Identitätsdiebstahl offenbar weit verbreitet
Für 75 Prozent der Verbraucher gilt der Schutz vor Betrug als Priorität. Doch Nachlässigkeit und komplexe Sicherheitschecks gefährden Kunden und Banken gleichermaßen.

Fico, weltweit agierender Anbieter von Analytics-Software, hat alarmierende Ergebnisse seiner aktuellen Verbraucherstudie zu Betrug, Identität und digitalem Banking veröffentlicht: Während Betrugsschutz für Deutsche zum entscheidenden Kriterium bei der Bankenwahl wird, zeigt sich gleichzeitig eine bedenkliche Diskrepanz zwischen der Sorge vor Identitätsdiebstahl und der eigenen Risikowahrnehmung. 4 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Identität bereits für betrügerische Kontoeröffnungen missbraucht wurde – eine Zahl, die hochgerechnet Millionen Deutsche betrifft.
Schutz vor Betrug überholt alle anderen Prioritäten
Die Studie zeige zudem einen fundamentalen Wandel in den Erwartungen deutscher Bankkunden, so Fico weiter. Für 33 Prozent der Befragten ist ein wirksamer Schutz vor Betrug das wichtigste Kriterium bei der Wahl ihres neuen Finanzdienstleisters. Damit liegt dieses Sicherheitsbedürfnis vor Benutzerfreundlichkeit (28 Prozent) und einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis (26 Prozent). Insgesamt zählen 75 Prozent der Befragten Betrugsschutz zu ihren Top-3-Anforderungen.
„Diese Zahlen zeigen einen Paradigmenwechsel“, erklärte dazu James Roche, Director Fraud Protection and Compliance bei Fico. „Betrugsschutz ist kein Hygienefaktor mehr, sondern der entscheidende Wettbewerbsvorteil. Banken, die ihren Kunden glaubhaft vermitteln können, dass sie exzellenten Schutz bieten, gewinnen das Vertrauen und damit die Kunden.“
Die Identitätsdiebstahl-Krise
Hinter den steigenden Sicherheitsanforderungen der Verbraucher steht eine alarmierende Realität: 4 Prozent der befragten Deutschen bestätigen, dass ihre gestohlene Identität bereits für die Eröffnung von Finanzkonten missbraucht wurde. Hochgerechnet auf die erwachsene Bevölkerung Deutschlands entspricht dies rund 2,86 Millionen Betroffenen – eine versteckte Epidemie mit massiven Folgen für Verbraucher und Finanzinstitute zugleich.
Besonders betroffen ist die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen, bei der die Betrugsrate am höchsten liegt. „Digital Natives sind keineswegs automatisch geschützt. Im Gegenteil, ihre intensive Online-Präsenz macht sie zu bevorzugten Zielen für Identitätsdiebe“, warnte Jens Dauner, Vice President DACH bei Fico. Die größte Sorge der Verbraucher spiegelt diese Realität wider. 29 Prozent fürchten am meisten, dass Betrüger ihre Identität nutzen, um Konten zu eröffnen – noch vor dem Missbrauch gestohlener Karten (20 Prozent) oder Überweisungsbetrug (20 Prozent).
Das gefährliche Paradoxon: Angst trifft auf Sorglosigkeit
Trotz dieser berechtigten Ängste zeigt die Studie eine gefährliche Diskrepanz. Zwar ist Identitätsdiebstahl die größte Betrugsangst der Verbraucher – doch 35 Prozent halten es für unwahrscheinlich, dass sie selbst bereits betroffen waren. Weitere 26 Prozent sind sogar überzeugt, dass es ihnen niemals passiert ist.
„Diese Sorglosigkeit ist riskant“, kommentierte Dauner. „Viele Opfer von Identitätsdiebstahl wissen nichts davon, bis es zu spät ist. Etwa wenn plötzlich Inkassoforderungen für nie beantragte Kredite eintreffen. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher liegen als die 4 Prozent, die sich des Missbrauchs bewusst sind.“
Sicherheitsanforderungen als Abbruchgrund: Wenn Schutz zum Hindernis wird
Die Herausforderung für Banken wird durch einen weiteren Befund verschärft: Während Kunden maximale Sicherheit fordern, brechen 26 Prozent die Eröffnung eines persönlichen Bankkontos ab, sofern die Identitätsprüfungen zu schwierig oder zeitaufwendig sind. Bei Sparkonten, Versicherungen und Kreditkarten liegt die Abbruchquote bei jeweils 19 Prozent. Noch gravierender: 26 Prozent haben die Nutzung ihres bestehenden Bankkontos bereits reduziert oder ganz eingestellt, weil die Identitätsprüfungen zu aufwendig waren. Bei Kreditkarten liegt dieser Wert bei 19 Prozent. Gleichzeitig berichten 43 Prozent, dass Identitätsprüfungen bei Online-Käufen im vergangenen Jahr zugenommen haben.
„Banken stehen vor einem schwierigen Balanceakt“, so Roche. „Einerseits erwarten Kunden höchste Sicherheit, andererseits wollen sie maximalen Komfort. Wer beide Anforderungen nicht erfüllt, verliert, entweder an Betrüger oder an die Konkurrenz.“
Intelligente, risikobasierende Sicherheit
Die Lösung liegt laut Fico in adaptiven Systemen, die Sicherheitsprüfungen risikoangemessen und personalisiert gestalten. Statt jeden Kunden gleich zu behandeln, sollten Banken auf intelligente Analytics setzen, die verdächtige Muster erkennen und nur dort eingreifen, wo tatsächlich Gefahr droht.
Etwa 46 Prozent der Befragten sind heute eher bereit, Finanzkonten digital zu eröffnen als noch vor einem Jahr. Die bevorzugte Authentifizierungsmethode: Biometrie. Über 30 Prozent haben eine starke Präferenz für Gesichts- und Fingerabdruck-Scans bei Online-Zahlungen und halten diese für die sicherste Methode.
„Moderne Technologien wie Biometrie bieten den perfekten Kompromiss: maximale Sicherheit bei minimalem Aufwand für den Kunden“, erklärte Roche. „Mit Fico Platform können Banken verschiedene Identitätsprüfungsverfahren orchestrieren und in Echtzeit entscheiden, welche Prüftiefe angemessen ist – basierend auf Risiko, Kundenhistorie und Transaktionskontext.“
Zusätzliche Herausforderung: First-Party-Betrug nimmt zu
Neben dem Schutz vor externen Betrügern müssen Banken auch auf eine weitere Bedrohung reagieren: 11 Prozent der Befragten halten es für normal, das Einkommen bei Kreditanträgen zu übertreiben. 20 Prozent finden es in manchen Situationen akzeptabel, falsche Angaben für einen Mobilfunkvertrag zu machen.
„Die Lebenshaltungskostenkrise führt dazu, dass viele Menschen solche Falschangaben als Kavaliersdelikt betrachten“, warnte Dauner. „Für Banken bedeutet dies ein erhöhtes Risiko von Kreditausfällen und rechtlichen Konsequenzen. Auch hier helfen Analytics-Lösungen, die Unstimmigkeiten und Anomalien in Anträgen frühzeitig erkennen.“
Betrugsschutz als strategische Priorität
„Die Studie zeigt klar: Betrugsschutz ist nicht länger nur eine operative Notwendigkeit, sondern ein strategischer Erfolgsfaktor“, so Roche. „Banken, die es schaffen, ihre Kunden effektiv zu schützen, ohne sie dabei zu nerven, werden die Gewinner sein. Die Technologie dafür existiert. Jetzt geht es um die konsequente Umsetzung."
Die Online-Umfrage wurde von einem unabhängigen Marktforschungsunternehmen nach Industriestandards durchgeführt. Befragt wurden 1.000 deutsche Erwachsene im Mai 2025. Die Umfrage ist laut Fico Teil eines internationalen Projekts mit rund 18.000 Verbrauchern in 18 Ländern: Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Deutschland, Indien, Italien, Niederlande, Mexiko, Südafrika, Thailand, Philippinen, Spanien, UK, USA, Malaysia, Singapur und Indonesien.