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Branchengeflüster: Linux von Oracle?

Branchengeflüster: Linux von Oracle?. Viele große Gründer seiner Generation und Branche haben sich bereits aufs Altenteil zurückgezogen: etwa Hasso Plattner bei SAP, Bill Gates bei Microsoft, Scott McNealy bei Sun Microsystems.

Autor:Werner Fritsch • 12.7.2006 • ca. 1:25 Min

Werner Fritsch

Branchengeflüster: Linux von Oracle?

Nicht so Larry Ellison, der bei Oracle das Steuer mit beiden Händen fest umschlossen hält und weiterhin für Aufregung sorgt. Ein wenig milder als früher vielleicht in seinen Äußerungen über Wettbewerber, aber mit nie dagewesener Aggressivität bei Aufkäufen: Peoplesoft und Siebel bilden nur die Spitze des Eisbergs.
In jüngster Zeit jedoch schwächelt der große Macher, er zögert und zaudert. Schon im April hatte er angekündigt, sich seinen Traum von einem kompletten Stack verwirklichen zu wollen: Neben kaufmännischen Anwendungsprogrammen, dem Datenbanksystem und der Middleware wolle er endlich auch ein Betriebssystem, am besten Linux. Nur so wäre Waffengleichheit mit Microsoft herzustellen. Treue Oracle-Anwender applaudierten.
Eine Analystin der Yankee Group hat ihm öffentlich geraten, demnächst zur Tat zu schreiten. 80 Prozent der Datenbanken, die unter Linux laufen, kommen von Oracle. Und wenn er nicht bald antrete, werde Red Hat enteilen. Derzeit entfallen der Yankee Group zufolge weltweit etwa 75 bis 80 Prozent des Marktes für kommerzielle Linux-Distributionen auf jenen Anbieter. Eine eigene Linux-Variante aufzubauen, wäre zwar möglich, aber durch eine Übernahme würde Oracle sofort ein bewährtes Paket, eine installierte Basis und eine aktive Community bekommen. Neben Red Hat gibt es eine ganze Reihe weiterer Kandidaten: etwa Novell als Nummer zwei im Linux-Markt, ferner kleinere Anbieter wie Mandriva oder Turbolinux.
Novell scheint Ellison nicht übernehmen zu wollen, da IBM, harter Konkurrent bei Datenbanken und Middleware, in Sachen Suse Linux stark engagiert ist. Bei Red Hat wiederum ist ihm der Aktienkurs und damit der Kaufpreis eigentlich zu hoch, ließ er wissen.
Im Juni dann doch eine Spitze gegen den Open-Source-Marktführer: Weil der Kundendienst so schlecht sei, wolle Oracle eigene Support-Zentren für dessen Linux einrichten. Schließlich gebe es keinen Urheberschutz für die quelloffene Software, drohte Ellison unverhohlen. Werner Knoblich, EMEA-Chef von Red Hat, gibt sich indes gelassen, verweist auf gute Bewertungen in Support-Umfragen und meint: »Je weiter man noch oben kommt, desto weniger Freunde hat man.« Red Hat spiele nach der Übernahme des
Middleware-Anbieters JBoss ein größeres Spiel.