Zum Inhalt springen
Neu, ab sofort jeden Mittwoch bei CRN: Kopf der Woche

Kopf der Woche: Wolfgang Schäuble

Das Amt erfordert stets einen Hardliner. Auch oder gerade dann, wenn unglaublicher Datenmissbrauch den Bundesinnenminister in die Enge treibt. Weil selbst die Telekom-Spitzelaffäre ihn nicht aus der Ruhe bringt, ist Wolfgang Schäuble unser Kopf der Woche.

Autor:Martin Fryba • 4.6.2008 • ca. 1:10 Min

»Die Gesetze reichen aus«, klar, Herr Schäuble! Es geht ja schließlich um Datenschutz.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zeigt in der Diskussion um Datenschutzgesetze anlässlich der Spitzelaffäre der Deutschen Telekom die ganz erstaunliche Fähigkeit, sich offenbar vom Saulus zum Paulus zu wandeln. »Die Gesetze reichen aus«, so die neuen Töne aus dem Innenministerium. Man müsse doch erst einmal »prüfen und nachdenken, bevor man redet und entscheidet«. Diese Worte hören wir wohl, allein der Glaube an eine Bekehrung will sich bei uns nicht so richtig einstellen. Sicher ist, dass es sich Schäuble nicht leisten kann, die Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom, die jahrelang kritische Journalisten hatte ausspähen lassen, herunterzuspielen.

Aber Konsequenzen aus dem Skandal ziehen und Gesetze für einen effektiveren Schutz der Bürger vor umfassenden Datenzugriff erlassen? Da könnte der Papst gleich den Teufel zuständig erklären für das Seelenheil. Schäuble macht sich lieber den Standpunkt der Industrie zu eigen, die von einem krassen Einzelfall spricht, für den nicht alle Unternehmen in Sippenhaft genommen werden sollten.

Seit 36 Jahren sitzt der 65-jährige Schäuble im Bundestag. Im Aussitzen von Affären hat der Innenminister viel Erfahrung. Den Skandal in der halbstaatlichen Telekom, dem größten Datenvorratsspeicher der Republik, wickelt Politiker Schäuble nach bewährtem Muster ab, so wie man eben mit haltlosen Zuständen umgeht, die zwar bedauerlich, aber billigend in Kauf zu nehmen sind, will man weitreichende Gesetze wie die zur Vorratsdatenspeicherung im Kern nicht aufweichen.

Die Telekom wird ihre Konsequenzen aus der Spitzelaffäre in die Verbände BITKOM und VATM »einbringen«, danach erörtert die Bundesnetzagentur, der oberste Datenschützer der Republik sowie das BSI, ob andere Unternehmen ebenfalls Schutzvorkehrungen gegen Datenmissbrauch einführen müssen. Endlose Debatten also, in denen Experten über das reden werden, was sie lieber tun sollten.