt eines Servers zum Client sowie Tastatur- und Mauseingaben des Clients zurück
zum Server. Allerdings ist die Leistung vor allem bei schmalbandigen Leitungen oft mehr als
dürftig. Genau hier setzt NX als Aufsatz zu X11 an. Es arbeitet durch die zusätzliche Unterstützung
von RDP und VNC auch als Brücke zwischen den Betriebssystemen. Das Citrix-Protokoll ICA unterstützt
es allerdings nicht. Da ICA ohnehin bereits für schmalbandige Leitungen optimiert ist, würde der
Einsatz mit NX sehr wenig Wirkung zeigen.

Beim zusätzlichen Windows-Terminalserver- oder VNC-Einsatz wandelt der NX-Server RDP- und
VNC-Pakete in X11-Pakete um, komprimiert diese und sendet die Pakete an den NX-Client weiter. Dazu
läuft auf dem NX-Server für jedes Protokoll ein Agent, der die Verbindung zum jeweiligen
Terminalserver oder auch Arbeitsstation aufbaut und die Daten zwischen NX-Client und dem
Terminalserver überträgt. NX komprimiert zum einen X11-Datenpakete, zum anderen speichert das
System bereits übertragene Dateien in einem Cache, sodass diese nicht nochmals übertragen werden
müssen. Der NX-Server ist teilweise kostenpflichtig, der NX-Client kostenlos. Auf www.nomachine.com
stehen die kostenlose Lösung wie auch Testversionen der kommerziellen Produkte zur Verfügung,
außerdem ausführliche Anleitungen zur Installation.

NX-Server testen

Mit der kostenlosen Version lässt sich zum Beispiel testen, ob der Einsatz der Software im
Unternehmen sinnvoll ist. Für kleinere Unternehmen mit maximal zehn gleichzeitigen Verbindungen ist
der NX Small Business Server optimal. Dieser kostet zirka 750 Dollar. Für größere Unternehmen
bietet sich der NX Enterprise Server an. Bei diesem ist die Verbindungsanzahl nicht limitiert. Der
Enterprise Server kostet für ein bis zwei CPUs zirka 1500 Dollar, für Server mit vier CPUs zirka
2400 Dollar. Die Lizenzierung erfolgt pro Server, nicht pro Anwender, was die Kosten deutlich im
Zaum hält, vor allem im Vergleich zu anderen Terminalserverlösungen. Die Preise hängen auch stark
vom gewünschten Support ab.

Der Client ist unter Windows, Linux, Solaris und Mac OS X installierbar, auch Windows Vista wird
unterstützt. Als Clients eignen sich Thin Clients sehr gut: Hier ist die Geschwindigkeit deutlich
besser, weil keine anderen Applikationen stören. Der NX-Server läuft entweder unter Linux oder
Solaris. NX unterstützt derzeit die Linux-Kernel-Versionen 2.2, 2.4 und 2.6 sowie Solaris 8, 9 und
10. Alle Anwendungen, die auf dem Server installiert sind, zum Beispiel KDE-, Gnome- und
X-Anwendungen, stellt das System den Anwendern über den NX-Client zur Verfügung. Die Verbindung ist
per SSL und SSH verschlüsselt, so können Angreifer keine Datenpakete mitprotokollieren. Die
Serverlösung steht als 32- und 64-Bit-Version zur Verfügung.

NX-Server als TS-Gateway

Nutzt das Unternehmen weitere Terminalserver, können sich die NX-Clients über den NX-Server mit
den anderen Terminalservern verbinden. Dabei profitieren die Anwender auch bei diesen Sitzungen von
der erhöhten Leistung. Der NX-Client baut eine Verbindung zum NX-Server auf, dieser wiederum
verbindet die Clients mit dem jeweiligen Terminalserver. Für RDP- und VNC-Sitzungen dient NX
sozusagen als Proxy-Server. Natürlich lassen sich auch zusätzlich auf dem NX-Server selbst
Anwendungen installieren, die dann per NX für die Clients erreichbar sind.

Die Clients verbinden sich immer nur mit dem NX-Server, während dieser dann die Verbindung zu
dem eigentlichen Terminalserver herstellt. Die Daten werden komprimiert und vom Server an den
Client übertragen. Beim Herunterfahren des NX-Clients besteht die Möglichkeit, die Sitzung auf dem
Server aktiv zu belassen, sodass diese beim nächsten Start wieder genauso zur Verfügung steht wie
beim Beenden. Auch Sounds lassen sich auf dem Client wiedergeben, da NX über Multimedia-Support
verfügt. Der Sound ist nach Wunsch aktivier- oder deaktivierbar. Auch Desktop-Sharing ist möglich.
Bei dieser Technik sehen mehrere Anwender den gleichen Desktop, was vor allem für Präsentationen
eine wertvolle Ergänzung ist.

Fokus auf TS-Beschleunigung

Der klare Fokus von NX liegt in der Beschleunigung von Terminalsitzungen über sehr langsame
Leitungen. Wer mit schnellen Verbindungen arbeitet, wird die verbesserte Kommunikation kaum
bemerken. Vor allem beim Einsatz von Thin Clients und Heimarbeitsplätzen spielt die Software ihren
Nutzen aus. Der größte Geschwindigkeitsgewinn ist beim Einsatz von Linux-Terminalservern mit dem
X11-Protokoll zu verzeichnen. Da es sich bei RDP um eine vollkommen andere Struktur handelt, fällt
hier der Geschwindigkeitszuwachs weniger ins Gewicht. Er ist aber vor allem bei langsamen Leitungen
und abhängig von der Anwendung durchaus noch bemerkbar. Allerdings lohnt sich die Anschaffung beim
ausschließlichen Betrieb von Windows Terminalservern sicher weniger. Der Fokus der Anwendung liegt
klar auf dem X-Protokoll. Aus diesem Grund wächst die Fangemeinde von NX ständig an: Die
Serverlösung ist mittlerweile fast zum Standard beim Übertragen des X-Protokolls über langsame
Netzwerke avanciert.

Einschränkungen und Probleme

Viele Anwender von NX stellen allerdings verschiedene Stabilitätsprobleme fest. So werden
Sitzungen manchmal beim Beenden nicht sauber heruntergefahren, was sich in weiterlaufenden
Programmen und einer nicht möglichen Wiederherstellung der Sitzung äußert. Teilweise gibt es
Kommunikationsprobleme bei Tastatureingaben zwischen NX-Clients über den NX-Server zu RDP-Sitzungen
auf Windows Terminalservern. Auch Copy and Paste zwischen Sitzungen und dem Desktop des Clients
funktioniert nicht immer stabil. Probleme bereitet auch die Anbindung lokaler Drucker in den
Terminalserversitzungen. Auch der deutsche Support ist nicht der beste, wie man in vielen Foren im
Internet lesen kann. Wer die Software einsetzen will, sollte sich daher schon recht gut mit Linux
und dem X11-Protokoll auskennen.

Zusatzlösungen

Neben der NX-Infrastruktur gibt es von Nomachine noch den NX-Server-Manager, der den
Administrator bei der Verwaltung mehrerer NX-Server unterstützt. Beim NX Web Companion handelt es
sich um ein Java-Applet, das die per NX veröffentlichten Anwendungen auch im Internet bereitstellt.
Die meisten Zusatzlösungen sind ebenfalls kostenpflichtig. Die Zusatzlösungen sind nur dann
sinnvoll, wenn ein Unternehmen mehrere NX-Server betreibt und die Anwender hauptsächlich über NX
mit den Terminalservern arbeiten.

NX ist eine optimale Ergänzung für Heimarbeiter, die über eine schmalbandige Leitung mit
Unternehmensapplikationen arbeiten müssen. Die Erweiterung eignet sich auch für den Support von
Arbeitsstationen, da diese meist die Terminalserverprotokolle unterstützen. Um eine
NX-Infrastruktur aufzubauen, ist auf den Clients der NX-Client von der Internetseite des
Herstellers zu installieren. Zudem ist auf dem Server der NX Node erforderlich. Dieser bündelt die
notwendigen Tools für den Server. Auf dem Server wiederum wird noch der SSH Server Daemon benötigt,
da dieser die NX-Verbindungen per SSH aufbaut. Insgesamt sind also drei Pakete für die Installation
erforderlich. Die Integration des NX-Servers erfordert Linux-Kenntnisse.

Auf der Internetseite des Herstellers erscheint manchmal die Schaltfläche für den Download des
Servers neben dem Node-Download nicht. Der Link ist aber neben dem Knopf "Download node" aktiv und
kann angeklickt werden. Wer eine schnelle Testumgebung aufbauen will, kann sich bei Vmware einen
kostenlosen virtuellen Ubuntu-6.10-Server herunterladen. Auf der Seite freenx.berlios.de
finden sich Informationen zur Installation und Betrieb des Servers.

Info: Nomachine Tel.: 0711/88770580 Web: www.nomachine.com


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