Gesegnet: Die unumgängliche Flop-Geschichte des Internets
Die katholische Kirche hat jetzt angekündigt, verstärkt das Internet als Kommunikationskanal nutzen zu wollen. Mit niederschwelligen, aber hochwertigen Angeboten will die Kirche Junge und junggebliebene Gläubige besser erreichen.
Natürlich versteckt sich in dieser etwas gespreizten Ansage auch Kritik am World Wide Web: »Das ist zwar immer noch größtenteils Schrott, was dort publiziert wird, aber auch wir kommen nicht mehr drum herum«, hört der Aufmerksame heraus. Und tatsächlich verbindet unser Papst seine erste offizielle Youtube-Sendung mit der Aufforderung an die digitale Generation, die neuen Medieninhalte verantwortungsvoll zu nutzen.
Nun ist es ja von Grund aus sympathisch, dass sich die konservativen Werte-Wächter aus Rom eben nicht wie all jene progressiv- besessenen Trend-Kasper gedankenlos auf jede neue Technologie stürzen. Was uns zur IT-Branche bringt. Denn dort fühlen sich die Hype-Junkies natürlich besonders wohl. Und tatsächlich legte die ITK-Gemeinde in ihrer kurzen Geschichte in punkto platzender Marketingblasen und schnell vergessener Sackgassen- Trends eine rekordverdächtige Chronologie hin. Viele Produkte und Technologien, die der Mann vom Marketing in seinem roten Jacket über die Messeflure hinweg anpries, erwiesen sich alsbald als gar nicht benötigter Unfug. An dieser Stelle sei nur wieder an die Senioren-PCs erinnert, die einst in greisengerechter Kleinkind-Ausstattung das Silver-Ager-Segment erobern sollten, aber schließlich kleinlaut wieder vom Markt verschwanden.
Es erstaunt in diesem Fall immer wieder, wie unberührt vom gerade erlebten Flop die Marketing-Experten ihre Beredsamkeit und ihr Engagement auf die nächste vermeintliche Sensation übertragen. Die Katholische Kirche und andere kritische Zeitgenossen tun also gut daran, Megatrends – die zumindest unter Verdacht stehen bald als Megaflops verspottet zu werden – genauer zu begutachten: Wer will schon beispielsweise eine virtuelle katholische Messe in der »Second Life«- Welt feiern, in der dann spärlich bekleidete Punk-Avatare Choräle anstimmen.