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Investition in Core AI Skills

KI-Skills als strategischer Erfolgsfaktor

Wie gezielte Talentinvestitionen Technologieanbieter im KI-Wettbewerb zukunftsfähig machen.

Autor:Autorin: Annette Zimmermann / Redaktion: Diana Künstler • 11.8.2025 • ca. 4:50 Min

Karriere, Aufstieg, Künstliche Intelligenz
© wenich_mit – shutterstock.com

Künstliche Intelligenz hat sich in kurzer Zeit von einem Innovationsfeld zu einem festen Bestandteil unternehmerischer Technologieplanung entwickelt. Besonders generative KI – etwa durch Large Language Models oder intelligente Automatisierung – rückt bei Anbietern sowie bei Kunden gleichermaßen in den Fokus. Während viele Diskussionen dabei auf Tools und Anwendungsszenarien zielen, zeigt sich eine ebenso relevante Entwicklung auf der Personalseite: Der gezielte Aufbau von Kompetenzen wird zum zentralen Wettbewerbsfaktor. Denn entscheidend für den Erfolg von KI-Projekten ist nicht allein die Technologie – sondern das Fachwissen und das Know-how der Menschen, die sie entwickeln, skalieren und verantwortungsbewusst in Geschäftsprozesse integrieren.

Allein die zehn größten Anbieter planen laut Gartner, bis 2028 über zehn Milliarden US-Dollar in den gezielten Aufbau von GenAI- und KI-Kompetenzen zu investieren – ein Indikator für die strategische Bedeutung dieser Fähigkeiten.

Eine aktuelle Analyse von Gartner zeigt, wie sich führende Technologieanbieter durch strategisch geplante Talentinvestitionen vom Markt abheben – und welche Kompetenzen in den kommenden Jahren den entscheidenden Unterschied machen werden. In der Studie wurden rund 40.000 KI-bezogene Kompetenzen auf LinkedIn-Profilen führender Anbieter analysiert. Die Ergebnisse zeigen: Wer gezielt in sogenannte Core AI Skills investiert, verschafft sich klare Vorteile bei der Skalierung, der Marktdifferenzierung und der Umsetzung neuer Geschäftsmodelle.

Anbieter zum Thema

Core AI Skills – was wirklich zählt

Es lassen sich fünf Kompetenzfelder festlegen, in denen sich künftige Marktführer bereits heute differenzieren: Generative AI, klassische KI-Techniken wie Machine Learning, Software- und Datenengineering, Infrastrukturlösungen sowie Conversational AI. Diese Bereiche bilden das Fundament für aktuelle und künftige KI-Services – von der datenbasierten Simulation bis zur agentenbasierten Automatisierung. Generative AI nimmt im Skillportfolio vieler Anbieter inzwischen eine zentrale Rolle ein – sowohl beim Aufbau neuer Kompetenzen als auch bei der Integration in bestehende Dienstleistungen. Bereits jetzt entfällt ein großer Teil der Talentstrategie führender Anbieter auf Kompetenzen rund um Large Language Models, Prompt Engineering und synthetische Daten.

Diese Entwicklung ist nicht nur technologisch motiviert, sondern auch strategisch. Denn es positionieren sich jene Anbieter besonders erfolgreich, die GenAI nicht nur implementieren, sondern in bestehende Dienstleistungen integrieren und gezielt auf branchenspezifische Anforderungen zuschneiden. Einige Anbieter gehen dabei den Weg aktiver Partnerschaften – etwa mit Hochschulen oder Open-Source-Communities – andere setzen auf gezielte Akquisitionen, um Mitarbeitende mit spezifischem Fachwissen ins Unternehmen zu holen. In jedem Fall aber ist die Richtung klar: Ohne Investitionen in qualifiziertes Personal werden sich die Potenziale der KI nicht realisieren lassen.

Vom Proof-of-Concept zur flächendeckenden Skalierung

Die strategischen Ziele der Anbieter haben sich mittlerweile verschoben. Ging es in den vergangenen Jahren noch primär um erste Pilotprojekte oder Machbarkeitsstudien, steht inzwischen die Skalierung im Fokus. Gefragt sind KI-Systeme, die unternehmensweit ausgerollt, in komplexe Systemlandschaften integriert und an branchenspezifische Anforderungen angepasst werden können. Um dies zu leisten, benötigen Dienstleister ein Kompetenzspektrum, das weit über klassische Data-Science-Fähigkeiten hinausgeht.

Besondere Bedeutung kommt dabei dem Software- und Datenengineering zu – insbesondere im Zusammenspiel mit DevOps-Automatisierung. Fähigkeiten in Python, Cloud-nativer Entwicklung, Datenintegration und Infrastrukturdesign sind längst nicht mehr nur technisches Beiwerk, sondern zentrale Enabler für eine nachhaltige KI-Strategie. Der hohe Anteil dieser Kompetenzen bei Unternehmen wie EY, Microsoft oder Tata Consultancy Services ist Ausdruck dieser Entwicklung.

Ein zentraler Erfolgsfaktor für die Umsetzung skalierbarer KI-Anwendungen wird  Infrastrukturkompetenz. Besonders im europäischen Markt gewinnen hybride und souveräne Cloud-Architekturen an Bedeutung, da sie spezifische Anforderungen an Datenschutz, regulatorische Kontrolle und technische Skalierbarkeit erfüllen. Die Fähigkeit von Dienstleistern, entsprechende Lösungen zu entwerfen und bereitzustellen, entwickelt sich damit zur Voraussetzung für eine industrielle Nutzung von KI.

Vom Sprachmodell zum intelligenten Agenten

Auch im Bereich Conversational AI ist ein qualitativer Sprung erkennbar. Während frühe Investitionen noch auf klassische NLP-Anwendungen wie Chatbots und virtuelle Assistenten zielten, steht inzwischen die Entwicklung agentenbasierter KI-Systeme im Vordergrund. Diese Systeme gehen über die bloße Sprachverarbeitung hinaus: Sie kombinieren situatives Kontextverständnis, Entscheidungslogik und die Fähigkeit zur Interaktion über verschiedene Schnittstellen hinweg.

Anbieter mit starker CAI-Kompetenz – etwa IBM, Microsoft oder Cognizant – investieren inzwischen gezielt in GenAI-Synergien, um die nächste Generation agentenbasierter Lösungen zu entwickeln. Diese Systeme sind nicht nur leistungsfähiger, sondern auch besser skalierbar und domänenspezifisch adaptierbar – ein entscheidender Faktor für Branchen wie Finanzen, Industrie oder Gesundheitswesen, in denen der Einsatz von KI besonders hohe Anforderungen an Verlässlichkeit, Transparenz und Governance stellt.

Ethik und Vertrauen als Wettbewerbsvorteil

Mit der zunehmenden Verbreitung von KI wächst auch der Anspruch an verantwortungsvolles Handeln. Talente mit Kompetenzen in Bereichen wie Responsible AI, Modell-Transparenz, Bias Detection und Datensicherheit sind aktuell gefragter denn je. KI-Dienstleister, die frühzeitig ethische und regulatorische Dimensionen in ihre Talentstrategie integrieren, verschaffen sich nicht nur Reputationsvorteile – sie sichern sich auch langfristig die Akzeptanz im Markt.

Zudem verlagert sich der Fokus weg von reiner Produktivitätssteigerung hin zu tatsächlichem geschäftlichem Mehrwert. Unternehmen wollen messbare Ergebnisse – etwa durch vorausschauende Analysen, adaptive Planung oder branchenspezifische Simulationen. Entsprechend steigt die Nachfrage nach Expert:innen, die nicht nur über technische, sondern auch über domänenspezifische Kompetenzen verfügen und in der Lage sind, KI-Lösungen in konkreten Geschäftskontexten zu operationalisieren.

Die Zukunft gehört den Lernenden

Annette Zimmermann, Gartner
Die Autorin Annette Zimmermann ist VP Analyst im Team Emerging Technologies and Trends bei Gartner.
© Gartner

Die wichtigste Erkenntnis lautet: Talentstrategien sind kein reines HR-Thema mehr – sie sind zum zentralen Bestandteil der Unternehmensstrategie geworden. Wer heute in strukturierte Weiterbildung, zielgerichtetes Re-Skilling und den Aufbau interner Kompetenzzentren investiert, legt den Grundstein für nachhaltige Innovationskraft. Entscheidend ist dabei nicht nur die Auswahl der Kompetenzen, sondern auch deren kontinuierliche Weiterentwicklung. Denn im dynamischen Umfeld der KI bedeutet Lernen nicht den Erwerb von Wissen, sondern die Fähigkeit, sich laufend neu zu erfinden.

Technologieanbieter, die den Wandel hin zu KI-getriebenen Geschäftsmodellen meistern wollen, müssen ihre Investitionen neu ausrichten – weg von Toolchains, hin zu Skillchains. Die Talente von heute sind die Differenzierungsmerkmale von morgen. Wer sie gezielt entwickelt, integriert und langfristig bindet, wird nicht nur Teil der KI-Zukunft – er wird sie gestalten.